Die Saat der Erde Roman
von schwelendem Zorn bis zu ausgewachsenem, wutschnaubendem Berserkertum. Einige Leute wollen die Zugangs- und Ausfallstraßen verbarrikadieren, andere wollen die Laster mit Gewehren und Molotow-Cocktails beladen und sich kampfbereite Sendrukaner suchen, während der Rest sich die Hucke vollsäuft.«
»Vielleicht lassen sich da später ja Rekruten anwerben. Einstweilen sollten Sie möglichst unauffällig verschwinden. Seien Sie vorsichtig und achten Sie auf Straßensperren - weichen Sie notfalls ins Gelände aus.«
»Verstanden, Major - sind schon unterwegs.«
Theo nahm das Headset ab und legte es auf den Tisch.
»Sie wirken müde, mein Freund«, sagte Akesson.
Er zuckte die Achseln. »Gestern um diese Zeit waren wir oben im Chjornilows, in dem Restaurant im Westen Hammergards, als es plötzlich von bewaffneten Polizisten gestürmt wurde - wir sind durch die Dachkammern zweier angrenzender Gebäude entkommen. Wir haben uns eine Werkstatt gesucht, einen klapprigen alten Geländewagen gemietet und sind um Mitternacht an Martenssons Fischfarm eingetroffen …«
»Ich glaube, die kenne ich- liegt an der Küstenstraße, ein paar Kilometer südlich des Gagarin-Raumhafens …«
»Genau. Also, dann haben wir uns in einer leerstehenden Arbeiterunterkunft für ein paar Stunden aufs Ohr gelegt und wurden um fünf von unserem Kontaktmann geweckt - wie sich herausstellte, waren zwei Offiziere des
militärischen Geheimdienstes und sechs brolturanische Soldaten aufgetaucht, die alle verhörten. Das Haupttor war blockiert, deshalb haben wir uns über ein morastiges Feld zur Straße durchgeschlagen, mit Fahrrädern, die unser Kontaktmann im Lagerschuppen aufgetrieben hatte. Anschließend haben wir uns an die Feldwege und Hügelpfade gehalten, bis wir endlich heil hier eingetroffen sind.«
Theo dachte an die verzweifelte Flucht unter dem bedeckten Nachthimmel, als der eiskalte, böige Wind sie mit Schauern überschüttet hatte.
»Ihre Schwester wurde festgenommen und verhört, nicht wahr? Allerdings scheint sie es überstanden zu haben.«
Theo lächelte traurig. »Ja, sie war schon immer zäh - lässt sich von nichts und niemandem unterkriegen. Obgleich sie sich große Sorgen um ihre Jungs macht, besonders um Greg.« Er erhob sich. »Wir sollten zurückgehen, damit ich ihr sagen kann, dass er in Sicherheit ist.«
Akesson nickte und ging voran. In der Küche erkundigte er sich, ob die Speisen und Getränke ins kleine Wohnzimmer gebracht worden waren. Donny und Solvjeg saßen in Sesseln beiderseits des Tisches. Die Servierplatten waren überhäuft mit kaltem Braten, Käse, Butter und frischem Brot, außerdem stand da ein Krug Wein, der einen berauschenden Duft verströmte. Im Kamin prasselte ein munteres Feuer, von den Wänden blickten Generationen von Akessons herab. Solvjeg schaute bei ihrem Eintreten hoch, und als sie erfuhr, dass Greg befreit worden war, schlug sie die Hand vor den Mund und schloss die Augen.
»Gott sei Dank«, flüsterte sie, dann senkte sie die Hand, ballte die Faust und nickte Theo zu. »Alle sind in Sicherheit, Theo.« Bei ihrem Zwischenaufenthalt bei Martensson hatte sie die Neuigkeit erreicht, dass Ian und Ned es nach
Invergault geschafft hatten und in südlicher Richtung zu den Hrothgar-Bergen unterwegs waren, wo sie in einem Fallenstellerlager untertauchen wollten.
Theo und Akesson schoben Korbstühle an den Tisch und schenkten sich Glühwein ein, dann tauschten sie ihr Wissen aus, um sich einen möglichst vollständigen Überblick zu verschaffen. Zunächst einmal war inzwischen sicher, dass Sundstrom und dessen Kabinett bei dem Raketenangriff ums Leben gekommen waren. Innerhalb weniger Stunden hatte die parlamentarische Versammlung eine Einheitsregierung gebildet, nur die Gründer- und die Wiedergutmachungspartei, beides kleine Splittergruppen, verweigerten sich der Teilnahme. Letztere Partei war von Viktor Ingram gegründet worden und stellte fünf Legatoren. Zusammen mit den Gründern stellten sie die acht Köpfe zählende Opposition, denen eine Regierungsmehrheit von 104 Angeordneten gegenüberstand.
Die neue Regierung erließ reihenweise drakonische Gesetze, darunter auch Notstandsverordnungen, die der Exekutive unumschränkte Vollmachten gaben. Die Exekutive unterstand Dougald Kirkland, dem Vorsitzenden der Konsolidierungsallianz und Präsidenten auf Zeit. Dies alles war weitgehend ohne Verlautbarungen und öffentliche Kommentierung vonstattengegangen, denn bei dem Angriff auf das
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