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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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zermalmten die Blöcke, aus denen die Straße gebaut war, doch daneben waren die Hügel unberührt und friedlich, und die Erde hatte sich nicht aufgetan. Tahan konnte nur hoffen, dass es so blieb, dass sein Vetter keine neuen Soldaten schuf. Dieses Heer würde reichen, um Helsten in Grund und Boden zu stampfen.
    Noan wollte seinen pelzbesetzten Mantel verkaufen und war bereit, sich die Edelsteinsplitter aus dem Haar zu schneiden, doch die Dörfler auf ihrem Weg wollten nichts davon, sie hatten ganz andere Sorgen. Die Erntezeit lag noch in weiter Ferne, und über die Wintervorräte war die durchziehende Armee hergefallen. Die Fürsten hatten genug lebendige Männer bei sich, die Nahrung brauchten. Die Glassoldaten dagegen hatten die einfachen Leute nicht nur begeistert, weil sie kein Brot aßen, sondern weil die Macht des neuen Königs in ihnen wohnte. Wo immer Noan und Tahan hinkamen, waren die Menschen voller Hoffnung und Euphorie, und die beiden Verfolger hüteten sich wohlweislich, ihre wahren Absichten preiszugeben. Trotzdem verkaufte ihnen niemand Pferde, es gab einfach keine mehr, Dasnaree hatte sie alle für sein Heer beschlagnahmt.
    In den ersten Tagen schienen Tahan und Noan auf der Stelle zu treten; statt mit Vergeltung waren sie mit so profanen Dingen wie wunden Füßen und knurrendem Magen beschäftigt. Jagen war zeitraubend, da sich das Wild weit von der Straße in die Tiefen der Wälder zurückgezogen hatte. Für Beeren oder gar Pilze war es zu früh im Jahr.
    Â» Welchen Mond haben wir? « , fragte Noan, während sie am Ufer eines Baches entlangstapften, um die Reusen der ansässigen Fischer zu plündern. » Beginnt nicht bald der zweite Mea-Zyklus? « Ungläubig streifte er eine Handvoll kirschroter Beeren von einem Zweig. » Müssten die nicht erst im Sommer reifen? «
    Der Baum blüht und trägt Früchte, alles zugleich. Wachstum und Niedergang, Jugend und Alter, er ist alles.
    Wie eine kalte Hand legte sich die Furcht um Tahans Herz. Dasnaree und der Baum. Sie waren zusammen Skalt, sie waren wie Götter, sie konnten alles verändern– das Wetter, die Erde, die Zyklen.
    Â» Er braucht den Sommer für seinen Feldzug « , sagte er. » Also zwingt er ihn herbei. «
    Â» Er kann das Wetter beeinflussen? « , fragte Noan entsetzt.
    Erst jetzt verstand Tahan, was er selbst getan hatte, noch bevor er den Baum geweckt hatte. Er dachte an den Schnee, der viel zu früh gekommen war. An Tauwetter, an Regen. Er dachte an seine wilden, aufgepeitschten Gefühle, die Stürme hervorgerufen hatten. Es tat zu weh, sich daran zu erinnern, wie nahe er der Macht gewesen war, die die Welt aus den Angeln heben konnte.
    Doch was Dasnarees Armee half, tat auch ihnen gut. Sie kamen schneller vorwärts, ein Teil ihrer Sorgen war wie weggewischt. Das Land brach in einen üppigen Sommer aus, und in den Dörfern winkten ihnen fröhliche Menschen mit roten Wangen und glänzenden Augen zu, Menschen, die vom vielen Jubeln schon heiser waren. Hier konnten sie ohne Schwierigkeiten zwei Pferde erwerben.
    Um sie herum sangen die Vögel so laut, dass es schmerzte, während sie hektisch Nester bauten. Warmer Wind machte das Übernachten im Freien angenehm, und die Früchte wuchsen ihnen beinahe in den Mund.
    Alles war so wunderschön, dass Tahan nicht wusste, wohin mit seiner Wut. Seine Hand brannte, obwohl er nicht bedroht wurde, und er wünschte sich Ungeheuer und Wegelagerer herbei statt Blumen und Gezwitscher.
    Ungeduld trieb ihn voran, machte ihn ungerecht mit den Pferden, die in freudiger, gelöster Stimmung waren, aufgelegt zum Tänzeln und Herumspringen wie langbeinige Fohlen. Er war so versunken in seinen Zorn, dass er lange nicht merkte, wohin die Straße sie führte. Erst als Noan sich mit wildem, brennendem Blick umsah, begriff er, dass sie in Birin waren.
    Â» Sie war hier « , flüsterte Noan. » Es ist, als würde jedes Haus, jeder Felsen von ihr sprechen. «
    Inständig hoffte Tahan, dass sie Jalimey nicht begegneten. Er hoffte es, und gleichzeitig wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie wiederzusehen, sie für sich zu gewinnen, selbst wenn das hieß, dass er Noans Freundschaft verlor. Natürlich würde sie ihn hassen. Dass er ihr nicht gefolgt war, würde sie ihm nie verzeihen. Je näher sie dem Herrenhaus des Grafen kamen, desto unruhiger wurde er. Jeden

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