Die Sache mit Callie und Kayden
wollte ich dich bitten, mit mir wohin zu fahren. Da ist etwas sehr Wichtiges, dass ich dir erzählen muss … Es hat mit dem zu tun, was an jenem Abend beim Pool-Haus passiert ist.« Seine Augen wirken schwer, und seine Stimme klingt steif.
»Okay. Muss ich jetzt gleich mitkommen, oder kann ich erst duschen? Ich fühle mich echt eklig.«
Er lacht. »Du kannst erst duschen. Ich warte draußen bei den Bänken auf dich.«
Ich stehe auf und möchte ihn auf einmal umarmen. »Gut, ich beeile mich.« An der Tür bleibe ich stehen, eine Hand am Knauf. »Danke, dass du dich um mich gekümmert hast, Kayden.«
»Nicht der Rede wert.« Er zögert. »Ich schulde dir noch einen Haufen solcher Nächte, bis wir je quitt sind.«
Kayden
Letzte Nacht habe ich so gut wie nicht geschlafen. Ich lag im Bett, lauschte Callies Atem und versuchte, im Takt mit ihr zu atmen. Ein Teil von mir wünschte, sie würde einfach immer weiter schlafen, damit ich neben ihr liegen bleiben könnte.
Als die Sonne über den Bergen auftauchte, beschloss ich, dass es Zeit war, ihr die Wahrheit zu sagen. Sie sollte wissen, worauf sie sich einlässt. Dann kann sie entscheiden, ob sie mich wirklich will, denn ich scheine unfähig, ihr fernzubleiben.
Ich bin wahnsinnig nervös, als ich den Berg hinauffahre, an dem wir unsere erste gemeinsame Wanderung gemacht haben. Den Truck parke ich nahe der Baumgrenze, und wir steigen aus. Unter dem blauen Himmel wandern wir auf die Hügel zu.
»Klettern wir wirklich wieder da rauf?«, fragt sie und blickt an der Felswand hinauf, als wir uns nähern. Ihr Haar fällt ihr über den Rücken, und sie hat die Arme vor der Brust verschränkt.
Ich steige auf einen Findling am Wegrand und sehe mich um. »Heute ist es ruhig.« Ich setze mich und tippe auf die Stelle neben mir. »Setz dich zu mir.«
Sie kommt rüber, und ich reiche ihr die Hand, um ihr auf den Stein zu helfen. Sie setzt sich neben mich, stützt die Hände hinter sich auf und sieht zu den Hügeln vor uns. Für einen Moment schließe ich die Augen, fühle alles und weiß, dass es entweder gut geht oder schrecklich daneben, wenn ich ihr alles erzähle.
»An dem Abend, als du kamst und mein Vater mich verprügelte«, beginne ich, ehe ich doch noch kneife, »war es nicht das erste Mal, dass er mich geschlagen hat.«
Sie wirkt nicht überrascht. »Wie oft hat er dich verprügelt?«
Ich beobachte ein Blatt, das vor uns im Wind schwebt, auf und ab treibt, bevor es hinaus ins weite Tal segelt. »Weiß ich nicht … Ungefähr mit sieben oder so verlor ich den Überblick.«
Sie holt hörbar Luft und dreht den Kopf zu mir. »Hat er dich auch so verprügelt, als du klein warst?«
Ich zucke mit den Schultern, weil es keine große Sache ist. »Das machte er eben. Häufiger wenn er betrunken war, aber auch nüchtern. Wenn ihn etwas aufregte, was wir machten, hat er uns eben keinen Hausarrest gegeben oder Spielzeug weggenommen, sondern uns geschlagen und angebrüllt.«
Lange Zeit bleibt sie ruhig und betrachtet die Wolken am Himmel. »Was hattest du an dem Abend getan, das ihn so wütend machte?«
»Ich hatte mir die Hand verletzt.« Unwillkürlich spreize ich meine Finger vor mir. Ich erzähle ihr nicht, dass ich es absichtlich getan hatte. Dafür bin ich noch nicht bereit. »Er hatte Angst, dass ich mir meine Football-Karriere kaputtmache.«
Wieder wird Callie still. »Warum hast du nie etwas dagegen getan? Es jemandem erzählt oder dich gewehrt?«
Und da ist es. Hierauf hatte ich gewartet. Sie begreift, wie kaputt die Situation ist. »Weiß ich nicht. Zuerst war ich wohl zu jung, um zu kapieren, dass es nicht normal war, und als ich alt genug war, um etwas zu tun, war es mir einfach egal. Manchmal denke ich, dass ich innerlich schon tot bin.« Ich zucke mit den Schultern, zweimal, und zwinge mich, sie anzusehen.
Überrascht zieht sie die Brauen hoch, doch in ihrem Blick ist nicht der Hauch eines Vorwurfs. »War dir egal, dass er dich schlägt?«
Ich schließe die Augen und atme die kalte Luft ein. »Deshalb erzähle ich dir das. Ich kann echt nicht gut mit Gefühlen umgehen, und wahrscheinlich mache ich dicht und tue eine Menge bescheuerter Sachen. Du musst dich von mir fernhalten.«
Es ist still, und ich öffne die Augen wieder. Fast rechne ich damit, dass sie weg ist, aber sie beobachtet mich. Ihre Brust hebt und senkt sich mit ihren Atemzügen. Sie starrt mich an. Dann verlagert sie ihr Gewicht, rutscht näher zu mir, und ich verkrampfe mich. Callie kniet
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