Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
alles ordentlich festgehalten. Name, Vorname, Tatort. Name, Vorname und Adresse der Zeugin. Tathergang (»unbekannt«), Tatortbeschreibung.
Die Schwierigkeiten, die das »Berliner Modell« bekannt gemacht haben, begannen, als das Protokoll ausgedruckt werden sollte, obgleich Schweinebacke brav jeden Schritt eingab, den Pickelgesicht jetzt laut aus dem Handbuch vorlas. Zum Schluß war das Protokoll unauffindbar im Dschungel der RAMs und ROMs verschwunden, und Schweinebacke hatte einen roten Kopf.
»Passen Sie mal auf, Herr Doktor. Wir wissen ja sowieso noch nicht, ob es sich um einen Diebstahl handelt oder nur um Vandalismus. Am besten, Sie untersuchen in aller Ruhe, ob etwas weggekommen ist, und machen eine Liste davon. Und mit dieser Liste kommen Sie morgen auf das Revier und unterschreiben das Protokoll.«
Die beiden packten ihre Sachen zusammen. Auch ich wollte nur noch, daß sie verschwinden.
»Und was machen wir jetzt?«
Celine war nach dem Abschieben der Staatsmacht von ungebremster Energie. Schließlich hatte sie inzwischen Ferien und wahrscheinlich den ganzen Tag faul herumgelegen.
»Du meinst doch nicht etwa, da weitermachen, wo uns die beiden unterbrochen haben?«
»Auch keine schlechte Idee. Aber, ich will dich nicht überstrapazieren, mein Lieber. Eine Leiche pro Woche reicht mir. Hör zu: Ich lade dich zum Essen ein. Vorher räume ich hier ein bißchen auf, und du untersuchst die Wohnung auf Verluste.«
Ich war zum Umfallen müde, würde aber jetzt sowieso nicht schlafen können. Und die Aussicht, das Chaos nicht selbst beseitigen zu müssen, war verlockend. Ich nahm Celines Angebot an und begann mit der provisorischen Reparatur meiner Wohnungstür.
Celine schleifte mich wieder zu unserem Italiener Luigi, der sie wie üblich mit vielen Küßchen empfing, während meine Begrüßung deutlich weniger heftig ausfiel. Sollte ich stolz sein oder beleidigt? Wenigstens bekamen wir einen ruhigen Tisch in der kleinen Fensternische hinten rechts.
Die Inspektion meiner Wohnung auf Verluste hatte nicht viel Zeit in Anspruch genommen. Bis auf ein paar kleine Romantiker aus meiner Gemäldesammler-Zeit gibt es bei mir nichts zu holen, für den Abtransport meiner alten Stereoanlage und des betagten Fernsehers hätte ich zuzahlen müssen. Aber die Einbrecher hatten sich ebensowenig für meine Romantiker wie für das Bargeld und die Scheckkarten in meinem durchwühlten Schreibtisch interessiert. Was hatten sie gesucht?
»Sie müssen ziemlich sicher gewesen sein, nicht überrascht zu werden. Ich denke, Sie wußten gut Bescheid über dich und deine Arbeit im Krankenhaus.«
»Nicht unbedingt. Wir wissen nicht, ob sie in der Nacht gekommen sind. Das würde eine Verbindung zur Klinik sehr wahrscheinlich machen. Aber sie können genausogut am Vormittag gekommen sein. Die meisten Einbrüche laufen heutzutage tagsüber, habe ich gehört.«
»Trotzdem, es muß was mit der Klinik zu tun haben. Wenigstens dein Bargeld hätten sie mitnehmen können, wenn sie schon nichts von Kunst verstehen. Vielleicht wollten sie gar nichts klauen, es sollte nur eine Warnung sein!«
»Meinst du?«
Luigi trug die dampfenden Spaghetti marinara auf. Celine, direkt wie in allen Dingen des Lebens, legte sofort mit Löffel und Gabel los.
»Weiß nicht«, sie schlürfte die erste Fuhre Spaghetti ein, »wieviel Erfahrung haben wir beide schon mit solchen Sachen? In den Krimis sind solche Warnungen meistens etwas direkter. Man tötet deine Katze und bindet ihr eine Nachricht um den Hals, oder man haut dir tüchtig auf den Schädel mit dem Versprechen, ihn dir das nächste Mal ganz einzuschlagen, wenn du dich nicht um deine eigenen Angelegenheiten kümmerst.«
»Da habe ich ja noch mal richtig Glück gehabt.«
»Stimmt. Und die Katze, die du nicht hast.«
»Sie könnten ja ersatzweise dir einen Zettel um den Hals binden.«
Celine blickte vom Teller hoch.
»Paß auf, Dr. Hoffmann. Das war nicht sehr komisch.«
Sie hatte recht. Ich entschuldigte mich und bot an, den Nachtisch zu zahlen.
»In Ordnung. Luigi«, rief sie durch den Raum, »was ist der teuerste Nachtisch, den Sie haben?«
Der Nachtisch erübrigte sich. Luigi macht für uns immer besonders reichliche Portionen, und selbst Celine mit ihrem gesunden Appetit war satt und bestellte sich nur noch einen Espresso. Ich auch. Und einen Grappa.
»Aber, vergiß nicht, du schuldest mir noch einen Nachtisch.«
Ich war sicher, sie würde es für mich in Erinnerung behalten, wenn sie auch
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