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Die Saat der Bestie (German Edition)

Die Saat der Bestie (German Edition)

Titel: Die Saat der Bestie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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näher, diesmal ist der Geruch nach faulem Atem keine Einbildung. »… ich bin du … und du bist ich!«
    David schüttelt energisch den Kopf und versucht zurückzuweichen, doch Franks Blick hält ihn fest. Ihre Nasen berühren sich fast auf dem kalten Glas.
    »Verschwinde«, presst David zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Seine Stimme klingt wie das Zischen einer Schlange. Der Spiegel beschlägt. Er spürt, wie ihm kalter Schweiß auf die Stirn tritt und an seinen Schläfen hinabläuft.
    Frank betrachtet ihn einige Sekunden ausdruckslos. Selbst aus den Augen des Dings scheint jedes Leben gewichen zu sein. Dann senkt Frank den Kopf, David ertappt sich selbst dabei, wie er ins Waschbecken starrt. Der Geruch seines Erbrochenen steigt ihm in die Nase und lässt ihn erneut würgen.
    »Sag mir eins, David«, hört er ein nasales Flüstern, das direkt in seinem Kopf zu sein scheint. »Sag mir eins. Glaubst du an mich?«
    David starrt weiterhin auf die roten Spritzer seiner Kotze. Der Gestank betäubt ihn fast. Er hat das Gefühl, vor einem offenen Grab zu stehen.
    »Du existierst nur in meinem Kopf«, presst er hervor und schließt die Augen.
    Wie gerne würde er sich einfach hinlegen, einschlafen und die Augen für immer schließen. Er spürt plötzlich, wie seine Beine schwach werden und anfangen zu zittern; vielleicht eine Nachwirkung des Alkohols, vielleicht aber auch einfach nur die Angst davor, dass er tatsächlich im Begriff ist, den Verstand zu verlieren.
    »Dann kannst du mir die Frage doch ganz einfach beantworten, da ich ja nur in deinem verdammten, versoffenen Hirn existiere.« Franks Stimme klingt jetzt tief und lauernd. »Glaubst du an mich?«
    David schüttelt den Kopf.
    »Ich kann nur an etwas glauben, das ich sehen kann.«
    Er findet es absurd, dass er sich vor sich selbst zu verteidigen versucht. Wie tief ist er nur gesunken?
    »Dann sieh in den Spiegel.«
    David schüttelt erneut den Kopf. Er presst seine Augen fest zusammen, wie er es als Kind immer getan hat. Wenn er im Dunkeln Angst hatte, war dies eine Möglichkeit, selbst nicht gesehen zu werden. Ein dünner Speichelfaden tropft von seinen Lippen und vermischt sich mit dem Wein im Waschbecken.
    »SIEH MICH AN!«
    Das Brüllen pflügt wie die Schneide eines Schwertes durch seinen Kopf und zwingt ihn, in den Spiegel zu sehen. Frank starrt ihn aus glühenden, hasserfüllten Augen an. Sein Gesicht hat sich in die schwitzende Maske eines Wahnsinnigen verwandelt. Tiefe Furchen meißeln ein grausames Muster in die Stirn.
    »Sag mir, dass du an mich glaubst, du Narr. Sonst wirst du mich niemals los.«
    David stößt sich vom Beckenrand ab, prallt hart gegen die Regalbretter und schafft es im letzten Moment, nicht auf den Seifenschachteln auf dem Boden auszurutschen. Sein Spiegelbild tut exakt das Gleiche, doch auf seinem Gesicht liegt der Ausdruck eines wilden Tieres.
    »Verschwinde«, schreit David, greift nach einer Pappschachtel vom Regal und schleudert sie in den Spiegel. »Verschwinde!«
    Er stürzt aus dem Badezimmer, prallt gegen die getäfelte Wand des Korridors und schleppt sich in sein Zimmer. Schwer atmend lässt er sich aufs Bett fallen. Ihm ist kalt. In seinem Mund schmeckt er Erbrochenes und Blut.
    Mit einem verzweifelten Grunzen legt David seinen Unterarm über die Augen und schließt den Tag aus. Doch in seinem Kopf hört er noch immer Franks hasserfülltes Brüllen. »Glaubst du an mich?«, schreit sein Verstand, immer und immer wieder.
    Irgendwann schläft David sabbernd und weinend ein, doch in seiner traumlosen Welt herrscht Franks bestialisches Brüllen, als wäre der Teufel aus der Hölle gestiegen … »Glaubst du an mich?«

    ***

    Was sie zuvor gedacht hat, ist nicht wahr, nämlich dass sie sich noch nie so ausgeliefert vorkam wie in diesem Moment.
    Sam erinnert sich an einen Jungen, mit dem sie kurz nach dem Abschluss der Schule gegangen war: Wayne Thomson. Ein Junge, den sie nie vergessen hat. Nicht etwa, weil er so intelligent gewesen wäre oder so unglaublich gutaussehend. Er war ein durchschnittlicher Typ gewesen, den kein Mädchen, außer Sam, zweimal angesehen hätte.
    Es war einfach so, dass Wayne der erste Junge war, mit dem sie damals geschlafen hatte. Und sie erinnert sich daran, dass der Sex unglaublich war; durchgeknallt, teilweise abartig, aber unglaublich.
    Sam hängt in der Dunkelheit und spürt wieder die Pfütze, in der ihre Füße stehen. Den Geruch nimmt sie nicht mehr wahr, er ist Teil ihrer Welt

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