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Die Saat der Finsternis (German Edition)

Die Saat der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Saat der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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Nahrungsmangel, die Frostbrandwunden, der lange Weg, den sie gelaufen waren. Erschöpft schleppte er sich bis zum Höhleneingang und blickte hinaus. Er sah Felsen und Bergspitzen über sich und einen schmalen Pfad, der in die Tiefe zu führen schien. Nichts davon erkannte er. Also hatte der Drache sie anscheinend wirklich durch den ganzen Tunnel getragen, und sie befanden sich nun in der Nähe des Tempels, von dem Lys erzählt hatte. Oder etwa nicht? Waren sie vielleicht irgendwo anders an die Oberfläche geworfen worden, weit entfernt von jeglicher Hilfe?
    Die hoffnungslose Leere in seinem Inneren war ihm fremd. Kirian hatte seit dem Moment, als er von Ruquinn auf dem Pass geweckt worden war, an Zweifel und Angst gelitten, die in den vergangenen Tagen immer weiter gewachsen waren. Doch diese völlige Finsternis war falsch. Sie musste einfach falsch sein!
    Er schrak zusammen, als er eine Berührung an der Schulter spürte; einen Herzschlag später schmiegte Lys sich an ihn. Kirian wehrte ihn nicht ab, obwohl er nichts lieber getan hätte. So viel Nähe war ihm gerade unangenehm. Da Lys allerdings mindestens so elend aussah, wie er sich selbst fühlte, ließ er ihn gewähren.
    „Er hat uns ans Ziel gebracht“, sagte Lys heiser. „Wir hätten es ohne ihn wahrscheinlich nicht geschafft.“
    „Aber warum hat er das getan? Wenn wir ihn gestört haben, hätte er uns ganz einfach töten können.“
    „Das können wir die Priester fragen“, murmelte Lys und löste sich von ihm. Die Erleichterung, die Kirian deswegen empfand, verstörte ihn, doch er war zu müde, um noch länger darüber nachzudenken.
    Er verdient Besseres als jemanden wie mich! Er braucht den Mann, der ich einst war!
    Lys versuchte Marjis hochzuheben, ließ sie aber sofort wieder herunter.
    „Es ist nicht allzu weit bis zu dem Tempel“, presste er hervor, das Gesicht so bleich, die Wangen so sehr eingefallen, dass seine Augen riesig wirkten. „Du musst allein laufen.“
    Er ging voraus, hangelte sich mehr an der Felswand entlang. Kirian hätte ihm so gerne geholfen und konnte es nicht, da er sich selbst kaum aufrecht hielt. Immer wieder mussten sie pausieren, um nicht abzustürzen. Es ging sehr steil bergab, oft war der Untergrund rutschig und führte an Abhängen vorbei.
    Der Morgen schmolz dahin, die fahle Wintersonne stand bereits hoch am Himmel, als Lys plötzlich verharrte und über die Schulter zu Kirian sah. Er sagte nichts, lächelte nur schmal. Dann verdrehte er die Augen und brach zusammen. Kirian sank neben ihm auf die Knie, wollte ihm aufhelfen. Doch er spürte, dass er nun auch am Ende seiner Kraft angekommen war und nicht mehr aufstehen würde.
    Marjis stellte sich vor ihm hin und blickte auf Lys hinab.
    „Nur einen Moment ausruhen“, flüsterte Kirian. Sie schien ihn nicht zu hören, sondern begann zu schreien, ein lauter, schriller Ton, der schmerzhaft in seinen Ohren schrillte.
    „Hol Hilfe, Marjis, einfach den Weg hinab“, stammelte er, als alles vor seinen Augen zu flimmern begann. Dann fiel er in bodenlose Abgründe.
     
    Marjis betrachtete die beiden Männer, die bewusstlos übereinander lagen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Noch einmal schrie sie ihre Angst heraus, bevor sie sich neben Lys niederkauerte und sich neben ihm einrollte wie ein Kätzchen.

*
     
    „Hast du das gehört?“, fragte Nayamé mit gerunzelter Stirn und blickte in die Höhe. Sie war das Oberhaupt der weiblichen Priesterschaft von Onur, teilte sich die Führung des Tempels mit Onjerro, der den männlichen Geweihten vorstand. An diesem klaren Wintertag hielten die Priester ihre Mittagsandacht im Freien, während viele der Priesterinnen unterwegs waren, um Kranke zu pflegen und gebrechliche Gläubige, die nicht zum Tempel kommen konnten, in den umliegenden Dörfern zu besuchen. Nayamé hatte diese Gelegenheit genutzt, gemeinsam mit ihrer Tochter Arva loszuziehen, um Iqua-Wurzeln zu suchen, die so machtvoll gegen Schmerzen wirkten, leider aber nur selten zu finden waren.
    „Da, schon wieder“, rief Nayamé. „Ein Schrei, hast du ihn gehört?“
    „Ein Tier vermutlich“, erwiderte Arva mit all der überlegenen Geringschätzigkeit, die sechzehnjährigen Mädchen vorbehalten war.
    „Ich kenne kein Tier, das sich so anhört, selbst im Todeskampf nicht.“ Kurz entschlossen änderte Nayamé die Richtung und strebte auf den nächstgelegenen Pfad zu, der sie in die Höhe führen würde.
    „Es könnte gefährlich sein, Mutter!“, rief Arva ihr

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