Die Saat Der Makellosen
vorhanglose Wohnzimmerfenster schien, geweckt.
Ihr Nacken schmerzte. Sie hätte sich ein Kissen unterlegen oder richtig ins Bett gehen sollen, statt hier auszuharren. Die durchgesessene Couch aus zweiter Hand war längst nicht so bequem, wie es auf den ersten Blick aussah oder sich in der ersten liegenden Stunde anfühlte.
Bekky rieb sich mit einem kleinen Stöhnen das Genick und durchquerte immer noch nicht ganz wach das kleine Wohnzimmer, um in die Küche zu gehen. Vielleicht hatte Romy schon den Kaffee gekocht. Sie war immer so früh wach und selbst wenn sie jetzt im Bett lag und schlief, hatte sie in den frühen Morgenstunden eventuell schon eine Thermoskanne voll gekocht. Aber in der Küche war alles so, wie sie es am Abend zuvor zurückgelassen hatten. Weit und breit kein Kaffee. Bekky ging zur Spüle, um einen sich mit einem Schluck frischen Wassers den schalen Schlafgeschmack aus dem Mund zu spülen. Sie brauchte ganz dringend ihre Zahnbürste und eine Dusche. Doch vorher wollte sie nach Romy sehen.
An der Tür zu deren Zimmer, jede von ihnen besaß etwa 12 qm Wohnraum für sich allein, klopfte sie vorsichtig an, bevor sie die Klinke behutsam runter drückte und den zerwühlten Lockenkopf ins Zimmer steckte. Das Bett war ordentlich gemacht. Genau wie gestern Abend, als Bekky Romy dabei zugesehen hatte, wie sie ihre Sachen packte und schon mal im Flur bereitstellte, damit sie später in Ruhe losgehen konnte.
„Romy?“ Bekky war mit einem Mall hellwach. Sie ging durch die ganze Wohnung, um nach ihrer Schwester zu rufen und Ausschau nach deren Sachen von gestern Abend zu halten, die genau wie Romy nirgends zu sehen waren. Dann holte sie ihr Handy aus dem Zimmer und wählte die Nummer des Mobiltelefons ihrer Schwester, bei dem sich nur die beschissene Mailbox meldete. Sie war nicht nach Hause gekommen.
Ein eisiger Schauer lief über Bekkys Rücken und sie musste sich wirklich zwingen, ruhig zu bleiben und nicht gleich die Polizei zu rufen. Sie war die Polizei. Gut, nicht ganz, aber ihre Schwester war es und Romy wusste sich zu wehren. Das alles hier hatte sicher eine ganz harmlose, unbedeutende Erklärung. Was Bekky nicht im geringsten beruhigte. Wenn Romy jetzt auch nicht unten in den Geschäftsräumen war, würde sie ein klein wenig die Nerven verlieren und das war nicht gut. Gar nicht gut, denn dann passierten wieder diese schlimmen Dinge.
Sie eilte nach unten und verlor fast das Gleichgewicht auf den Treppenstufen. Gerade noch so konnte sie sich am Geländer festhalten und ihr Herz raste, als sie unten ankam und den Hauptraum der Detektei betrat.
„Romy?“ rief sie noch einmal und war sich fast sicher, dass sie ihre Schwester hier ganz sicher nicht finden würde, als sich plötzlich in der Besucherecke etwas regte. Und irgendwie roch es hier komisch. So nach eingelegten Pfirsichen und ein Gewürz, das Bekky nicht ganz definieren konnte. Ihre Schwester benutzte kein Parfum und selbst in einem teuren Nachtclub roch es nach Alkohol und Kippen. Wer war das? Durch die Glasbausteinwand konnte sie leider nicht hindurch gucken. Verdammt!
„Romy?“ Diesmal klang das ganze schon ein bisschen vorsichtiger, weil sie nicht sein konnte, dass es wirklich Romy war. Bekky nahm Kampfhaltung ein. Wenn das ein Einbrecher oder eine Einbrecherin war, dann konnte der oder diejenige etwas erleben.
Ganz vorsichtig ging sie Schrittchen für Schrittchen vorwärts, nur um im nächsten Moment bis ins Mark zu erschrecken, als vor dem Fenster draußen der dunkle Schatten eines gigantischen Typen auftauchte, der wie aus dem Nichts gekommen zu sein schien.
Und dann ging es im Büro plötzlich drunter und drüber. Die Stifte flogen in hohem Bogen aus den Boxen, Die Notizzettel, die vorher noch adrett und ordentlich an einem Block auf Romys Schreibtisch gehangen hatten, flatterten wie aufgescheuchte Hühner durchs Zimmer und eine Vase, in die später einmal frische Blumen sollten, weil sie ein netteres Ambiente erzeugten, in dem sich die Kunden wohlfühlen würden, krachte wie von Zauberhand geschoben auf den Boden, wo sie zerschellte. Dabei hatten sie doch gerade erst aufgeräumt. Sie war so unfähig und machte nur Ärger.
„SCHEISSE! NEIN! Das wollte ich nicht!“ Bekky brach sofort in Tränen aus. Sie sah nur noch das Chaos und achtete nicht mehr auf die komische Person in der Besucherecke, die sich im nächsten Moment Gott sei Dank als Romy und niemand anders herausstellte, mit dem sie in diesem Zustand kaum fertig geworden
Weitere Kostenlose Bücher