Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
weil sie Sex gehabt hatten, hieß es nicht automatisch, dass Monty ihn liebte. Immerhin war Sex auch für Jo bisher bedeutungslos gewesen. Warum sollte es bei Monty anders sein?
Jo war zwar der Erste gewesen, aber deshalb verliebte man sich ja nicht gleich. Hatte Jo schließlich auch nicht. Sein erster Sex lag lange zurück. Da war er vierzehn gewesen. Ein Quickie auf einer Sommerparty. Er wusste nicht mal mehr ihren Namen. Jungfrau war sie auf jeden Fall nicht mehr gewesen. So lief es danach auch weiter. Sie sahen sich, verschwanden hinter dem Gartenhäuschen, kamen zur Sache, das war es. Es war nie auf Liebe hinausgelaufen. Man vergnügte sich miteinander, dann ging das Leben einfach weiter.
Mit Monty gab es mehr. Es war klasse mit ihm Sex zu haben. Dabei hatte Jo gestern kein einziges Mal daran gedacht, noch wesentlich intimer zu werden, als nur mit den Händen. Er hatte auch lieber nichts in dieser Hinsicht versucht, weil er die wunderbare Stimmung nicht zerstören wollte. Irgendwann würde Monty vielleicht auch dazu bereit sein, es war nicht so wichtig Vielleicht wenn er Jo besser kannte, sie mehr Zeit miteinander verbracht hatten.
Jo wusch sich Rasierschaum vom Kinn und betrachtet sich kritisch. Eventuell würde Monty, in den nächsten Ferien mit ihm nach Spanien, in das Haus der Bergenfelds an der Küste fliegen? Dort wären sie ungestört. Er könnte ihm etwas von der Gegend zeigen, sie würden spanisch essen gehen, herumalbern und wer weiß, was man in heißen, spanischen Nächten so alles machen konnte. Ein schöner Anfang für ein Leben zu zweit.
„E is for the extasy“, summte Jo vor sich hin, als er das Badezimmer verließ. Abrupt stockte er, als ihm bewusst wurde, an was er da gerade gedacht hatte: Er hatte wahrhaftig geplant, mit Monty zusammen zu sein. Er schmiedete sogar schon Pläne für sie zwei.
Ganz klar. Er war echt in ihn verknallt. Aber warum denn eigentlich nicht?
Sein Vater wäre ganz bestimmt nicht davon begeistert, wenn er ihm Monty kurzerhand als seine neu, süße Freundin vorstellen würde. Selbst in Verkleidung würde das nicht funktionieren, darauf würde niemand hereinfallen. In manchen Dingen war Jos Vater konservativ eingestellt. Dazu gehörte auch, dass er sehr feste Vorstellungen davon hatte, wie er sich einen Nachfolger im Konzern vorstellte. Was Jo ansonsten trieb, schien seine Eltern im Grunde nicht zu interessieren, solange sie davon nichts wussten.
Wenn Jo ernsthaft mit Monty zusammen sein wollte, würde er ihnen seinen Freund - keine Freundin - präsentieren müssen. Auf ein Versteckspiel hatte Jo keine Lust. Wie er seinen Vater einschätzte, würde dieser allerdings keinen offen schwulen Sohn als Nachfolger für seine Firma haben wollen.
„Dabei bin ich bi“, murrte Jo gedankenverloren. „Aber in einen Jungen verliebt.“ Eine Tatsache, die er seinen Eltern sehr, sehr schonend beibringen musste.
Er griff nach seiner Tasche, schnappte sich seine Autoschlüssel und ging in die große Eingangshalle. Die Putzfrauen kamen ihm entgegen und er grüßte sie gedankenversunken freundlich zurück. Nur aus dem Augenwinkel bemerkte er, dass die zwei türkischen Frauen ihm erstaunt hinterher sahen. Hatte er sie sonst nicht gegrüßt? Vermutlich nicht, wenn er ihre verblüffte Reaktion bedachte.
Während er zum Café an der Kirche fuhr und sein Frühstück einpackte, grübelte Jo darüber nach, wie er seinem Vater am geschicktesten beibringen konnte, dass der einzige Erbe und zukünftige Geschäftsführer seiner Firma, auf Männer stand. Genau genommen auf einen im Besonderen. Einen Zirkusjungen, der nicht nur fremd aussah, sondern in einer so kleinen Wohnung lebte, dass sie bequem in sein Wohnzimmer gepasst hätte.
Jo fand keine Lösung, zumal ihm mit einem Mal einfiel, dass es da ja noch ein Problem gab. Das war circa zwei Meter groß, breit wie eine Schrankwand und stark wie ein Elefant: Montys Vater.
Was dieser wohl sagen würde? Begeistert würde er kaum sein. Wusste er, das Monty schwul war? Ganz bestimmt nicht.
Ach Mann, warum wurde es jetzt plötzlich so kompliziert, wo es mit Monty viel einfacher geworden war?
Jo parkte auf dem Schulparkplatz, sprang aus dem Cabrio und schulterte seine Tasche. Er sah sich suchend in Richtung Fahrradständer um, musste aber enttäuscht feststellen, dass Monty nicht dort war. Jo seufzte. Es würde ihm verdammt schwerfallen, bis zur ersten Pause zu warten.
Vor dem Klassenraum traf er Sven, der ihn böse ansah. „Hey, Sonnyboy.
Weitere Kostenlose Bücher