Die Sache mit Jo und Mo (German Edition)
Der hatte echt keinen Schimmer davon.“ Noch immer empört schüttelte Jo den Kopf. Versonnen lächelte er, nahm einen Schluck von seiner Cola. „Ich hab es auseinandergenommen und danach im See hinten im Park versenkt, dann haben sie es kapiert und mir das Richtige gekauft.“
Jo lachte auf, wurde hingegen sofort ernst, als er Montys Gesicht sah, der ihn nachdenklich betrachtete.
Komisch. Damals hatte er die Aktion witzig gefunden, jetzt regte sich so etwas wie ein schlechtes Gewissen in ihm.
„Also bekommst du wirklich immer alles, was du willst“, stellte Monty fest, seine Stimme klang eindeutig mitleidig, was Jo erstaunt aufsehen ließ.
„Eigentlich, ja“, stimmte dieser zögernd zu. Wenn Monty das so sagte, fühlte Jo sich plötzlich schlecht. Etwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen. Warum fühlte sich sein Leben plötzlich anders, falsch und merkwürdig leer an?
Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus. Jo kaute nachdenklich an seiner Unterlippe herum. Er hatte doch ein gutes Leben, was beschwerte er sich eigentlich? Geld, jede Freiheit, er sah fantastisch aus und er war mit Monty hier. Alles lief bestens.
Spontan wuschelte Jo diesem durch die Haare. Monty zuckte überrascht zurück und Jos Lachen durchbrach die melancholische Stimmung.
„Und du? Was hast du noch so für Geheimnisse? Erzähl mal, wie war dein Leben da beim Zirkus.“ Das interessierte ihn wirklich. Alles an Monty interessierte ihn schließlich.
Für einen Moment schienen sich Montys Augen zu verdunkeln, Jo bereute schon fast seine Frage. Monty seufzte, nahm einen tiefen Schluck von seiner Cola und erklärte: „Es war schön. Eine tolle Gemeinschaft. Jeder war für jeden da. Wie eine große Familie eben.“
Jos Blick hing an den traurigen, dunklen Augen. Die langen Wimpern beschatteten sie jetzt stärker, weil Monty den Kopf ganz leicht gesenkt hielt.
„Vermisst du es?“, fragte Jo leise nach. Montys Ausdruck machte ihn betroffen, zog sein Herz zusammen.
„Ja. Es war ein ganz anderes Leben.“ Natürlich vermisste er es, das konnte sogar Jo erkennen. Es musste eine besondere Welt sein. Eine Welt, in der sich Monty geborgen und wohl fühlte. Nicht so isoliert wie in dieser Welt. Fremd und schwul.
„Dein Vater ...“, begann Jo zaghaft. „Wieso ist er denn nicht ...“ Sofort spannte sich Montys Körper an und Jo wagte es nicht weiter zu fragen. „Ach vergiss es, ich bin mal wieder viel zu neugierig.“
Er wollte Monty auf gar keinen Fall wieder zum Heulen bringen, darin schien Jo besonders gut zu sein. Zerknirscht wandte er sich ab. Nur um gleich darauf einem Impuls nachzugeben, seine Hand zu heben und mit dem Daumen sanft tröstend über Montys Wange zu streichen. Überrascht blickte dieser hoch.
„Naja ...“, begann Monty zögernd. „Meine Mutter ...“ Erneut stockte er, kämpfte die Tränen zurück. Jo bereute es, ihn überhaupt derart ausgefragt zu haben, bevor er allerdings etwas sagen konnte, fuhr Monty schon fort: „Sie waren vier Jahre zusammen. Sie ist zu ihm gezogen und hat den Zirkus und ihre Familie für ihn verlassen. Mein Vater ist keiner von uns, kein Sinti oder Roma. Das hat mein Großvater ihr sehr übel genommen.“ Er seufzte.
„Als mein Großvater sich bei einem Auftritt so verletzt hat, dass er nicht mehr auftreten konnte, ist meine Mutter dennoch zurückgekehrt und hat mich mitgenommen. Nicht jeder der Sippe hat das gut gefunden, aber Großvater hat dafür gesorgt, dass wir aufgenommen wurden.“
Monty zog auch das zweite Bein an sich, lehnte sich zurück und umklammerte das Glas mit beiden Händen. „Wir haben eine Stuntgruppe in unserem Zirkus. So Stunts vom Pferderücken aus. Man galoppiert einmal rund um die Manege, steht auf dem Pferderücken, lässt sich runterfallen, springt wieder rauf und so. Dabei ist Großvater leider unters Pferd gekommen.“
Durch die Nase holte Monty tief Luft und stieß sie seufzend aus. „Der Zirkus ist ein Familienunternehmen, jeder gehört dazu. Das ist meine Sippe. Die Flying Montgomerys. Das sind wir. Da hat jeder mitgemacht.“
„Du auch?“, rutschte es Jo verblüfft heraus. Er musterte Montys schlanke Gestalt. Ja, athletisch genug war er, aber so etwas traute er dem scheuen, unscheinbaren Jungen nicht zu.
Monty lächelte und nickte. „Aber klar. Das ist nicht weiter schwer. Man muss nur sehr schnell sein und ein gutes Rhythmusgefühl haben.“
„Echt? Du bist damit aufgetreten?“ Jo sah ihn noch verblüffter an. Bislang war ihm Monty
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