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Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth

Titel: Die Säulen der Erde - The Pillars of the Earth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Maggie schrie so laut, dass man ihn nicht hörte. Die Situation war so recht nach Williams Geschmack, und er kostete sie weidlich aus: die entsetzte Frau, die Ritter, die sie festhielten, der Ehemann als Zuschauer …
    Da wurde der starre Blick des Müllers auf einmal unstet und schweifte ab.
    William spürte die Gefahr. Alle Anwesenden starrten ihn und das Mädchen an. Wenn Wulfrics Aufmerksamkeit jetzt noch abgelenkt werden konnte, dann nur noch durch eines: die Aussicht auf Rettung. William drehte sich um und blickte zum Eingang. Im gleichen Moment traf ihn etwas Schweres und Hartes am Kopf.
    Er brüllte auf vor Schmerz und brach über der Müllerin zusammen, sein Gesicht krachte gegen das ihre. Dann hörte er plötzlich zahlreiche Männerstimmen und bekam am äußersten Rand seines Blickfelds mit, dass auch Walter zu Boden ging, offenbar ebenfalls von einem Keulenschlag getroffen. Die Ritter gaben Maggie frei; in ihrer Miene spiegelten sich Schrecken und Erleichterung. Sie wand sich unter Williams Körper hervor. Er ließ sie laufen und rollte sich schnell zur Seite.
    Dann war urplötzlich ein wild aussehender Mann mit einer Holzfälleraxt über ihm. Um Gottes willen, wer ist denn das, dachte er. Der Vater des Mädchens? Er sah, wie Guillaume aufstand und sich umdrehte. Im nächsten Augenblick fuhr die Axt in Guillaumes ungeschützten Nacken. Die scharfe Klinge drang tief ins Fleisch. Guillaume brach tot zusammen und fiel auf William, dessen Tunika von oben bis unten mit Blut bespritzt wurde.
    William schob die Leiche von seinem Körper. Als er wieder imstande war, sich umzusehen, erkannte er, dass die Mühle von einer Bande wilder und ungewaschener Männer mit struppigem Haar und abgerissenen Kleidern überfallen worden war. Sie waren mit Keulen und Äxten bewaffnet und schienen überall zu sein. William erkannte den Ernst der Lage. Hatten sich die Dorfbewohner zusammengerottet, um die Müllerin zu befreien? Was fiel diesen Kerlen ein? Noch ehe der Tag sich neigte, würden die Rädelsführer an den Bäumen hängen! Wutentbrannt rappelte er sich auf und griff nach seinem Schwert.
    Es war nicht da. Er hatte den Gurt abgenommen, um die junge Frau zu vergewaltigen.
    Hugh Axe, Ugly Gervase und Louis waren in einen erbitterten Kampf verwickelt. Ihre Gegner waren weit in der Überzahl – eine tobende Horde außer Rand und Band geratener Bettler. Zwar lagen ein paar tote Bauern auf dem Boden herum, doch wurden die Ritter zusehends in die Enge getrieben. Der kreischenden nackten Maggie war es noch nicht gelungen, sich an dem Gedränge vor der Tür vorbeizuzwängen. Der Anblick ihrer fülligen weißen Hinterbacken erweckte in William, dem herrschenden Chaos zum Trotz, durch Bedauern getrübte Begierde. Doch da sah er plötzlich, dass auch Wulfric gegen einen der Angreifer kämpfte. Wieso schlug sich der Müller mit einem Mann, der seiner Frau zu Hilfe gekommen war? Was, zur Hölle, ging hier vor?
    Aufgeregt suchte William nach seinem Schwertgurt und fand ihn, fast unmittelbar vor seinen Füßen, auf dem Boden liegend. Er hob ihn auf und zog die Waffe aus der Scheide. Dann sprang er zwei, drei Schritte zurück, um sich noch ein paar Augenblicke aus dem Getümmel herauszuhalten. Dabei fiel ihm auf, dass die meisten Angreifer gar nicht kämpften, sondern sich die aufgestapelten Mehlsäcke schnappten und mit ihnen davonliefen. Jetzt fiel es William wie Schuppen von den Augen: Das war keine Befreiungsaktion zorniger Dörfler, sondern eine Attacke von außen. Die Angreifer waren an Maggie überhaupt nicht interessiert, ja sie hatten anfangs gar nicht gewusst, dass William und seine Ritter in der Mühle waren, geschweige denn, was sie dort trieben. Sie wollten die Mühle überfallen und Williams Mehl stehlen – sonst gar nichts.
    Es waren Outlaws.
    Die heiße Wut überkam ihn. Endlich, dachte er. Endlich eine Gelegenheit zurückzuschlagen und mit dieser tollwütigen Bande abzurechnen, die meine Grafschaft terrorisiert und meine Scheuern ausraubt …
    Die Angreifer – es waren ungefähr zwanzig – waren seinen Rittern zahlenmäßig weit überlegen, und William staunte über ihren Mut. Gemeinhin stoben die Bauern vor einem Rittertrupp wie ein aufgeregter Hühnerhaufen davon – ganz egal, ob sie zweifach oder zehnfach in der Überzahl waren. Diese Kerle hier schlugen sich wacker, und wenn einer aus ihren Reihen fiel, ließen sie sich dadurch nicht entmutigen. Sie waren offenbar zu allem bereit – notfalls auch zum

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