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Die Sache mit dem Ich

Die Sache mit dem Ich

Titel: Die Sache mit dem Ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fischer
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Jahrhunderten die Leib- und Magendroge der Somalis, deren möglichst frisch geerntete Blätter der Konsument ein paar Stunden kauen muss, bis sie eine Wirkung entfalten, die der eines sanften Amphetamins ähnlich ist – mit erweiterten Pupillen, glasigem Blick, wirren Gedankengängen und grün gefärbtem Zahnfleisch. Und da viele Somalis das Zeug den ganzen Tag lang kauen, landet der Brei eben oft auf dem Fußboden des Sixeighty und macht ihn zu einer Art Kunstrasen, den auch das beste Scheuermittel nicht mehr rauskriegt. Das ist leider noch nicht alles: Einen ihrer größten Coups landeten die Somalis, als es ihnen vor zwei Wochen gelang, die Zimmer 320 und 321 abzufackeln. Was genau dort geschah, bleibt bis heute ungeklärt, auch Mister Shabaan schweigt zu dem Vorgang. Vielleicht kommen wir dem X-Faktor näher, wenn wir uns etwas intensiver mit diesem Vorgang beschäftigen.
    »Was war da los in den Zimmern, Osman? Fackeln? Offenes Feuer? Bettraucher?«
    »Ich hab nichts damit zu tun gehabt. Frag Abdulrahman.«
    »Wie war das mit den Zimmern, Abdulrahman?«
    »Keine Ahnung, wie Osman auf die Idee kommt, dass ich auch nur das Geringste darüber weiß. Frag doch Ali.«
    »Ali?«
    »Ich weiß auch nichts Genaues, meine aber, gehört zu haben, dass es irgendwelche Abgal-Typen aus dem Süden Mogadischus waren. Frag doch mal den Ministerpräsidenten!«
    Keine schlechte Idee.

    Ministerpräsident Ali Mohammed Ghedi trifft man nicht im Hotel Sixeighty. Man trifft ihn am Pool des Hotel Jaracanda in Nairobis Villenviertel Westlands.
    Ghedi ist ein dünner Mann mit einem an den Schultern etwas zu großen Anzug, dafür aber sehr hübschen Schuhen, schwarzen Loafern. Das Parlament hat sich vor allem auf ihn einigen können, weil er mit Politik vorher nicht viel zu tun hatte. Eigentlich ist er Tierarzt, Spezialgebiet Rinder und Kamele. Kamele sind wichtig in Somalia, sie waren jahrtausendelang praktisch die Landeswährung, bis sie von Gewehren, Luftabwehrraketen und Panzerwagen abgelöst wurden.
    »Bleibt Mogadischu Hauptstadt, Herr Ghedi?«
    »So steht es in der Charta. Ja.«
    »Werden äthiopische Truppen nach Somalia kommen, Herr Ghedi?«
    »Davon ist mir nichts bekannt.«
    »Wie ist die Situation in Mogadischu?«
    »Nicht so schlimm, wie viele meinen.«
    »Trotz der Bombe, die dort gerade explodiert ist? Trotz des Mordes an Kate Peyton?«
    »Das könnte auch ein Unfall gewesen sein. Aufgrund der unzureichenden technischen Wartungsmöglichkeiten explodiert in Mogadischu fast jeden Tag etwas.«
    »Trotz der Macht der islamischen Fundamentalisten?«
    »So groß ist die nicht.«
    »Wann fahren Sie nach Mogadischu?
    »Nächste Woche.«
    »Wann genau?«
    »Nächste Woche.«
    »Mit oder ohne den Präsidenten?«
    »Wir planen noch.«
    »Im Hotel Sixeighty sind die Zimmer 320 und 321 abgebrannt. Was wissen Sie darüber?«

    Ghedi sieht mich kurz an, bevor er aufsteht und geht.
    Kein Problem, dann frage ich eben den Präsidenten. Eine gewisse Auskunftspflicht hat er mir gegenüber. Leider hat Abullahi Yusuf gerade keine Zeit, weil er sich mit Abgeordneten der äthiopischen Regierung trifft. Dafür Bari Bari, sein Sprecher.
    Bari Bari ist ein kluger, leicht übergewichtiger Mann, der in Italien Politik studiert hat. Um ihn zu treffen, geht man weder ins Sixeighty noch ins Jaracanda. Um ihn zu treffen, geht man ins Grand Regency im Zentrum, dessen Zimmer das Sechsfache kosten.
    »Bleibt Mogadischu Hauptstadt, Herr Bari Bari?«
    »Nein. Haben Sie nichts von dem Bombenanschlag und dem Mord an der BBC – Journalistin Kate Peyton gehört?«
    »Werden äthiopische Truppen nach Somalia kommen, Herr Bari Bari?«
    »Somalia ist ein sehr, sehr krankes Land. Es leidet an vielen Viren: am Bürgerkrieg, an der Anarchie und seit einiger Zeit auch am Stachel des islamischen Fundamentalismus, der sich tief ins Fleisch unseres Landes gebohrt hat. Und was tun Sie mit einem kranken Land? Sie holen einen Arzt.«
    Bari Bari ist ein Mann, der gern in Bildern spricht. Ich auch: »Und der heißt Dr. med. Äthiopien?«
    Bari Bari grinst kurz, verfällt aber sofort wieder in seinen Vortrag. »Wir brauchen Hilfe, verstehen Sie? Finanziell und in Form von internationalen Friedenstruppen aus Europa, der Arabischen Liga – und eben auch von der Afrikanischen Union und Grenzländern wie Äthiopien, Kenia und Dschibuti.«
    »Wann fährt der Präsident nach Mogadischu?«
    »Erst mal fährt er in zwei Tagen nach Baidoa und Bossasso. Möchten Sie mit?«
    »Überlege

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