Die Sadir-Katastrophe
Sekunden. Ein Fingerdruck auf das rot blinkende Sensorfeld der Alarmstartfunktion genügte. In nur wenigen Sekunden fuhr der im Leerlauf vorgehaltene deGrell’sche Schwerefeldantrieb auf Volllast hoch. Dadurch wanderten etliche Kontrollen zwar in den roten Bereich, aber das Schiff schoss förmlich wie ein Pfeil, der von der Sehne schnellte, in den Raum davon. Mit linear steigender Geschwindigkeit raste der TESECO- Raumer in die Tiefe des Weltraums hinein. Tom belastete den deGrell bis über seine nominale Höchstleistungsgrenze hinaus. Als sie etwa eine Million Kilometer von der Beulenkugel entfernt waren, ging hinter ihnen eine Miniatursonne auf. Blendende Helligkeit breitete sich aus, und zeugte von den gewaltigen Energien, die dort bei der Vernichtung des fremden Raumschiffes freigesetzt worden waren. Die von den Ortern erfassten Werte machten den TESECO- Spezialisten an Bord der ATHENE klar, dass sie jetzt tot wären, hätten sie nicht noch rechtzeitig die Flucht ergriffen. Auf diese Distanz hin bestand jedoch keine Gefahr mehr für den Erdkreuzer.
Schlagartig wich die Anspannung von den Raumfahrern. Glenn stieß ein lautes „Puuuh!“ aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er, die beiden Frauen, Nomo und Roy waren wenige Minuten nach dem Alarmstart in der Kommandozentrale erschienen und hatten das weitere Geschehen von ihren Kontrollpulten aus verfolgt.
„ Das ging ja gerade noch einmal gut“, seufzte Harriet erleichtert.
„ Ich hoffe bloß, dass wir unsere Schutzengel nicht irgendwann einmal überstrapazieren“, sagte Tom mit sorgenvollem Gesicht.
Doch dann traf sein Blick die Gestalt von Roy Anthony, und ein freudiges Lächeln wischte alle Sorgen beiseite. Er stand auf, ging zu seinem Funker hinüber und nahm ihn in den Arm, um ihn kurz und kameradschaftlich zu drücken. Abschließend fuhr er ihm mit der Hand durch den blonden Haarschopf.
„ Du hast uns große Sorgen bereitet, Roy“, sagte er, und man merkte ihm Rührung wie Freude über das unverhoffte Wiedersehen mit dem schlanken Engländer deutlich an.
„ Hast du mit einer hübschen Außerirdischen angebändelt und dann von deren erbostem Ehemann eine verbraten bekommen?“
„ Klar, Chef“, antwortete Roy vergnügt und von den großen Sorgen der letzten Tage befreit. „Man hat mich gerade zu einem Vaterschaftstest bringen wollen.“
Erleichterte Fröhlichkeit brach sich mit allgemeinem Gelächter die Bahn, und für die nächsten Minuten herrschte ein sprachliches Durcheinander, weil jeder gleichzeitig mit dem Engländer sprechen und seiner Freude über die glückliche Rettung Roys Ausdruck verleihen wollte. Das ging solange, bis der Commander seine Arme empor hob und die Crewmitglieder zur Ruhe aufforderte.
„ Leute, Leute, so kommen wir auf keinen grünen Zweig“, rief er.
„ Ich schlage vor, wir lassen unseren guten Roy in aller Ruhe erzählen, was mit ihm geschehen ist, OK?“
Dann nickte er dem Kommunikationsspezialisten zu.
„ Also gut, Roy, lass hören. Wir sind schon sehr gespannt auf deine Geschichte!“
Und der blonde Engländer begann zu berichten…
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Sadir stand wie ein drohendes, gleißend helles Fanal am Himmel von Topic. Die Sonne strahlte glutende Hitze auf den Planeten ab. Kaum ein Mensch hielt sich noch im Freien auf, denn die Tagestemperaturen überschritten die 40°C- Marke bei weitem. An manchen Orten wurden sogar schon 50°C im Schatten gemessen. Es gab bereits Probleme mit der Wasser- und Energieversorgung. Auf einigen der größeren Inseln und Landmassen brannten die Wälder. Fische und Pflanzen in den seichteren Lagunen starben, wurden zu Pfühlen des Todes, weil sich dass Wasser bereits zu sehr erhitzt hatte. Vögel fielen einfach tot von den Bäumen, und die wenigen Bodentiere verdursteten qualvoll weil alle Süßwasserquellen nach und nach austrockneten. Angesichts der wachsenden Bedrohung sprach nun auch die Planetare Administration davon, dass man den Planeten geordnet evakuieren müsste, bis sich das massive, energetische Ungleichgewicht Sadirs wieder normalisiert hätte.
Peter Olson hielt das für Augenwischerei. Seiner Meinung nach handelte es sich nicht nur um ein ‚energetisches Ungleichgewicht’. Nein, er hegte den Verdacht, dass in der Sonne des Planeten ein Prozess in Gang gekommen war, an dessen Ende
wohl nur die Vernichtung stehen
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