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Die Saat

Die Saat

Titel: Die Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillermo Del Toro
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es doch auch getan.«
    »Das ... das war etwas anderes. Er hat Nora und Jim angegriffen. «
    »Nun, Ihre Ethik von Notwehr und Selbstverteidigung hat auch in der jetzigen Situation Bestand. Was, wenn das Ziel dieser Kreaturen die totale Unterwerfung der Menschheit ist? Wie würde Ihre Antwort dann lauten?«
    Eph wollte sich nicht in abstrakte Diskussionen verwickeln lassen. Vor ihm lag einer seiner Kollegen. Ein Freund. »Na schön, Dr. Goodweather«, sagte Setrakian schließlich. »Bringen Sie mich zu den sterblichen Überresten des Piloten. Vielleicht kann ich Sie dann überzeugen.«
    Niemand sprach ein Wort, während der Fahrstuhl in den Keller fuhr. Unten mussten sie feststellen, dass die Tür zum Obduktionsbereich nicht mehr verschlossen war, sondern weit offen stand. Ein Sanitäter war dort. Und etliche Polizisten.
    Eph ging auf die Männer zu. »Was fällt Ihnen ein, hier ... « In diesem Moment bemerkte er, dass der Türpfosten Kratzspuren aufwies, der metallene Türrahmen verbeult, das Schloss von außen aufgebrochen war.
    Der Sanitäter hatte die Tür nicht aufgeschlossen. Jemand war eingebrochen.
    Eph warf einen raschen Blick in den Raum. Der Seziertisch war leer, Redferns Leiche verschwunden.
    Er wandte sich dem Sanitäter zu, als Setrakian ihn mit erstaunlicher Kraft am Arm festhielt. »Wir sollten besser gehen«, sagte der alte Mann.
    »Aber ich muss wissen, wo die Leiche abgeblieben ist.« »Sie ist weg. Und man wird sie nie wieder finden. Er hat seinen Zweck erfüllt.«
    »Seinen Zweck? Was soll das heißen?«
    »Er war ein Ablenkungsmanöver. Er ist genauso wenig tot wie die anderen Passagiere, die in den Leichenschauhäusern lagen.«
     
    Sheepshead Bay, Brooklyn
     
    Die frisch verwitwete Glory Mueller entdeckte die Meldung über die verschwundenen Leichen von Flug 753, als sie gerade im Internet recherchierte, was zu tun war, wenn ein Ehepartner starb, ohne ein Testament hinterlassen zu haben. Sie folgte dem Link und las, das FBI werde in der nächsten Stunde eine Pressekonferenz abhalten und eine Belohnung für jeden sachdienlichen Hinweis zum Verbleib der Opfer aussetzen, die bei der Regis-Air-Tragödie den Tod gefunden hatten.
    Die Nachricht jagte ihr einen gehörigen Schrecken ein.
    Und aus irgendeinem Grund fiel ihr ein, dass sie in der vergangenen Nacht aus einem Traum aufgewacht war, weil sie Geräusche auf dem Speicher gehört hatte.
    Was den Traum betraf, erinnerte sich Glory lediglich daran, dass Hermann, ihr verstorbener Ehemann, darin zu ihr zurückgekehrt war. Es hatte einen Irrtum gegeben, die Tragödie von Flug 753 hatte sich nie ereignet, und Hermann war mit einem» Tja-du-dachtest-wohl-du-wärst-mich-los«Lächeln an der Hintertür ihres Hauses in Sheepshead Bay aufgetaucht. Und hatte nach dem Abendessen verlangt.
    In der Öffentlichkeit spielte Glory die Rolle der trauernden Witwe, egal welche Untersuchungen und Gerichtsverfahren ihr noch bevorstanden. Doch ein Teil von ihr - ein sehr großer Teil- sah in den tragischen Umständen, die nach dreizehn Ehejahren zum Ableben ihres Mannes geführt hatten, ein Geschenk.
    Dreizehn Jahre Ehe. Dreizehn Jahre Schläge. Im Laufe der Zeit war es immer schlimmer geworden - bis er es schließlich sogar vor den Augen ihrer neun- und elf jährigen Jungs getan hatte. Glory hatte in ständiger Angst vor seinen Stimmungsschwankungen gelebt und als er vergangene Woche seine Mutter in Heidelberg besucht hatte, hatte sie sich gestattet, darüber nachzudenken, wie es wohl wäre, die beiden Jungs zu nehmen und abzuhauen. Nur ein Tagtraum natürlich.
    Wohin hätte sie gehen können? Und: Was hätte er ihr und den Jungs angetan, wenn er sie erst einmal aufgespürt hätte - was unweigerlich geschehen wäre.
    Aber Gott meinte es offenbar gut mit ihr. Sie und die Jungs waren befreit worden. Die Gewalt war aus ihrem Haus gewichen.
    Glory trat ans Ende der Treppe und sah zu der Speicherklappe auf, die sich in der Decke im ersten Stock befand, zu dem Seil, das von der Klappe herunterhing.
    Die Waschbären waren wieder da. Hermann hatte einmal einen von ihnen auf dem Dachboden gefangen, den vor Angst panischen Eindringling in den Garten gebracht und vor den Augen der Jungs an ihm ein Exempel statuiert ...
    Nie wieder! Es gab nichts mehr, wovor Glory Angst haben musste.
    Die Jungs würden frühestens in einer Stunde zu Hause sein; sie beschloss, in der Zwischenzeit hinaufzugehen. Ohnehin hatte sie Hermanns Sachen durchgehen wollen. Dienstag war Sperrmülltag -

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