Die russische Spende (Stationsarzt Dr. Felix Hoffmann) (German Edition)
damit, das viele Geld zu erwirtschaften. Im Gegensatz zum letzten Jahr sind Einnahmen und Ausgaben ziemlich ausgeglichen. Die Frage liegt auf der Hand: Woher kam das viele Geld?«
Jetzt wandte Beate sich direkt an mich.
»Hat sich Ihre Klinik im letzten Jahr vergrößert? Eine neue Privatstation gebaut?«
»Nein.«
»Sind Sie sicher?«
»Sicher bin ich sicher. Wie kommen Sie darauf?«
»Es sind die Einnahmen von den Privatpatienten, die plötzlich die Mehrausgaben der Klinik an die Fremdfirmen voll auffangen. Hier, seht mal – vor zwei Jahren hat die Klinik an den Privatpatienten knapp fünf Millionen verdient. Und dieses Jahr sind es schon allein bis Juni über viereinhalb Millionen, mit denen die Privatpatienten positiv zu Buche schlagen. Und es ist noch etwas eigenartig an diesen Privatpatienten: Über die Hälfte zahlt bar.«
»Wenn ich das richtig verstehe«, sagte ich, »heißt das also, die Klinik macht plötzlich bedeutende Gewinne, die sie aber nicht an unterbezahlte Stationsärzte wie mich weitergibt, sondern an Firmen wie CareClean oder Hospital Catering Service, ohne daß es inzwischen bei uns mehr zu putzen gibt, und das Essen ist weiß Gott nicht doppelt so gut geworden.«
Celine hatte offensichtlich alles längst durchdacht und lächelte mir aufmunternd zu, mir weiter Gedanken zu machen. Ich tat ihr den Gefallen.
»Der Trick ist also, daß diese Firmen plötzlich viel mehr Geld bekommen, ohne dafür mehr Leistung zu erbringen.«
»... und daß auch dein Krankenhaus nicht mehr Leistungen erbringt, aber einen Haufen mehr Geld einnimmt«, bemerkte Celine. »Oder hat sich bei euch die Zahl der Privatpatienten wirklich verdoppelt?«
Beate wies auf die theoretische Möglichkeit hin, daß die Privatpatienten plötzlich doppelt soviel wie vorher zahlten. Beides konnte ich ausschließen. Die Privatstation war nicht vergrößert worden, und bisher hatte ich noch nicht zwei Patienten im selben Bett gesehen. Und warum sollten sie auf einmal doppelt soviel zahlen? Im Gegenteil jammern unsere Chefärzte unermüdlich, sie würden kaum ihre üblichen Steigerungssätze von den Privaten bekommen. Eine Landepiste für südamerikanische Drogenbarone hatten wir auch nicht gebaut und auch keine Gebetsteppiche für Ölscheichs ausgelegt.
Ich schlürfte die Pfütze aus meiner Cappuccino-Tasse. Sie war kalt geworden und schmeckte scheußlich. Die beiden Frauen schauten mich gespannt an. Ein Nullsummenspiel von zehn Millionen im Jahr! Ich versuchte, ein schlaues Gesicht zu machen, aber es dauerte noch eine Weile, bis der Groschen fiel. Und dann dauerte es noch mal, bis ich es aussprechen konnte.
»Ich glaube, ich weiß, worauf Sie hinauswollen«, sagte ich schließlich leise, als würde es dadurch weniger schlimm, »das Ganze stinkt gewaltig nach Geldwäsche.«
Celine und Beate nickten freundlich wie zwei Lehrerinnen, die von der bemerkenswerten Intelligenzleistung eines sonst eher schwachen Schülers angenehm berührt sind.
»Und wer immer meine Klinik in eine Geldwaschanlage umfunktioniert hat, hätte dann zum Einstand letzten Dezember Bredows Spekulationsloch ausgeglichen – das würde das Nikolausgeschenk erklären, oder?«
Wieder nickten beide anerkennend.
Wie fühlte ich mich nach dieser Eröffnung? Ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, erst einmal war ich nur verwirrt. Meine Klinik, Hort des Dienstes am Patienten und Kampfstätte gegen Seuchen und Krankheiten, eine Geldwaschanlage? Ich wünschte mir eine andere Erklärung für den wundersamen Etatausgleich. Aber ich wußte, nur so ergab dieses Nullsummenspiel einen Sinn. Und der Trick mit den Privatpatienten war nahezu genial! Auf deren Rechnung sind sowohl Diagnose wie medizinische Leistungen erfaßt. Damit unterliegen auch die Rechnungen der ärztlichen Schweigepflicht, und die Klinik müßte sie keinem Finanzamt und keiner Ermittlungsbehörde zeigen. Die Geldwaschmaschine wird also mit illegalen Millionen in Form von nicht überprüfbaren Rechnungen an virtuelle Privatpatienten gefüttert, die man dann als Eigentümer von CareClean, Hospital Catering und so weiter als legale Einnahme für nie erbrachte Leistungen wieder entnimmt.
»Kann man das beweisen?« fragte ich Beate.
»Anhand der Unterlagen, die ihr beide mir gegeben habt, muß man es stark vermuten. Aber auch nur, wenn man wirklich einen Verdacht hat, daß etwas nicht stimmt. Sicher merkt man nichts, wenn die Buchhaltung routinemäßig beim Finanzamt vorgelegt wird. Dort interessiert nur,
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