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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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Kopf. »Frühestens morgen, Rory. Wenn er aufwacht, wird er sehr schwach sein, dann muss er etwas essen und sich ausruhen. Haben Sie vor, den Wald zu verlassen?«
    »Aye … na ja, vielleicht, wenn wir wissen, wie’s mit dem Major weitergeht.«
    »Werden Sie bald aufbrechen?«
    »In ein paar Stunden, schätze ich - wir schauen vorbei und sagen tschüss, bevor wir uns vom Acker machen.«
    Chel nickte, und sie winkten einander zu, dann kletterte er weiter.
    Bald darauf hatte er eine der Wolkenstufen erreicht, die höchste und schmalste der Plattformen eines Aussichtsbaums. Ein kühler, stetiger Luftzug rührte das umliegende Laubwerk auf und führte verschiedene Düfte mit sich. Chel spürte, wie der ganze Stamm sachte schwankte. Er war umgeben von raschelndem Laub und sich biegenden Baumwipfeln, umschwirrt von summenden Insekten, die von Vögeln im Flug gejagt wurden. Hin und wieder brach die Nachmittagssonne durch die Wolken, doch es war trocken und warm und die Luft so klar, dass er im Osten den grauen Loch Morwen und die kleinen Inseln im Mündungsbereich des Gangradur sehen konnte.
    Wichtiger aber war der Ausblick nach Norden auf die Felsklippen, die zu den unteren Hängen der Bergzüge aufragten,
und den Gebirgsausläufer, an dessen Ostrand Waonwir lag. Die eintreffenden Uvovo hatten verschiedene Gerüchte über den Tempelbezirk verbreitet; die einen meinten, die Brolturaner würden dort Dissidenten inhaftieren, andere behaupteten, die Ausgrabungsstätte werde verwüstet oder zu einer Festung ausgebaut. Was davon auch wahr sein mochte, irgendetwas ging dort vor - am Abend zuvor hatte einer der Waldgelehrten von einem anderen Aussichtsbaum aus ein grelles Leuchten gesehen, das vom Vorgebirge ausgegangen war. Als Chel nun die ferne, dunkle graue Felsmasse betrachtete, war davon nichts zu sehen, nur ein kleiner dunkler Fleck, der abhob und in Richtung Hammergard davonraste.
    Er rief sich die hellsichtigen Worte des geisterhaften Pfadmeisters in Erinnerung: Die Hegemonie wird in Kürze Umara kontrollieren … und bald auch in diese Kammer vordringen … Die Aussage hatte ihn schockiert, doch er hätte sich niemals träumen lassen, dass sie sich so bald schon bewahrheiten würde. Daran hatte er nicht gedacht, als er sich an Bord des Zeppelins geschlichen hatte, der Greg in die Stadt brachte, doch war das Schicksal Lauscher Weynls und das der anderen, der Menschen wie der Uvovo, ungewiss. Das Gleiche galt für die anderen Lauscher wie zum Beispiel Faldri, Eshlo, Shikellik und Murnil. Bislang war Chel gar nicht bewusst gewesen, wie groß ihre Abhängigkeit von den Kommunikationsgeräten der Menschen geworden war, mit deren Hilfe sie den Kontakt zwischen den weit verstreuten Siedlungen aufrechterhielten.
    Die Versuchung, hier in Glenkrylow auf das Eintreffen weiterer Nachrichten zu warten, war groß, doch ihm war bewusst, dass er und die Waldgelehrten Pläne für einen raschen Rückzug ausarbeiten mussten. Wenn Greg alles ausgeplappert hatte, was er wusste, dann wusste Kuros
über die Verbindung der Uvovo zum Tempel und zur Brunnenkammer Bescheid, ganz zu schweigen vom uralten Bund mit Segrana, der bis zu den frühesten Anfängen zurückreichte. Abgesehen von den Berichten von Verhaftungen und Misshandlungen war Chel auch ein Gerücht zu Ohren gekommen, wonach Buchanskog, der Tochterwald östlich von Hammergard, von brolturanischen Truppen besetzt worden war, welche die Meditationsorte, das Vodrun und die Gelehrtenunterkünfte zerstört und alle Uvovo, derer sie habhaft werden konnten, verschleppt hatten. Wenn die Außenweltler jetzt schon bereit waren, einen Tochterwald zu verwüsten, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie gegen weitere Wälder vorgehen würden.
    Mit einem letzten Blick auf Waonwir, das allmählich in die Dunkelheit einging, während die Sonne dem Horizont entgegensank, machte Chel sich an den Abstieg. Er war gespannt, ob Gregs Zustand sich weiter verbessert hatte, brannte aber auch darauf, für den schlimmsten denkbaren Fall Vorsorge zu treffen. Wenn es dann weniger schlimm kam, wäre dies eine Erleichterung, vielleicht sogar eine Chance!

50 Theo
    Es war früher Abend, als sie in Akessonhold eintrafen, einem verwinkelten Bauernhaus westlich von Landfall, dem dritten konspirativen Unterschlupf in den letzten vierundzwanzig Stunden. Theo, Donny und Solvjeg wurden in die Diele geleitet, einen holzgetäfelten, L-förmigen Raum, von dem mehrere Flure abgingen; von einigen führten kurze Treppen nach

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