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Die Saat der Erde Roman

Titel: Die Saat der Erde Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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den Sprecher zu verstehen.
    »Gut«, sagte jemand mit tiefer, rauer Stimme. »Stell’s auf die Beine und schieb den Strick bis zu den Knien hoch. Es kann laufen - ich hab keine Lust, es zu tragen.«
    Ihm unentwegt ins Gesicht leuchtend, richtete einer der Unbekannten ihn auf und schob die Fessel von den Knöcheln über die Knie hoch. Kao Chih fühlte sich benommen und hatte Schmerzen, Folge des Schlaf- und Nahrungsmangels - er hatte keine Ahnung, wie lange seine Gefangenschaft schon währte, vermutete aber, dass bereits ein ganzer Tag hinter ihm lag. Man hatte ihn in einem der oberen Zimmer der Bleibe des armen Avriqui eingesperrt, und in der ganzen Zeit hatte er nur eine Plastikschale mit abgestandenem Wasser bekommen.
    Jetzt, da er am Halsstrick einen niedrigen Gang entlanggeführt wurde, konnte er seine beiden Bewacher genauer betrachten. Es waren Henkayaner, kräftige, vierarmige Humanoide, einen Kopf größer als Menschen. Einer der beiden aber war eher kleiner als Kao Chih, zudem war er hager und humpelte. Das war der mit der Taschenlampe, die er beiläufig hielt, als ihm auf einmal bewusst wurde, dass Kao Chih ihn musterte. Ohne sich umzudrehen, blieb der Henkayaner stehen und versetzte ihm mit der oberen Hand eine Ohrfeige.

    »Was glotzt du so, Menschenabschaum?«
    »Lass ihn in Ruhe«, sagte der andere. »Munaak will nicht, dass es verletzt wird.«
    »Aber das Ding starrt mich an. Vielleicht verhext es mich mit den Augen.«
    »Alle starren dich an, Grol, weil sie rausbekommen wollen, weshalb du so hässlich bist.«
    Grol schüttelte verärgert die Taschenlampe. »Sei still, Tekik! Du Schlammfresser …«
    »Halt dein Sabbert«, sagte Tekik mit drohend erhobener Stimme, »sonst ramm ich dir die Taschenlampe ins Maul, und Munaak schiebt dir einen Speikel in den Koter - wenn du nicht endlich weitergehst!«
    Kao Chih sah zu Boden und schaute auch dann nicht hoch, als er eine schmale Treppe mit vielen flachen Stufen hinaufsteigen musste. Als er im Dunklen wach gelegen hatte, war er an seiner aussichtslosen Lage fast verzweifelt. Er befand sich fern der Heimat, und Tumakri, sein einziger Gefährte, war höchstwahrscheinlich tot, während er selbst einer grausamen Bande in die Hände gefallen war. Selbst wenn ihm die Flucht gelingen sollte, befanden sich die Zolldokumente und der Dockausweis zusammen mit dem Bargeld und den Kreditstangen in der Tasche des Roug. Ohne Tumakri oder Kao Chih war all das für den Besitzer wertlos, doch das war kein großer Trost. Allerdings hatte seine Panik in den vergangenen Stunden ein wenig nachgelassen, und eine leise Hoffnungsstimme flüsterte ihm ein, man werde ihn aus irgendeinem Grund am Leben lassen.
    Auf der nächsthöheren Ebene führte man ihn durch eine dunkle Türöffnung in einen kleinen, keilförmigen Raum, der von einer langgestreckten Konsole mit mehreren Bildschirmen und Anzeigen erhellt wurde. Mehrere
große, nur verschwommen erkennbare Gestalten hatten sich beiderseits eines hochlehnigen Stuhls versammelt, der auf einem drehbaren Podest stand. Kao Chih wurde zu dem Stuhl gezerrt und gestoßen, dann musste er niederknien und vernahm einen seltsam klingenden Dialog. Zwei Stimmen unterhielten sich miteinander, doch die eine Stimme hatte ein leises Echo. Dann schwenkte der Stuhl herum.
    Zwei rötliche, durchdringende Augen musterten ihn aus dem hohlwangigen Gesicht eines Henkayaners hervor. Kao Chih vermutete, dass er Munaak vor sich hatte. Die Augen wurden von vergrößernden Aufsatzlinsen geschützt, der haarlose Schädel war von einem Zickzackmuster von Narben entstellt. Der Henkayaner trug ein langes schwarzes Gewand, das mit weißen Symbolen geschmückt war, und Kao Chih hätte beinahe übersehen, dass ihm beide rechte Arme fehlten. An der Schulter saß dafür ein Anhängsel - ein zweiter Kopf!
    »Das also ist das Menschenwesen, das wir gegen seinen Willen unter unseren Schutz gestellt haben«, sagte Munaak mit sanfter, volltönender Stimme, und gleichzeitig begann auch der Kopf an der Schulter zu murmeln und zu wispern und wiederholte seinen Satz, vermischte jedoch die Worte, während die runzligen Augen fest geschlossen blieben. »Entspricht es Ihren Erwartungen?«
    Über Munaaks Schulter bewegte sich etwas auf einem der Bildschirme, eine schattenhafte Kapuzengestalt vor einem trüb erhellten Hintergrund mit Regalen und gelben Lichtreflexen an Gegenständen aus Chrom oder Glas.
    »Ich … habe mehrere angefordert, Sie aber haben nur einen.« Die Stimme der

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