Die Saat der Bestie (German Edition)
treten in den Hintergrund und werden zu etwas, das zwar da ist, aber von etwas im Zaum gehalten wird, das für Sam ebenso neu ist wie die ungeschlachte Angst, die ihren Körper noch immer zum Zittern bringt. Da ist diese tiefe Ruhe in ihr. Ihre Gedanken kommen fast vollständig zum Stillstand. Sam konzentriert sich darauf, ihren Verstand so effektiv wie einen Computer auszulesen. Sie findet Schamgefühl und eine bleierne Müdigkeit, die sie dazu auffordert, einfach die Augen zu schließen und sich der Dunkelheit hinzugeben. Doch da ist noch etwas anderes und Sam konzentriert all ihre Gedanken auf dieses eine Gefühl, das ihr so verlockend wie der ferne Gesang der Sirenen erscheint: brennend kalter Hass.
Sie lauscht in die Nacht. Ihr Gefühl sagt ihr, dass sie allein in dem Raum ist. Doch ihre geschärften Sinne raten ihr, auf jede Bewegung im Dunkeln zu lauschen. Sie ist sich sicher, sie würde spüren wenn sich die Luft um sie herum durch den Flügelschlag einer Fliege bewegt.
Unzählige Minuten verharrt Sam regungslos in der Finsternis. Ihr Atem geht flach, sie hängt totengleich in den Schatten, gefangen in ihren Fesseln, die frisches Blut über ihre Arme fließen lassen.
Irgendetwas stimmt nicht mit ihren Händen. Ihre Arme sind fast taub und fühlen sich an, als würden Ameisen unter der Haut krabbeln. Sam dreht den Kopf, sieht ihren rechten Oberarm als grauen Schemen direkt vor sich. Mehr kann sie nicht erkennen. Als ihre Augen dem Schatten des Armes nach oben zu den Händen folgen, verliert sich ihr Blick in der Schwärze. Und doch … Etwas ist anders als vorher.
Sie beginnt ihre Hände zu bewegen. Jemand scheint mit glühenden Messerspitzen auf ihre Schultern einzustechen. Die Schmerzen fressen sich wie Feuer bis zu ihren Handgelenken hinauf. Sam reibt sie aneinander, krümmt die Finger, soweit es ihre Betäubung in den Knochen zulässt. Das Reiben ihrer Gelenke scheuert die Wunden noch mehr auf. Blut tropft ihr auf Stirn und Lippen. Der Geschmack ihres eigenen Blutes lässt sie würgen.
Dann spürt Sam, was anders ist.
In Gedanken stößt sie einen euphorischen Schrei aus, doch über ihre Lippen kommt nur ein leises Krächzen. Sie kann ihre Handgelenke problemlos in ihren Fesseln bewegen. Ihr Körper beginnt unkontrolliert zu zittern. Sie muss sich zur Ruhe zwingen und aufhören, in der Pfütze ihrer eigenen Ausscheidungen zu tänzeln. Sie braucht einen klaren Verstand.
Nur mit Mühe schafft sie es, ihr Verlangen zu unterdrücken, wild und schreiend an ihren Fesseln zu zerren. Das würde den winzigen Funken Hoffnung, der gerade ihre Gedanken erhellt, schnell wieder zum Erlöschen bringen. Stattdessen schließt sie die Augen, atmet einige Male tief ein und aus und beginnt schließlich, mit gleichmäßigen, kontrollierten Bewegungen ihre Handgelenke gegeneinander zu reiben und gleichzeitig in den Fesseln zu drehen. Sie kann spüren, wie die Schmerzen der Schnitte abklingen, als der Druck nachlässt. Die Bewegungen fallen ihr leichter und lassen sie innerlich wie ein kleines Mädchen kichern. Sie schafft es sogar, ihre Hände trotz der Schmerzen in ihren Armen anzuspannen und zu Fäusten zu ballen.
Bill war so geil, dass er schlampige Arbeit geleistet hat , schreit sie in Gedanken und verflucht ihre ausgedörrte Kehle dafür, dass sie ihre Gefühle nicht in die Dunkelheit kreischen kann.
Sie beginnt wieder zu tänzeln, streckt sich, soweit es die Schmerzen zulassen, nach oben, um ihre Gelenke zusätzlich zu entlasten. Tatsächlich trägt sie für einige kostbare Augenblicke ihr gesamtes Gewicht auf den Zehenspitzen, so dass ihre Hände frei sind und der Druck der Lederriemen in den Wunden ihrer Gelenke noch etwas mehr nachlässt. Mit jeder Bewegung spürt sie, wie sich die Fesseln ein Stückchen weiter lösen. Kalter Schweiß läuft in ihre Augen und Speichel tropft von ihren rissigen Lippen herab, doch sie arbeitet unermüdlich weiter, jeden Schmerz in Schultern, Armen oder Becken ignorierend. Dann lösen sich plötzlich ihre Hände voneinander. Sie hält inne, starrt ungläubig in die Nacht und formt ihre rechte Hand zu einem winzigen Hohlraum, indem sie die Finger eng aneinander presst. In der nächsten Sekunde gleitet ihre Hand aus der Lederschlaufe.
Mit einem kichernden Grunzen beginnt Sam mit der freien Hand die zweite Fessel zu bearbeiten, die schon nach kurzer Zeit so locker ist, dass sie ihre linke Hand mit einem unterdrückten Schmerzensschrei aus ihrer Bande ziehen kann. Sam sackt wie eine
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