Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
allem. Denn dann hätten wir weder eine Stadtmauer noch Mannsvolk, das sie verteidigt.«
    Recht hat sie, dachte Jack. Was nützt eine Mauer, wenn keine Männer zu ihrer Verteidigung da sind, weil sie meinen, ihre Frauen und Kinder im Wald beschützen zu müssen? Und William ist ohne Weiteres fähig, die Stadt in Ruhe zu lassen, wenn er dafür die Frauen umbringen kann …
    »Jack«, sagte Philip. »Ihr seid der Baumeister. Lässt sich eine Stadtmauer in einem einzigen Tag errichten?«
    »Ich habe darin keine Erfahrung«, gab Jack zu. »Allerdings brauchten wir einen Plan. Wir müssten nur für jeden Bauabschnitt einem erfahrenen Maurer die Verantwortung übertragen. Der Mörtel wird jedoch bis Sonntagmorgen nicht trocknen und die Mauer die am schlechtesten gebaute von ganz England sein. Trotzdem – ich glaube, wir können es schaffen.«
    Philip wandte sich an Richard. »Ihr seid schlachtenerprobt. Was meint Ihr? Können wir William zurückwerfen, wenn wir eine Stadtmauer haben?«
    »Bestimmt«, gab Richard zurück. »Bedenkt – er glaubt, er kann die Stadt im Sturm nehmen; er hat keine Belagerung geplant. Findet er jedoch eine Befestigung vor, kann er kaum etwas tun.«
    Philip wandte sich an Aliena: »Ihr habt ein Kind zu beschützen. Was ist Eure Meinung? Schlagen wir uns in die Büsche in der Hoffnung, William setzt uns nicht nach – oder trotzen wir ihm mit einer Mauer?«
    Jack hielt den Atem an.
    Aliena ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. Dann sagte sie: »Es geht nicht nur um unser nacktes Leben. Ihr, Philip, habt Euer Leben diesem Kloster geweiht; Jack träumt schon seit Ewigkeiten vom Bau dieser Kathedrale. Wenn wir jetzt davonlaufen, ist der Sinn Eures Lebens dahin. Und was mich angeht – ich habe einen ganz besonderen Grund, William einen Sieg zu missgönnen. Ich meine, wir sollten bleiben.«
    »In Ordnung«, stellte Philip fest. »Wir bauen die Stadtmauer.«
    Bei Einbruch der Nacht schritten Jack, Richard und Philip die Stadtgrenzen mit Laternen ab und berieten sich, wie die Mauer verlaufen sollte. Kingsbridge lag auf einem niedrigen Hügel, der zur Hälfte vom Fluss eingerahmt wurde. Da das Flussufer zu seicht war, um dort eine Mauer ohne Fundamente errichten zu können, schlug Jack vor, Palisaden zu bauen. Richard war’s zufrieden: Die konnte der Feind nur vom Wasser her überwinden, und das war fast unmöglich.
    Blieben zwei weitere Stellen, die, wie Richard erklärte, teilweise mit Gräben und Erdwällen geschützt werden konnten: Das genügte überall da, wo der Feind zum Angreifen zunächst den Hügel überwinden musste. Nur dort, wo kein Abhang Schutz bot, musste eine Mauer her.
    Jack trommelte seine Bauleute aus ihren Hütten, ihren Betten und aus der Schenke zusammen. Er schilderte die Lage und ernannte Verantwortliche für jeden Mauerabschnitt. Die Zimmerleute waren für die Palisaden, die Maurer für die Steinbauten, die Lehrlinge und die Tagelöhner für die Erdwälle zuständig. Er bat jeden Einzelnen, seinen Bauabschnitt noch vor dem Schlafengehen mit Pfählen und Schnur zu markieren und sich zu überlegen, wie am raschesten und wirkungsvollsten gebaut werden konnte. Kurze Zeit später sah der Stadtrand aus wie eine punktierte Linie aus lauter blinkenden Lichtern, in deren Schein die Handwerker ihrem Auftrag nachgingen. Der Schmied schürte das Feuer in seiner Bauhütte und machte sich daran, Spaten herzustellen.
    Die ungewohnte Geschäftigkeit störte die Stadtbewohner in ihren allabendlichen Ritualen, sodass die Bauleute den schläfrigen Neugierigen immer wieder erklären mussten, was sie taten. Nur die Mönche, die schon bei Nachtanbruch zu Bett gegangen waren, lagen im tiefen Schlaf gnädiger Unkenntnis.
    Um Mitternacht, als die Bauleute ihr Werk beendet hatten und auch die Stadtbewohner wieder in ihre Betten gekrochen waren, wurden die Mönche geweckt. Die Gebete wurden abgekürzt, danach gab es Brot und Bier im Refektorium, und Philip erklärte die Lage. Die Mönche sollten am Tage die Organisation übernehmen, und zwar in Gruppen, die jeweils einem bestimmten Bauabschnittleiter zugeteilt waren. Dessen Anordnungen hatten sie auszuführen und darüber hinaus das Graben, Ausheben und Herbeiholen von Baumaterial zu überwachen. Das Wichtigste war, wie Philip betonte, dass die Zufuhr der benötigten Materialien – Steine, Mörtel, Bauholz und Werkzeuge – niemals eine Unterbrechung erfuhr.
    Jack fragte sich währenddessen, was William wohl plante. Earls­castle lag einen guten

Weitere Kostenlose Bücher