Die Saat Der Makellosen
Priester eher nach dem Gebot der Bescheidenheit lebte. Und wie hatte sie die Betonung des Wortes dein zu verstehen, wenn es um Nathan ging?
Sie hatte sich doch hoffentlich in diesem Punkt nicht verraten, oder? Es war schon schwer genug, sich nicht einfach in Nathans Arme zu werfen und mit einer Liebeserklärung heraus zu platzen, die er bestimmt nicht hören wollte...
Nathan schnalzte geringschätzend mit der Zunge, als sie ihn schadenfroh angrinste und glaubte, genau zu wissen, was in ihm vorging. Bescheidenheit konnte auch ein Mittel zur Tarnung seines wahren Ichs sein, doch natürlich hatte sie Recht damit, wenn sie von ihm dachte, es gäbe sinnvollere Dinge, um sein Vermögen auszugeben. Das Einkaufen in Designerboutiquen gehörte für ihn bisher jedenfalls nicht dazu. Für Cat allerdings würde er wahrscheinlich seinen letzten Cent ausgeben, wenn sie danach verlangte. Für sie würde er Wachs in ihren Händen sein und seine Kreditkarten ebenfalls. Und wenn es geboten worden war, dann ließ er sich eben bis zum Wochenende einen neuen Anzug anfertigen. Sofern sie tat, was er ihr gebot.
„Du möchtest also meine Begleitung zu deiner Einführungszeremonie? Und du möchtest, wie das Orakel, dass ich einen neuen Anzug trage?“
Nathan griff hinter sich an seinen Rücken und zog den neuen Dolch, den Orsen gefertigt und ihm überlassen hatte, aus einer Scheide, die unter seinen Sachen verborgen gewesen war. Ohne zu zögern, schnitt er sich in das Handgelenk, von dem sie schon einmal getrunken hatte und hielt den sofort heraus drängenden Fluss des Blutes allein durch seinen Willen davon ab, auf den Teppich zu seinen Füßen zu tropfen. Er wollte keinen Milliliter der von ihr so dringend benötigten Flüssigkeit vergeudet wissen.
Nathan streckte den angeschnittenen Arm zu ihr aus, präsentierte ihr die blutende Wunde und sah sie gleichfalls fordernd an. Keine Leistung ohne Gegenleistung.
Er konnte den Hunger in ihr aufschreien hören. Gierig und gemeingefährlich wie ein Tier, das in ihr wütete und gegen das sie sich sofort heftig zu wehren begann.
„Trink!“, befahl er ihr unnachgiebig und streng. „Konzentrier dich auf das Blut und hör auf, dich davor zu fürchten, mir weh zu tun. Das wird nicht geschehen.“
Sie zögerte immer noch und Nathan zwang sie dazu, auf ihn zuzugehen, in dem er über sie verfügte und ihren Körper manipulierte. Dadurch, dass sie nach ihrer Verwandlung schon mehr Macht erlangt hatte und sich ihre mentalen Fähigkeiten durchaus ihren vampirischen angepasst hatten, war es diesmal gar nicht so einfach, die natürlichen Widerstände in ihr zu umgehen und sein Eindringen in ihr Gehirn war nicht heimlich und unbemerkt, sondern mit Gewalt geschehen, um überzeugend genug zu sein und sie herauszufordern, sich zu verteidigen und im Gegenzug über ihn herzufallen.
„Trink, Catalina oder ich zwinge dich dazu!“
Und dann würde es am Samstag keine schöne Party geben, weil die Kraft, mit der sie sich gerade gegen ihn zu Wehr setzte, ihn soeben förmlich und unerwartet überrannte, sodass er zeitgleich den mentalen Haken von ihr und von seinem blutenden Puls lösen musste, weil sich der Schmerz, den ihre Abwehr verursachte, in seinem Kopf wie ein glühender Schürhaken in seinen Gehirnzellen bohrte und ihm die Konzentration raubte.
Sie war stark. Sehr stark. Er hatte keinen Zweifel mehr daran, dass sie durchaus in der Lage war, ihn zu töten und sich deswegen davor fürchtete, ihm nahe zu kommen, weil er sie nicht mehr kontrollieren und somit Einhalt gebieten konnte. Aber es ging nicht anders. Sie brauchte sein Blut, selbst wenn es seinen Tod bedeutete. Wenn sie es nicht nahm und die Verwandlung nicht perfekt gemacht wurde, dann würde sie selbst sterben. An ihren inneren, nicht entfalteten Kräften zugrunde gegangen.
Das konnte er auf keinen Fall zulassen.
Mit der Hand, in der er noch immer das Messer hielt, fuhr er sich an die Schläfe, um den Schmerz einzudämmen, der ihn blendete, aber die andere hielt er immer noch von sich gestreckt, um sie zu sich zu holen. Das sich ausbreitende Rinnsal auf dem flauschigen Boden würde hoffentlich Einladung genug bieten.
Cat musste wirklich an sich halten, als sein verheißungsvoller Duft in ihre Nase drang, den sie nun auch in der geringsten Konzentration wahrnehmen konnte. Sie forderte ihn lieber nicht heraus, als er ihr mit seinen Worten die Möglichkeit gab, denn dann würde nur eines zum anderen führen und damit meinte sie bestimmt nicht
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