Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth
sollten gleich ihre Lektion erteilt bekommen. »Gilbert und Hugh, ergreift diesen Bauern, und haltet ihn fest«, befahl er in ruhigem Ton.
Athelstan redete immer noch. Die beiden Ritter saßen ab und näherten sich ihm. Seine Geschichte vom Schweinefieber verebbte, und die Ritter packten ihn an den Armen. Er wurde bleich vor Furcht.
William wandte sich mit der gleichen ruhigen Stimme wieder an Walter: »Hast du deine Kettenpanzerhandschuhe dabei?«
»Ja, Herr.«
»Zieh sie an. Erteile Athelstan eine Lektion. Aber lass ihn am Leben, damit er die Kunde davon verbreiten kann.«
»Jawohl, Herr.« Walter entnahm seiner Satteltasche ein paar lederne Handschuhstulpen mit feinem Kettenpanzer auf den Knöcheln und den Rückseiten der Finger. Bedächtig zog er sie an. Die versammelten Dorfbewohner beobachteten ihn mit Grauen, und Athelstan stöhnte auf.
Walter stieg vom Pferd, ging auf Athelstan zu und versetzte ihm mit einer gepanzerten Faust einen Schlag in den Magen. Der Aufprall klang ekelhaft laut.
Athelstan klappte zusammen, viel zu benommen, um aufschreien zu können. Gilbert und Hugh zogen ihn wieder auf die Beine, und Walter schlug ihm ins Gesicht. Blut sprudelte ihm aus Mund und Nase. Eine der Zuschauerinnen, wahrscheinlich seine Frau, kreischte auf und warf sich schreiend auf Walter: »Halt! Lasst ihn los! Bringt ihn nicht um!«
Walter schubste sie beiseite. Zwei andere Frauen ergriffen sie und hielten sie zurück. Sie ließ nicht locker und wehrte sich noch immer. Die anderen Bauern sahen feindselig schweigend mit an, wie Walter Athelstan systematisch bis zur Bewusstlosigkeit zusammenschlug.
»Lasst ihn los«, sagte William schließlich.
Gilbert und Hugh gaben Athelstan frei. Er sackte zu Boden und rührte sich nicht. Die beiden Weiber ließen seine Frau los, die zu ihm hinüberrannte und sich schluchzend neben ihm auf den Boden kniete. Walter streifte die Handschuhe ab und wischte das Blut und die Fleischfetzen aus den Panzerketten.
William hatte bereits das Interesse an Athelstan verloren. Er ließ seinen Blick über das Dorf schweifen und bemerkte am Ufer des Baches einen offensichtlich neuen, zweistöckigen Bau. Er deutete mit dem Finger darauf und fragte Arthur: »Was ist das?«
»Ich habe es noch nie zuvor gesehen, Herr«, erwiderte Arthur beunruhigt.
William glaubte ihm nicht. »Das ist doch eine Wassermühle, oder?«
Arthur zuckte mit den Achseln, aber seine Gleichgültigkeit überzeugte William nicht. »Ich wüsste nicht, was sonst dort unten am Wasserlauf stehen sollte.«
Wie konnte er nur so anmaßend sein, nachdem er gerade mit eigenen Augen gesehen hatte, wie ein Bauer auf Williams Befehl halb tot geschlagen worden war? Am Rande der Verzweiflung fragte William: »Dürfen meine Leibeigenen ohne meine Erlaubnis Mühlen bauen?«
»Nein, Herr.«
»Und wisst Ihr auch, warum es verboten ist?«
»Damit sie ihr Getreide in die Mühlen ihres Herrn bringen und ihn dafür bezahlen, dass es dort gemahlen wird.«
»Und der Herr profitiert davon.«
»Jawohl, Herr.« Arthur sprach mit der gleichen Herablassung, mit der man einem Kind die simpelsten Dinge erklärt: »Aber wenn sie für den Bau einer Mühle eine Buße zahlen, nimmt der Herr ebenso viel ein.«
William fand seinen Ton zum Verrücktwerden. »Nein, er nimmt nicht ebenso viel ein. Das Bußgeld ist stets geringer als das, was die Bauern andernfalls zu zahlen hätten. Und deswegen bauen sie so gerne Mühlen. Und deswegen hätte mein Vater das nie zugelassen.« Ohne Arthur Gelegenheit zu einer Erwiderung zu lassen, versetzte er seinem Pferd einen Tritt und ritt zur Mühle hinüber. Seine Ritter folgten, und der kunterbunte Haufen der Dorfbewohner schloss sich ihnen an.
William stieg ab. Das Gebäude ließ nicht den geringsten Zweifel an dem Zweck, dem es diente. Unter dem Druck des schnell fließenden Wassers drehte sich ein großes Schaufelrad, das wiederum eine Achse in Bewegung setzte, die durch die Seitenwand der Mühle ins Innere führte. Eine solide Holzkonstruktion, die die Planung auf Dauer verriet. Wer auch immer die Mühle errichtet, hatte damit gerechnet, sie jahrelang ungestört betreiben zu können.
Der Müller stand draußen vor der offenen Tür und trug einen Ausdruck gekränkter Unschuld zur Schau. In dem Raum hinter ihm stapelten sich fein säuberlich die Getreidesäcke. William stieg vom Pferd. Der Müller verneigte sich höflich, aber lag da nicht eine Spur von Verachtung in seinem Blick? Wieder einmal wurde William
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