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Die Saat der Bestie (German Edition)

Die Saat der Bestie (German Edition)

Titel: Die Saat der Bestie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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leblose Puppe in sich zusammen und schlägt hart auf dem kalten, mit Urin und Kot übersäten Steinboden auf. Widerlicher Gestank steigt ihr in die Nase und lässt sie augenblicklich würgen, Tränen laufen ihre Wangen hinab. Doch zwischen all dem erfüllt ihr heiseres Lachen das düstere Verlies wie das irre Kichern eines alten Weibes.
    Sie hat sich noch nie so gut gefühlt wie in diesem Augenblick. Die Tatsache, dass sie nackt ist und in einer schmierigen Brühe ihrer eigenen Ausscheidungen liegt, tut ihrem Enthusiasmus keinen Abbruch. Sie versucht, sich aufzurichten. Ihre Arme zittern und entbehren jeglichen Gefühls. Als sie ihre Handgelenke zu massieren versucht, hat sie das grauenvolle Gefühl kaltes, totes Fleisch zu berühren. Sie spürt feuchtes Blut und tiefe Schnitte, ihre Gelenke sind angeschwollen, als hätte sie jemand mit mehreren Lagen nassen Stoffes umwickelt. Trotzdem liegt ein Lächeln auf Sams Gesicht. Ihre Mundwinkel zucken, sie friert. Ihr Körper ist eine einzige, blutende Wunde. Doch ihr Lächeln verschwindet nicht, jemand hat es in ihr geschundenes Gesicht gemeißelt.
    Sie richtet sich auf. Die Welt dreht sich für einige fürchterliche Sekunden. Mit geschlossenen Augen taumelt sie wenige Schritte nach hinten, wobei ihre Arme haltsuchend ins Leere greifen. Sie denkt an das staubige Regal an der Wand und den alten Stuhl. Auch den harten Holztisch, auf dem Bill sie vergewaltigt hat, ruft sie sich in Erinnerung. Doch nichts davon kann sie ertasten.
    Als sie es endlich schafft, das Schwindelgefühl zu besiegen, fährt sie sich mit beiden Händen durch die Haare, die sich schmutzig und feucht anfühlen, und beginnt die pochenden Schmerzen hinter ihren Schläfen zu massieren. Ihre Arme sind kraftlos und taub. Den eigenen Kopf zu berühren, erscheint ihr fremdartig.
    Schließlich hat sich Sam so weit unter Kontrolle, dass sie versuchen kann, sich zu orientieren.
    Der Raum ist so düster wie eine Gruft. Die Dunkelheit erscheint ihr stofflich, so dass sie mit dem Gedanken spielt, danach zu greifen und sie wie einen schweren Vorhang auseinanderzureißen.
    Mit unsicheren Bewegungen geht sie einige Schritte nach vorn. Nach wenigen Metern spürt sie klammen, rohen Stein. Sie ruft sich erneut die Bilder ihres Gefängnisses in Erinnerung, die für den Rest ihres Lebens in ihrem Verstand gespeichert sein werden.
    Nach vorn gebeugt bewegt sie sich an der Wand entlang nach links. Die Steine der Mauer kommen ihr gigantisch vor, mit bröckelnden Wölbungen und rauen Vertiefungen, als wäre an manchen Stellen der Stein abgebrochen oder verrottet. Als sie eine Ecke des Raumes erreicht, tastet sie sich weiter, wobei ihre Finger durch grobe Spinnweben gleiten, die an ihren Nägeln hängenbleiben. Dann spürt sie das morsche Holz des Regales und hätte vor Freude am liebsten laut aufgeschrien. Ihre tastenden Hände fahren über das staubige Glas von Flaschen und Tiegeln, über leere Kartons und vertrocknete Stofffetzen.
    Das Bild ihres Kerkers, so wie sie es in Erinnerung hat, steht wie ein grauenvolles Gemälde vor ihren Augen. Sie tastet sich weiter an der Wand entlang, bis sie die nächste Ecke erreicht. Ihr Atem geht schneller, ihre Bewegungen werden sicherer. Der Stein des Gemäuers scheint an dieser Wand trockener zu sein. Sam spürt Staub zwischen ihren Fingern, dann hartes, faseriges Holz.
    Sie versucht, die Finsternis mit ihren Blicken zu zerschneiden, tastet mit ihren Händen über das Holz, bis sie das klamme Eisen eines Schlosses spürt. Als sich ihre Finger um den altertümlichen Griff einer Klinke legen, verharrt sie.
    Bitte , flüstert sie in Gedanken und hofft darauf, dass Bill in seiner ekstatischen Gier mit der Tür ebenso fahrlässig umgegangen ist, wie mit ihren Fesseln.
    Sie schließt erneut die Augen, presst sie so fest zusammen, dass sich das Pochen der Schmerzen in ihrem Kopf in einer grellen Explosion entlädt. Dann drückt sie langsam die Klinke herunter …

    ***

    Sam hält die Augen geschlossen. Ein Schrei kämpft sich ihre Kehle hinauf; sie hat Mühe, ihre Erleichterung nicht laut hinauszubrüllen. Sie reißt die Augen auf und starrt auf einen Spalt grauen Lichts, der in ihr Gefängnis fällt und den Raum aus seinen Schatten zerrt. Du Narr, Bill! Du gottverdammter, geiler Narr! Sam presst ihre Lippen zu einer dünnen Linie zusammen, um ein Lachen zu unterdrücken. Tränen benetzen ihr Gesicht, doch diesmal sind es keine Tränen des Schmerzes.
    Sie reißt die Tür auf, hält die Luft an

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