Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saat der Bestie (German Edition)

Die Saat der Bestie (German Edition)

Titel: Die Saat der Bestie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
Vom Netzwerk:
seinen Mund zu sein, so dass es ihm unmöglich ist, klare Worte zu formulieren. Noch während er den Satz ausspricht, hat er dessen Sinn bereits wieder vergessen. Die Welt ist zu einem stillen, grauen Ort geworden, so, wie man sie oft in sinnlosen Träumen besucht; ein Ort ohne Handlung, ohne Gefühle und Gerüche. David will die Augen schließen und schlafen, doch als Franks Griff seinen Arm plötzlich frei gibt, zuckt er zusammen und starrt sein Gegenüber mit großen Augen an.
    »Das wollte ich hören, mein lieber David.«
    Frank erhebt sich und kommt um den Tisch herum auf ihn zu. Davids Augen sind zu träge, um den scheinbar fließenden Bewegungen des anderen folgen zu können. Frank taucht wie ein Schatten neben ihm auf.
    »Das wollte ich hören. Und jetzt …« Er verschwindet wieder aus seinem Sichtfeld, doch im nächsten Augenblick spürt David kalte Berührungen auf seinen Schultern. »… jetzt lass mich dir zeigen, was schöne Erinnerungen sind.« Franks Worte verwandeln sich in gieriges Zischen. »Ich werde dir Sam zeigen. So, wie du sie sehen willst. So, wie jede Frau auf der Welt sein sollte.«
    Kalte Hände legen sich um Davids Hals. Die Hitze des Alkohols verwandelt sich in klirrendes Eis, das durch Davids Körper wandert und seinen Verstand für einen schrecklichen Moment aus der Betäubung reißt. Ein kurzer, entsetzlicher Augenblick, der David aus den Wogen eines schwarzen Meeres an die Oberfläche katapultiert und ihm die schonungslose Wahrheit in all ihrer Scheußlichkeit offenbart.
    Er will schreien, mit seinen Händen nach dem kalten Griff an seinem Hals suchen und sich daraus befreien, doch grausame Kräfte beginnen, ihm die Luft zu rauben.
    David reißt den Mund auf, versucht verzweifelt, nach Atem zu ringen. Ein heiseres Pfeifen entsteigt seiner Kehle, seine Füße beginnen, unter dem Tisch auf den Boden zu trommeln, finden ein Tischbein und stoßen den Tisch nach hinten.
    Das helle Klirren des Whiskeyglases, das auf dem Boden zerschellt, hört er bereits nicht mehr. Er denkt ein letztes Mal an Sam, während sich die Welt um ihn herum in einen farblosen, stillen Fleck verwandelt, der immer kleiner wird und schließlich in der Ferne verschwindet.
    Dann verliert er seine letzten Erinnerungen, auch die, dass das letzte, was er in seinem Leben gehört hat, sein eigenes schallendes Gelächter gewesen ist.

    ***

    Als Sam erwacht, badet sie in einem See aus Schmerzen. Ihr Becken brennt, als hätte sie jemand in eine Pfütze reinster Säure gelegt. Sie spürt etwas Feuchtes zwischen ihren Beinen. Ihre Schläfe pocht in wildem Stakkato. Sie hat das Gefühl, dass sich der Orkan ihrer Gedanken gewaltsam einen Weg ins Freie zu bahnen versucht. Die Bilder in ihrem Kopf sind so schnell, dass ihr schwindelig wird.
    Schlagartig kommt sie zu sich und starrt in undurchdringliche Finsternis. Ihre Angst lässt sie an jede einzelne Sekunde zurückdenken; Bills schwerer, schwitzender Körper, seine animalischen, abgehackten Bewegungen auf und in ihr, sein Atem, der sie an den Geruch kranker Tiere erinnerte, und sein viehisches Keuchen, als er endlich seine Ladung in sie hinein pumpte. Sam weiß, dass da plötzlich Bills harte Faust war, die sie an der Schläfe traf.
    Sie wirft den Kopf herum, lauscht und stellt voller Entsetzen fest, dass sie wieder an dem Balken aufgehängt wurde. Ihre Arme drohen fast aus den Gelenken zu reißen. Die ledernen Fesseln an ihren Handgelenken schneiden in die alten Wunden und lassen sie erneut bluten.
    Sam friert. Die tiefe Furcht vor den Erinnerungen der letzten Stunden verwandelt ihren Körper in ein zitterndes Stück Fleisch. Sie fragt sich, wie lange sie weggetreten war. Zeit spielt in ihrem Gefängnis keine Rolle mehr, doch nach den Schmerzen in ihrem Intimbereich zu urteilen, kann nicht viel Zeit vergangen sein. Für einen Augenblick ekelt sie sich vor sich selbst; vor ihrem nackten Körper, der wie Schlachtvieh von der Decke hängt, vor dem Gefühl widerlicher Befleckung zwischen ihren Beinen und vor Bills kalten, rohen Berührungen auf ihrer Haut, die sie immer noch wie sich windendes, schleimiges Gewürm spüren kann.
    Dann kommt der Hass, lodernd und brüllend, und lässt mit seiner erschreckenden Intensität den Sturm an Empfindungen und Gedanken in ihrem Kopf abflauen. Trotz der Kälte in ihrem Körper und einer Angst, wie sie sie noch nie zuvor in ihrem Leben verspürt hat, wird sie plötzlich ruhig.
    Das Hämmern in ihrem Schädel und das Stakkato ihres Herzschlages

Weitere Kostenlose Bücher