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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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eiskalten Säulenraum mündete.
    »Das ist ja unglaublich!«, sagte Botschafter Horst und musterte im Schein der Taschenlampen die mit Reliefs geschmückten Wände. »Ist das hier das Werk der Vorläufer?«
    »Den Geschichtsaufzeichnungen der Uvovo und den wenigen Datierungen nach zu schließen, die ich bislang vorgenommen habe, wurde die Anlage vor etwa hunderttausend Jahren erbaut«, sagte Greg. »Den Außenweltlerquellen nach zu schließen, könnte das gegen Ende der Vorläufer-Ära gewesen sein. Aber wenn Sie mir bitte zur Hauptattraktion folgen würden …«
    Sich allmählich für die Rolle des Fremdenführers erwärmend, geleitete er die Besucher in die Brunnenkammer; die Lichtkegel der Taschenlampen durchschnitten die lastende, kalte Dunkelheit. Zwei Personen hielten sich an der Einfassungsmauer auf, Chel und Weynl, die sich auf den Boden hinabgebeugt hatten. Dann hörte einer das Geräusch ihrer Schritte, richtete sich auf und blickte sich um. Als Greg winkte, kam der Uvovo ihnen entgegen. Dann sah Greg, dass es Chel war.
    »Das ist ein bemerkenswerter Fund«, sagte Horst, an die Grenzmauer tretend. »Und Sie glauben, der Kreis habe eine rituelle Funktion gehabt?«

    Greg nickte. »Darin eingebettet ist auch eine weit fortgeschrittene Technologie der Vorläufer …«
    Auf einmal ertönte ein gewaltiges Dröhnen, und flirrende Lichtstrahlen brachen in Botschafter Horsts Nähe aus der Wand. Alle Anwesenden wichen vor dem Lärm und der blendenden Lichterscheinung zurück, mit Ausnahme des Botschafters, der in einem Lichtkäfig aus gleißenden Lichtnetzen gefangen war. Das Dröhnen schwächte sich ab und wurde zu einer widerhallenden Stimme, die in forderndem Ton etwas Unverständliches sagte.
    »Was, zum Teufel, ist das, Greg?«, rief Theo. »Ist der Botschafter in Gefahr? Sind wir gefährdet?«
    »Der Raum … der Brunnen hat auch einen Wächter …«
    Ehe er fortfahren konnte, kam Chel angelaufen, gefolgt von Lauscher Weynl. Chel hatte seine Stirn entblößt und das äußere Augenpaar geöffnet.
    »Wer ist das, Greg?«, fragte Chel und deutete auf Horst. »Wer ist dieser Mann?«
    »Das ist der Botschafter der Erdsphäre.«
    In diesem Moment brüllte Lauscher Weynl etwas in den flirrenden Maehlstrom aus Licht, eine Antwort auf die daraus hervordonnernde Stimme.
    Chel musterte Horst verblüfft, der auf die Knie niedergesunken war und verängstigt die Hände in seinen Hausmantel gekrampft hatte.
    »Besitzt der Mann das, was du als eine AI bezeichnest?«, fragte er.
    »Ja, das stimmt«, antwortete Greg.
    Chel schüttelte den Kopf und bleckte die Zähne. »Ein Traumloser … Wir werden versuchen, ihn vor dem Wächter zu retten, Greg, aber du musst mir vertrauen und darfst nicht eingreifen.«

    Greg atmete tief durch und versuchte, sich zu fassen, dann nickte er und schaute zu, wie Chel und Weynl die Arme entblößten und neben Horst in die Hocke gingen. Einen Moment lang herrschte Stille, dann stießen sie die Arme durch das helle, sich ständig verlagernde Netz - Greg sah, wie der kurze, dichte Pelz auf ihren Armen versengt wurde und zu qualmen begann - und berührten den Botschafter am Kopf.
    Horst schrie auf, die Halssehnen zum Zerreißen angespannt, die Augen flehentlich geweitet.

43 Chel
    Als Greg und die anderen Menschen im Eingang auftauchten, saßen Chel und Lauscher Weynl im Schneidersitz im Laufgang, durch eine Decke vor der Kälte des Steinbodens geschützt. Im goldenen Lampenschein begutachteten sie handgezeichnete Kopien einiger Muster, die sie kürzlich auf dem Waldmond in einem sehr alten Archiv von Steintafeln gefunden hatten. Sie verglichen die Tafelmuster mit Zeichnungen, die sie von Teilen der Brunnenoberfläche angefertigt hatten, und suchten nach Übereinstimmungen. Auf den Tafeln waren auch Kommentare vermerkt, jedoch verfasst in einer abstrusen Schrift, die sie bislang noch nicht entziffert hatten.
    Und so zerbrachen die beiden Uvovo sich den Kopf, als Chel das harte, trockene Geräusch von Schritten vernahm und hochschaute. Er hatte das Außenpaar seiner neuen Augen eingesetzt, um die Brunnenmuster zu untersuchen, doch nun nahm er um einen von Gregs Begleitern einen merkwürdigen, gezackten Strahlenkranz wahr. Gleichzeitig sammelte sich in der Nähe der Neuankömmlinge am Rand des Brunnens diffuse Helligkeit.
    »Da stimmt etwas nicht, Lauscher«, sagte Chel und richtete sich auf. »Der Brunnen verhält sich merkwürdig.«
    Ohne Weynls Antwort abzuwarten, ging er den Menschen entgegen. Er

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