Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
Vom Netzwerk:
„Zweifle nie daran, hörst du? Ich liebe dich mehr als mein eigenes Leben, und du bist jedes Mühsal wert, das ich erlitten habe, und noch viel mehr.“
    Kirian konnte nur nicken, seine Kehle war wie zugeschnürt. Gemeinsam strichen sie über Marjis’ Köpfchen, die sie beide mit einem scheuen Lächeln beobachtet hatte. Dann schritt Kirian mit der Fackel voraus in den finsteren Gang, den Lys ihm gewiesen hatte.
    Muffige, uralte Luft und Wärme schlugen ihm entgegen. Der Weg war schmal, aber bequem zu laufen, und sie kamen die erste Stunde gut voran.
    „Pause“, murmelte Lys. Er schwankte bedrohlich, ließ sich an der Felswand hinab zu Boden gleiten, langsam, damit Marjis sich anpassen konnte. Kirian suchte, bis er einen Spalt fand, in den er die Fackel stecken konnte, und setzte sich neben ihn. Sie tranken alle drei etwas Wasser und ruhten sich aus, schweigend aneinander gelehnt.
    „Es ist schlimmer diesmal“, flüsterte Lys und fuhr sich mit zittrigen Händen über das schweißnasse Gesicht. „Spürst du ihn?“
    Kirian schüttelte den Kopf und nickte zugleich.
    „Ich weiß es nicht. Ich fühle mich unwohl und wäre lieber schon durch. Ob das am Drachen liegt, kann ich nicht sagen. Es könnte auch am Tunnel selbst liegen. Du bist sicherlich genauso unfroh wie ich, schon wieder unter der Erde sein zu müssen.“
    Er betrachtete seinen Gefährten, der krank und verängstigt aussah, zu erschöpft, um aufstehen zu können.
    „Süße, du musst jetzt ein bisschen allein gehen“, sagte er zu Marjis und lächelte fröhlich, auch wenn er lieber geschrien hätte. Ohne auf Lys’ schwache Proteste zu achten löste er das Seil und nahm das Mädchen zu sich.
    „Nachher trage ich dich, ja? Lys ist immer noch so müde von dem Schneesturm.“
    Marjis nickte und ergriff seine Hand, als er aufstand. Lys kam taumelnd auf die Füße, fing sich dann und folgte ihm.
    Kirian verlor endgültig jedes Zeitgefühl. Mit jedem Schritt schien die Dunkelheit um sie herum zu wachsen, bis es sich anfühlte, als wäre sie etwas Lebendiges. Etwas, was er einatmete und was sich in ihm ausbreitete. Etwas, das ihm unter die Haut kroch, seine Muskeln versteifte, seine Knochen hingegen auflöste. Als Marjis stolperte, reichte er die Fackel an Lys weiter und band sich das Kind vor den Bauch. Ihr Gewicht zerrte an ihm, obwohl sie so zart war. Trotzdem schüttelte er den Kopf, als Lys anbot, die Bündel zu übernehmen. Er wusste nun mit Sicherheit, dass er die Nähe des Drachens spürte. Eine fremdartige, schreckliche Kreatur, zu gewaltig, um sie zu begreifen.
    „Er beobachtet uns“, wisperte Lys. Er zitterte so stark, dass Kirian ihm hastig die Fackel abnahm.
    „Vergib mir, Nikor, dass ich deine Angst nicht verstehen konnte“, hörte Kirian ihn flüstern. Stechender Schmerz fuhr durch seinen Kopf, so stark wie schon lange nicht mehr.
    „Nikor, wer ist das?“, fragte er stöhnend und stützte sich an der Tunnelwand ab. Das Bild von einem jungen Mann mit rötlichem Haar blitzte vor seinen Augen auf und verschwand sofort wieder.
    Lys musterte ihn besorgt.
    „Einer der beiden Gardisten, die mich nach Irtrawitt begleitet haben“, erwiderte er unwillig. „Sie sind beide tot.“
    Kirian ballte die Fäuste, um nicht laut zu brüllen. Zwei Männer hatten sterben müssen, nur um ihn zu suchen? Einen kaputten Irren, der das wohl kaum wert sein konnte?
    „Runter“, sagte Marjis plötzlich und zappelte, bis Kirian die Fackel an Lys zurückgab und sie hinabsetzte.
    Sie hatte noch nicht ganz den Boden berührt, da geschah es:
    Die Finsternis jenseits der Flamme verdichtete sich zu einem Wirbel. Ein unirdisches Grollen erschütterte den Tunnel, und dann erhob sich eine Kreatur über sie, zu gewaltig, viel zu groß, um sie mit den Augen erfassen zu können. Wie passte sie bloß hier herein? Lys schrie anhaltend und verzweifelt, ließ die Fackel fallen und brach in die Knie, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Verwirrt betrachtete Kirian die Fackel, die nun erloschen war. Warum konnte er trotzdem noch sehen? Es schien, als würde das dreigehörnte Biest ein Licht verströmen, das nichts erhellte und trotzdem Sicht schenkte.
    Nur, dass es kein Geschenk war …                       
    Kirian musste hilflos mit ansehen, wie der Drache sich über Lys beugte. Das riesige Maul stieß gegen Lys Schulter, ohne ihn zu verletzen. Beinahe, als wollte er sich lediglich die Aufmerksamkeit des jungen Menschen sichern. Die Wucht der

Weitere Kostenlose Bücher