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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman
Autoren: Michael Cobley
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gehörte. Die Pax Terra hatte sich an der Blockade eines Zwischenhafens an der Grenze von Metraj beteiligt, von dem aus Kriegsschiffe der Erdsphäre und der Sendruka-Hegemonie zur Yamanon-Domäne gestartet waren. Die offizielle Version lautete, bei dem Protestschiff habe es sich um eine fliegende Bombe gehandelt, auf Kollisionskurs mit einem Hegemonie-Kreuzer, dessen Kommandant keine andere Wahl gehabt habe, als zu feuern. Die Regierung der Erdsphäre hatte zunächst milden Protest eingelegt, die Angelegenheit aber bald wieder fallengelassen.
    Robert und seine Frau Giselle waren untröstlich gewesen, und der diplomatische Dienst hatte ihm dankenswerterweise Trauerurlaub gewährt. Robert aber hielt es zu Hause in Bonn nicht aus - er wollte die Wahrheit über Rosas Tod herausfinden.

    Er setzte sich auf eine blaue Bank, hielt das interaktive Sim in Händen und vergegenwärtigte sich die Monate, in denen er Augenzeugen des Blockadezwischenfalls aufgespürt und mit Rosas Freunden und Kollegen von Leben und Frieden Gespräche geführt hatte. Was er dabei erfuhr, stand in krassem Gegensatz zum offiziellen Tathergang und bestätigte, was er bereits über seine Tochter gewusst hatte, nämlich dass sie intelligent und klug gewesen war, leidenschaftlich und engagiert, wenn sie an die Sache glaubte. Millionen waren umgekommen, als die Koalition von Erdsphäre und Hegemonie in die Yamanon-Domäne vorgedrungen war und die Hauptwelten des Dol-Das-Regimes bombardiert hatte. Rosa hatte von einer Gräueltat gesprochen, ein Urteil, dem er nicht länger widersprechen konnte.
    »Wir haben sie Mitgefühl gelehrt«, hatte er seiner Frau von einer seiner Reisen gemailt, »und sie hat aus Mitgefühl gehandelt.«
    Er hielt sich gerade auf Xasome im Königreich Metraj auf und versuchte, Daten aus den archivierten Berichten zusammenzutragen, als er über das örtliche Erdsphäre-Konsulat ein Paket von seiner Frau erhielt. Im Begleitbrief hatte sie geschrieben: »Mein Lieber, ich habe einen Weg gefunden, wieder Licht in unser Leben zu bringen, und der öffnet sich jetzt auch dir. In Liebe und Freude - Giselle.«
    In der Meinung, es handele sich um eine Zusammenstellung von Fotos und anderen Aufzeichnungen aus dem Familienarchiv, hatte Robert das Intersim auf den Schreibtisch gelegt und es eingeschaltet. Das Gerät hatte mit drei Lichtblitzen den Raum erfasst, und dann stand auf einmal Rosa in ihrer geliebten Outdoorkleidung vor ihm und lächelte ihn an.

    »Hallo, Daddy!«, hatte sie gesagt.
    Sie hatte so lebhaft geklungen, so wach und lebensvoll, dass er beinahe erwidert hätte: Rosa! Du lebst …
    Doch als die Vernunft sich einschaltete, waren ihm die Worte im Hals stecken geblieben, und er hatte die Simulation seiner Tochter mit wortlosem Entsetzen angestarrt.
    »Daddy, wie geht es dir?«
    Unfähig, ihr zu antworten oder den Blick abzuwenden, hatte er mit größter Willensanstrengung das Gerät ausgeschaltet. Jetzt, da er es betrachtete, wusste er, was in Giselle vorgegangen war. Er hatte es verstanden, und sein Ärger hatte sich verflüchtigt, denn er hatte erkannt, dass er sich gegen seinen eigenen verzweifelten Wunsch richtete, Rosa wäre noch am Leben.
    Dennoch hatte er es nicht fertiggebracht, das Sim zu zerstören oder wenigstens den Speicher zu löschen, und auch jetzt wieder konnte er sich nicht dazu aufraffen.
    Er gelangte zu einer Entscheidung, steckte das Intersim in die Jackentasche, erhob sich und machte mit dem Packen weiter.
    »Glaubst du, das ist klug?«, fragte Harry.
    Lächelnd packte Robert die letzten Kleidungsstücke ein. »Du findest, ich könnte damit mein Verhandlungsgeschick und damit die ganze Mission gefährden?«
    Harry heuchelte Überraschung.
    »Eine verletzende Interpretation meiner aufrichtigen Besorgnis. Ich wollte damit nur sagen, dass es deinem Seelenfrieden zuträglicher wäre, wenn du das verdammte Ding hierlassen würdest.«
    Robert seufzte. »Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, Harry, ja wirklich. Aber du machst dir zu viele Sorgen. Im Unterschied zu Giselle habe ich mich mit Rosas Tod abgefunden und bin mir bewusst, dass das eine Simulation ist
und kein lebendiges, atmendes Wesen, das man anfassen kann.«
    Harry musterte ihn nachdenklich. »Sag mal - siehst du mich etwa auch so, als etwas Künstliches?«
    »Ja, schon. Als ein Produkt aus Erfahrung, Nachdenken, Zufall und Freundschaft!« Robert lächelte. »Während Giselles Gerät nur eine erstarrte Sicht wiedergibt, ein Konstrukt, das weder
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