Die Saat Der Makellosen
zu erhalten. Alles im Leben war eine Prüfung. Jedoch hatte derjenige, den sie Gott nannten, nichts damit zu tun. Das waren alles Lasten des heiligen Orakels oder solche, die sie sich selbst aufgebürdet hatten. An Schicksal war nicht zu glauben. Höchstens an glückliche Fügung. Aber dieser Humbug war genau dasselbe.
Nathan straffte die Schultern und versuchte, aufrecht und ohne zu torkeln auf die Ausgangstür zuzugehen. Er musste unbedingt an die frische Luft.
„Ich muss noch mal zurück in die Kirche. Wenn du mit ihr sprechen willst, solltest du warten, bis sie wach ist. Sie braucht den Schlaf. Ich bin erst zum Sonnenuntergang wieder da. Für die Jagd. Bis dahin habe ich mich dann auch wieder vollständig im Griff, Theron.“
Zumindest hoffte er es. Aber sobald er genügend Abstand zwischen Catalina und sich gebracht hatte, würde es ihm sehr schnell wieder besser gehen. Der Einsatz der Warrior war nicht gefährdet. Er war schließlich nicht erst seit gestern Krieger.
Einige Zeit später…
Cat war völlig erschöpft eingeschlafen. Es war nicht die körperliche Anstrengung, die es geschafft hatte, sie auszuknocken. Vielmehr die absolute Offenheit gegenüber Nathan. Es war alles aus ihr heraus geflossen und dann war für ein paar Stunden keine Kraft mehr für etwas anderes gewesen, als wie tot zu schlafen.
Ihr erster Gedanke nach dem Aufwachen galt Nathan. Cat blieb völlig still liegen und starrte an die Decke des Zimmers, in dem sie untergebracht worden war. Es ging ihr schon viel besser, nachdem sie sich ausgeruht hatte. Der Schnitt an ihrem Oberschenkel war nicht mehr als ein Kratzer, deshalb würde sie bestimmt nicht das Bett hüten. Sie hatte die Anforderungen an sich selbst immer hoch gehalten. Sie konnte es sich auch jetzt noch nicht leisten, nachlässig zu werden.
Cat dachte über Nathans deutliche Worte nach. Er hatte sie ziemlich mit seiner Einschätzung erschreckt, dass sie vielleicht nur noch einen Monat zu leben hatte. Vier kurze Wochen. Auf so erbärmliche Art und Weise sterben zu müssen, wäre ihr vorgekommen, als würden die Tatarescus über den großen Teich hinweg das Todesurteil schließlich doch noch vollstrecken und sich dabei in der Ferne die Hände triumphierend reiben.
Cat seufzte leise und zog die Decke zur Seite, wo sie zu ihrer unangenehmen Überraschung entdeckte, dass sie in dem schönen Kleid geschlafen hatte, das nun vollkommen zerdrückt war. Sie stand auf und zog es aus, um es über einen Bügel zu hängen, bevor sie es noch schlimmer zurichtete. In dem großen Spiegel, der eine Tür des Schranks einnahm, konnte sie ihren Körper betrachten, der von unzähligen Narben übersät war. Sie hatte es vor Nathan nicht zugeben wollen, aber manchmal… Da war sie einfach nachlässig gewesen. In voller Absicht. Sie verspürte immer wieder den Drang, sich selbst zu bestrafen. Und der Schmerz übertönte die tiefe Abscheu, die sie jahrelang vor sich selbst empfunden hatte.
Nathan hatte Recht, sie musste sich endlich so akzeptieren, wie sie war. Und vor allen Dingen die Fehler, die sie in ihrem Leben begangen hatte. Sie konnte nichts davon rückgängig machen. Sie hatte sechs Jahre lang als echte Jägerin gelebt und weitere elf für ihre Vergehen gebüßt. Sie konnte wirklich nicht mehr so weiter leben. Es musste ein Ende haben. Sie war noch nicht bereit zu sterben, selbst wenn sie das vorhin noch gedacht hatte.
…Wenn du dich für unsere Seite entscheiden solltest, werden wir jemanden für dich finden, der diese Prozedur mit dir zusammen durchsteht… Cat umschlang sich mit beiden Armen und spürte eine tiefe Traurigkeit in sich aufsteigen. Jemanden finden… Das bedeutete, dass es nicht Nathan sein würde. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie es zulassen würde, dass ein anderer ihr so nahe kam, dass eine Verwandlung möglich sein würde. Vielleicht, wenn sie sterbenskrank war, aber wer würde sich dann noch zur Verfügung stellen?
Sie musste das eben so sehen, als wäre sie eine Lost Soul. Es wäre eine Rettung aus Barmherzigkeit und hätte nichts mit diesem besonderen Ritual zu tun, das eine Breed und einen Immaculate verbinden konnte.
Ja, sie war doch eine verlorene Seele… Nur würde sie später eben dem Tageslicht trotzen können. Auf diese Weise konnte sie mit ihrer Berufung weitermachen. Eben in verbesserter Form. Cat nickte entschlossen. Wenn die Krieger ihr einen Ausweg boten, dann würde sie ihn beschreiten. Sie konnte noch sehr lange kämpfen, wenn sie diese
Weitere Kostenlose Bücher