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Die Saat - Ray, F: Saat

Die Saat - Ray, F: Saat

Titel: Die Saat - Ray, F: Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fran Ray
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gleichzeitig, wie ein Feuerball Professor Hirsch erfasst. Ethan krümmt sich zusammen, doch er weiß, er sitzt in der Falle. Raus hier! Sofort!, kommandiert sein Gehirn, er robbt zur Flurtür, da stürzen auch schon brennende Holzbalken herunter, der Teppich wird zum Flammenmeer, das alles verschlingt, Fensterscheiben platzen, Leitungen knallen, hinter Ethan brennt der Türrahmen, er stolpert weiter, weg von den brennenden Teppichen und Wänden; eine Wand hinter ihm knickt ein, die Tür vor ihm springt aus den Angeln, die Balken brennen wie Fackeln, eine unglaubliche Hitze breitet sich aus, fällt über ihn her; er stürzt sich ins Feuer, taucht ein in die flüssige, brodelnde Hitze, Flammen fressen sich in sein Gesicht, in seinen Hals, in seine Arme, in seine Haut; die Feuerwalze überrollt ihn, doch er gibt nicht auf, etwas in ihm ist stärker als dieses Inferno; er schafft es ins Freie, wirft sich in den Schnee, wälzt sich hin und her, und zischend verlöschen die Flammen.
    Hinter ihm im Haus explodieren die oberen Fensterscheiben, dann fängt das Dach Feuer, während der Schnee fällt und fällt, Flocken, mit Funken vermischt. Wieder eine Explosion,und das Haus, die behagliche, so sicher erscheinende Zuflucht von Professor Hirsch und seiner Frau, löst sich auf in einem Feuerball, der hinaufsteigt in den Polarhimmel.
    Da glaubt er einen Schatten zu erkennen, rechts, wo der Wald anfängt. An irgendetwas zieht er sich hoch . Ein Baum? Ein Stein? Er taumelt, stolpert weiter Richtung Wald. Plötzlich schlägt die Hitze um in beißende Kälte, und er merkt, dass er keine Schuhe trägt, nur Socken. Auch seine Daunenjacke ist im Haus verbrannt. Der Himmel über ihm zieht sich zu einem schwarzen Trichter zusammen, saugt Ethan in sich hinein. Nicht jetzt! Er stemmt sich gegen diese Kraft, die ihn aus der Zeit herausreißen, ihn ohnmächtig machen will, er rappelt sich immer wieder auf, kommt auf die Füße, ignoriert die Kälte und stürzt auf die düstere Mauer der Bäume zu. Irgendwo muss ein Eingang sein, ein Durchgang, er zwängt sich zwischen zwei Baumstämmen hindurch, dringt ein in das noch kältere, noch feuchtere Dunkel der Nadelbäume. Hier, wo kaum Schnee den Boden erhellt und kein Sternenlicht hereinfällt, ist es stockfinster, nur tastend kommt er vorwärts. Wohin überhaupt? Ein heißer Hauch streift ihn, er duckt sich, da, wieder, es ist, als würden die dunklen Äste mit den spitzen Nadeln nach ihm greifen, ihn einfangen, festhalten, ihn umzingeln und dann ersticken. Wieder ein heißer Hauch, diesmal zuckt er nicht zurück, sondern greift sofort in die Richtung, fasst beim ersten Mal ins Leere, dann, beim zweiten Mal, stechen die Nadeln in seine Haut, haken sich fest, als wollten sie ihn jetzt nicht mehr loslassen, als wollten sie sein Blut, alles Leben aus ihm heraussaugen – ein Wald, der von Menschenblut lebt, die Wurzeln, über die er stolpert, sind Knochen der Toten, der Opfer, die dieser Wald gefordert hat – auch sein Leben will der Wald, diese düstere, abgeschiedene Natur, die allem Lebendigen auflauert, die es lockt mit dem Versprechen, ich schütze dich, und dann ihre Beute hinterrücks ins Verderben reißt.
    Er läuft weiter, er muss hinaus aus dieser todbringenden Welt, eine Wurzel wirft ihn zu Boden . Nicht liegen bleiben, das ist der Tod. Warum nicht sterben? Erfrieren ist sanft. Nicht jetzt. Nicht hier. Weiter. Irgendwoher hallen Stimmen. Stimmen von Menschen. Er dreht sich um, dreht sich, woher kommen sie? Da hinter den Stämmen – ein Licht? Feuerschein? Er kämpft sich weiter in diese Richtung, stolpert, rafft sich auf, hetzt auf dieses Licht und auf die Stimmen zu.
    Plötzlich ein Schatten vor ihm. Die Gestalt bewegt sich. Ein Schatten gleitet zwischen die Baumstämme und verschmilzt mit ihnen. Ethan wartet, ändert die Richtung, nach links, will die Gestalt von der Seite angreifen. Er duckt sich, schnellt vor und da, da hat er etwas in der Hand gehabt. Einen Arm? Einen Ast? Gefrorene Äste knacken, als sie unter raschen Schritten brechen.
    »He!«, hört er eine Stimme rufen, dann eilen sie auf ihn zu. Feuerwehr oder Sanitäter in grellen Uniformen. Ein Lichtkegel nähert sich ihm, erfasst ihn. Er hebt den Arm vor die Augen, sie lassen die Taschenlampen sinken und sagen etwas, das er nicht versteht. Eine Woge aus pechschwarzem Wasser rollt heran, ein uralter Albtraum, er hat ihn fast vergessen, er hat ihn nach Tonys Unfall jeden Tag geträumt, fast ein halbes Jahr lang. Sie heben

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