Die Saat
Oberschenkelarterie. «
Die Verletzung an Jims Hals war so sauber, dass sie so gut wie nicht erkennbar war. »Warum Blut?«, fragte Eph.
»Es enthält Sauerstoff, Eisen und viele andere Mineralien.«
»Sauerstoff? «
Setrakian nickte. »Unter anderem besteht die Metamorphose darin, dass Kreislauf und Verdauungssystem ähnlich wie bei Insekten miteinander verschmelzen. Ihrem eigenen blutähnlichen Plasma fehlt es an der Eisen-Sauerstoff-Kombination, die für die rote Färbung des menschlichen Bluts verantwortlich ist. Ihr Plasma wird weiß.«
»Und was ist mit den Organen? Redferns Organe sahen fast wie Krebsgeschwüre aus.«
»Das Organsystem wird verzehrt und vollständig transformiert. Die Befallenen atmen nicht mehr, sie respirieren lediglich in einer Art rudimentärem Reflex, aber eine Sauerstoffanreicherung des Bluts findet nicht mehr statt. Die nutzlos gewordene Lunge verkümmert schließlich und wird anderen Zwecken zugeführt.«
»Als Redfern uns angriff, hatte er einen Auswuchs im Mund. Eine Art Stachel aus Muskelsträngen, direkt unterhalb der Zunge.«
»Ja, er schwillt bei der Nahrungsaufnahme an.« Setrakians Stimme klang, als würde er über das Wetter reden. »Der Stachel, wie Sie ihn nennen, ist eine Verschmelzung des Rachens, der Luftröhre und der Lungenflügel mit dem neu gebildeten Gewebe. Der Vampir kann dieses Organ ein bis zwei Meter weit aus der Brusthöhle schleudern. Wie einen umgestülpten Ärmel. Ich weiß nicht, wie ich es genau beschreiben soll. Sie sind der Wissenschaftler.«
»Ja, das habe ich auch gedacht«, murmelte Eph. »Bis jetzt zumindest. «
»Ich dachte immer, Vampire trinken das Blut von Jungfrauen und verwandeln sich in Fledermäuse«, sagte Nora. »Nun, das sind romantische Vorstellungen«, erwiderte Setrakian. »Leider. Die Wahrheit ist viel ... wie soll ich sagen ... «
»Perverser«, ergänzte Eph. »Ekelhafter«, ergänzte Nora.
»Nein.
Banaler.
Ja, das ist das richtige Wort. Haben Sie im Flugzeug Ammoniak entdeckt?«
Eph nickte.
»Vampire haben ein sehr kompaktes Verdauungssystem.
Es gibt nirgendwo Raum, um die aufgenommene Nahrung zu speichern, unverdautes Plasma sowie alle anderen Rückstände müssen also umgehend ausgeschieden werden. So wie bei einer Zecke, bei der die Ausscheidung noch während des Fressens stattfindet.«
In diesem Moment veränderte sich die Temperatur hinter den Plastikvorhängen, sie konnten es ganz deutlich spüren. Ein Schwall Hitze schlug ihnen entgegen.
Setrakians Stimme wurde zu einem Zischen.
»5trigoi.«
Eph schob die Vorhänge etwas zur Seite und sah Jim an.
Dessen Augen waren geöffnet, die Iris dunkel, die sie umgebende Lederhaut so grauorange wie die Dämmerung. Er starrte an die Decke.
Setrakian streckte das Rückgrat durch und legte die Hand auf den Knauf seines Gehstocks. Bereit zuzuschlagen. Tiefer, uralter Hass loderte in seinen Augen.
Ein leiser, kaum hörbarer Seufzer kam von Jims Lippen.
Und dann ein Wort: »Professor ... « Seine Lider fielen zu. »Aber wie ... «, sagte Eph. »Woher kennt er Sie?«
»Er kennt mich nicht«, erwiderte Setrakian. »Er ist jetzt eine Drohne, Teil eines Schwarms. Eines aus zahllosen Einzelwesen bestehenden, kollektiven Körpers mit einem einzigen Willen.« Er sah Eph an. »Er -
es
- muss vernichtet werden.«
»Was? Nein!«
»Er ist nicht mehr Ihr Freund. Er ist jetzt Ihr Feind.« »Selbst wenn das wahr wäre ... ist er doch immer noch mein Patient.«
»Dieser Mann hat alle Krankheiten weit hinter sich gelassen, Dr. Goodweather. In wenigen Stunden wird nichts Menschliches mehr von ihm übrig sein. Es ist äußerst gefährlich, ihn hierzu behalten. Sie setzen die Leute in diesem Gebäude einer großen Gefahr aus. Denken Sie an den Piloten.«
»Und was, wenn ... wenn er kein Blut bekommt?« »Nach achtundvierzig Stunden ohne Nahrungsaufnahme versagt sein Körper. Sein Stoffwechsel hält sich an den übrig gebliebenen menschlichen Muskel- und Fettzellen schadlos, verzehrt sich langsam selbst. Bis schließlich nur noch der Organismus des Vampirs übrig bleibt.«
Eph schüttelte den Kopf. »Wenn diese Krankheit durch ein Virus verursacht wird, dann gibt es auch ein Gegenmittel«
»Es gibt nur ein einziges Gegenmittel. Den Tod. Die Vernichtung des Körpers. Und es ist ein Akt der Barmherzigkeit, glauben Sie mir.«
»Wir sind aber keine Tierärzte. Wir können nicht einfach Menschen den Gnadenschuss geben, weil sie zu krank zum Überleben sind.«
»Bei dem Piloten haben Sie
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