Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
Vom Netzwerk:
bis er über das niedrige Gesträuch stolperte, hinter dem er sich versteckt hatte, blieb auf der Erde sitzen und starrte zu Mattin hoch, in einer Mischung aus Angst und Trotz.
    „Du heißt Tiko, nicht wahr?“, flüsterte Mattin und hockte sich zu ihm nieder. Selbstverständlich wusste er das ganz genau, aber er wollte nicht, dass der Kleine glaubte, er wäre wichtig genug, sich seinen Namen merken zu müssen. Der Junge biss die Zähne zusammen, senkte dann den Blick, wie es sich für einen Sklaven gehörte und nickte.
    „Du hast das nicht gesehen, hm? Einfach nicht gesehen. Wenn du ein bisschen nachdenkst, fällt dir vielleicht sogar ein, warum das besser für dich ist.“ Er grinste breit, egal wie schmerzhaft das war, als Tiko ihn verständnislos musterte, beugte sich vor und wisperte ihm ins Ohr:
    „Die zwei sind doch deine Freunde und du willst, dass sie mit dem Leben davonkommen. Nun, sie sind nicht meine Freunde, aber ich habe ebenfalls einen Grund zu hoffen, dass sie nicht erwischt werden, klar? Deshalb habe ich den guten Karek überredet, sich noch ein bisschen auszuruhen, wovon du deinen Leuten besser nichts erzählen solltest, denn zu viele Mitwisser schaden nur.“ Er tätschelte ihm die Wange und rückte ein Stück von ihm ab. „Und jetzt bist du ein braver Junge, wartest schön, bis ich mich auch noch ein bisschen zum Ausruhen lang gestreckt habe und rufst erst dann deine Leute, damit die sich um uns arme Verletzte kümmern und Pocil benachrichtigen. Lass dir ruhig Zeit, es hetzt dich niemand. Und sollten zufällig einige von deinen Kumpels hier sein und heimlich Dinge beobachtet haben, die doch gar nicht geschehen sind, sagst du ihnen das, was ich dir erzählt habe, ja?“
    Tiko nickte, er starrte ihn mit großen Augen an, als hätte Mattin sich in einen Elfenkönig verwandelt. Schließlich rappelte er sich auf und eilte zu einem der Seitenabstiege.
    Mattin schlenderte mit einer Lässigkeit, die er nicht fühlte, zurück zu den anderen Wächtern. Biko, dessen Arm überhaupt nicht gut aussah, jammerte vor sich hin, und Aruf war von diesem Fürstenbengel mindestens die Hand gebrochen worden. Zufrieden schnaufend legte sich Mattin nieder. Er hatte nichts dagegen, seinen heftig schmerzenden Kopf ein wenig länger zu schonen, bevor der große Rummel losgehen würde.

9.
     
    Kirian und Lys hatten einen großen Bogen um das Lager geschlagen und das Wäldchen erreicht, in dem sie sich mit Irla verabredet hatten. Sie wartete bereits voller Ungeduld und zischte besorgt, als sie sah, wie beide Männer zugerichtet worden waren – Kirian hatte einige Blessuren im Gesicht davon getragen, Lys war noch von gestern verbeult. Ihre alten Wunden vom Schachteinsturz waren keineswegs verheilt gewesen, neue Schrammen waren dazu gekommen.
    „Wie könnt ihr überhaupt noch laufen? Ihr seht furchtbar aus“, murmelte sie kopfschüttelnd.
    „Kümmre dich nicht um uns, wir haben schon schlimmer ausgesehen“, erwiderte Lys mit einem schmalen Lächeln. Er nahm Marjis auf den Arm, als das Kind hinter dem Busch hervorkam, wo es sich bis dahin versteckt hatte. Den Korb mit Löwenzahnblättern, die sie gemeinsam mit Irla gesammelt hatte, ließ sie einfach fallen. Niemand hatte ihr gesagt, dass sie zusammen mit Lys und Kirian fortgehen würde, dennoch schien sie es zu spüren, mit dem Instinkt, der kleinen Kindern zueigen war.
    „Hier, das ist alles, was ich an Vorräten, Ausrüstung und warmer Kleidung fortschmuggeln konnte“, sagte Irla und drückte Kirian zwei schwere Bündel in die Arme. „Und jetzt weg mit euch! Lasst euch nicht erwischen und passt mir auf das Kind auf.“
    Sie wischte sich ungeduldig eine Träne aus dem Augenwinkel, umarmte Kirian und Lys, drückte Marjis einen Kuss auf die Wange.
    „Danke für alles“, flüsterte Kirian. Lys drückte Irlas Hand. Dann verschwanden sie im dichten Unterholz, bereit, das Unmögliche zu wagen und aus Irtrawitt zu fliehen.
     
    Irla atmete tief durch, bevor sie die letzten Vorbereitungen traf: Sie verstreute die gesammelten Blätter, trampelte darauf herum. Anschließend kniete sie an dem Flussufer nieder, das sich am Rand der Lichtung zwischen den Bäumen befand, und durchnässte ihr Kleid. Das Wasser war hier sehr tief, und so schlammig, dass man nicht auf den Grund blicken konnte. Noch ein wenig das Haar zerzausen, dann war sie bereit. Sie lächelte über sich selbst, als sie spürte, wie sehr sie sich darauf freute.

*
     
    Noch bevor Mattin das Lager erreichte,

Weitere Kostenlose Bücher