Die Saat Der Makellosen
warten, solange ich Lust dazu habe! Und versuchen Sie ja nicht, mir etwas anderes weis zu machen! Noch habe ich Ihnen keinen Grund geliefert, dass Sie das Recht haben, sich hier zum Polizisten aufzuspielen! Sie sollten sich also besser zurückziehen, sonst haben Sie bald eine Anzeige wegen Belästigung am Hals!“
Der Typ tauschte einen Blick mit der Empfangsdame, der die Farbe in Romys Wangen trieb, weil sie genau wusste, was die beiden von ihr dachten. Das war die absolute Höhe, dass man ihr so etwas unterstellte. Sie hatte keinerlei Interesse an Ron Harper, außer ihm ordentlich die Meinung zu sagen und ihm vielleicht eine Vase an den Kopf zu werfen. Das Rauschen der dämlichen Fontänen im Hintergrund erinnerte sie nur daran, wie heiß das Blut gerade durch ihre Adern schoss.
„Vielleicht nehmen Sie mit Mr. Rys Harper Vorlieb, Miss Kiss?“, fragte die Frau wieder in diesem säuselnden Unterton, in dem jetzt eindeutig Belustigung mitschwang.
Klar, sie dachte bestimmt, das wäre der Künstlername eines karrieregeilen Showgirls, mit dem sich der gute Harper eingelassen hatte. Romy hätte ihr vor die Füße kotzen können.
„Nein! Ich möchte zu Ron Harper! Ich habe mich doch wohl klar genug ausgedrückt?!“, gab Romy zuckersüß zurück.
„Aber da kommt er schon auf uns zu…“
Romy fuhr herum und schnappte nach Luft, als sie feststellte, dass das keine Lüge war. Er war der letzte Mensch auf Erden, mit dem sie es gerade zu tun haben wollte. Sie griff nach der Mappe und hielt sie wie ein Schutzschild mit beiden Händen vor die Brust gepresst. Ihre Reaktion auf die Nähe dieses Mannes war schlimmer als in ihren Träumen. Sie wollte am liebsten weglaufen, so dass ein Zittern durch sie hindurch ging, weil sie ihren Körper zwingen musste, sich keinen Millimeter von der Stelle fortzubewegen. Sie wäre ihm sonst entgegen gelaufen anstatt von ihm fort…
Romy presste kurz die Lippen zusammen und schob sie dann zu einem Schmollen nach vorne, weil sie sich mühevoll davon überzeugt hatte, dass die Träume Hirngespinste waren, die keinerlei Begründung im wirklichen Leben hatten. Man konnte sich nicht zu jemandem hingezogen fühlen, den man nicht kannte und der zudem ein Monster war, wie sie sonst nur in Büchern oder Filmen vorkamen.
. . .
Der mentale Schrei ließ Rys in seinem Arbeitszimmer am Schreibtisch zusammenzucken und den Stift, mit dem er gerade für die Eagle Corp. wichtige Akten kennzeichnete, aus den Fingern gleiten. Es war ohrenbetäubend und ging einem durch und durch. Das Schlimmste war, dass er diese Stimme, die da in seinen Ohren wütete, kannte. Romana Kiss befand sich also in diesem Gebäude und wieder einmal in nicht sonderlich guter Laune.
Konnte Peachgirl sich eigentlich auch einmal benehmen wie eine Erwachsene? Was war jetzt wieder schief gelaufen? Soweit er wusste, machten die Enforcer ihre Sache mit der Bewachung gut und unauffällig. In diesem Punkt konnte Romy keine Klagen vorbringen. Er könnte ihr sogar sagen, dass sich Theodor Lancaster bereits mit ihrer Schwester angefreundet hatte. Natürlich nur, ohne ihr zu sagen, was genau er machte.
Theo war sehr erfinderisch, was Ausreden anging und war notfalls dazu in der Lage, Rebekas Misstrauen mit einem einzigen Gedanken mental zu ersticken. Die jüngere Schwester mochte zwar in einer vergleichsweise kleinen Stadt aufgewachsen und ein wenig naiver sein, als die ältere Schwester, aber sie führte sich wenigstens nicht auf wie eine Vierjährige, der man nicht mehr erlaubte, im dreckigen Sandkasten New York zu spielen.
Man würde die beiden Schwestern bald der großen Gesellschaft vorstellen. Wenn es Catalina ein wenig besser ging und das Orakel sämtliche Vorbereitungen zu ihrem Empfang getroffen hatte. Zwei neue, zukünftige Devenas. Was für eine Ehre im neuen Zeitalter. Selbst ein Mathematiker wie er, konnte sich davon beeindruckt zeigen.
Jetzt allerdings war Rys Harper keineswegs beeindruckt oder von ihrem plötzlichen Auftauchen irgendwie beehrt. Nein, er stand von seinem Schreibtisch auf, ballte die mächtigen Hände zu Fäusten und ärgerte sich schwarz, dass sein großer Bruder in einer Besprechung feststeckte, die nicht so bald beendet sein würde. Firmeninterne Angelegenheiten mit Vertretern des Militärs, die von der Eagle Corp. beliefert wurden. Rys war nicht dabei. Er kümmerte sich um das Tagesgeschäft und dazu gehörte heute anscheinend auch Romy.
In Sekunden war er beim Fahrstuhl und gab allen anderen Vampiren im
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