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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Zähnen, knirschte und schmeckte widerlich. Wie konnte er jemanden mit » Herr « anreden? Niemand stand über ihm. Niemand, außer dem König und der Königin. Nicht einmal sein älterer Bruder, solange dieser das Erbe nicht angetreten hatte, nicht einmal Meriwan, der Held von Jakont. In seinem ganzen Leben hatte Tahan niemanden » Herr « genannt, geschweige denn hatte er je vor jemandem auf den Knien gelegen.
    Â» Zeig deinen Nacken. «
    Er gehorchte, schob den Zopf zur Seite.
    Â» Kein Leibeigenenzeichen « , stellte der Hauptmann fest. » Du bist frei geboren? «
    Ich bin der Prinz, du Idiot! Es auch nur zu denken legte ihm sofort die stacheligen Früchte auf die Zunge, die Schmerz bedeuteten. » Ich komme aus Ganashk. Dort ist selbst ein einfacher Mann ein freier Mann, Herr. «
    Der Siljalinion kratzte sich am Kinn. Nicht viele Söldner dienten im Heer des Königs; die meisten Ausländer ließen sich von den Helstenern anwerben. Ein Grund mehr, warum sie hierzulande nicht beliebt waren.
    Â» Das ist gegen die natürliche, von den Göttern festgelegte Ordnung. « Dem Grafen missfiel Tahans unversehrte Haut offensichtlich. » Wenigstens bringst du ein eigenes Schwert mit und ein Reittier. Wir werden sehen, ob du dich bewährst. Melde dich da drüben hinter dem weißen Zelt bei Sinor Niefon, der die Untertruppe anführt. Das sind raue Gesellen, die dich keinen Augenblick unbeobachtet lassen werden. Falls du ein Spion sein solltest, nimm dich in Acht. Entferne dich nie vom Lager. Geh nie weiter als dorthin, von wo du den Turm im Auge behalten kannst. «
    Der Wachturm hatte schon bessere Tage gesehen. Er war kaum mehr als eine halb verfallene Festung, aus deren Trümmern eine hohe, aus groben Quadern gemauerte Säule ragte. Dunkle, glänzende Rinnsale aus Harz bedeckten die grauen Bruchsteine, doch von den dazugehörigen Bäumen waren nur noch Stümpfe übrig.
    Â» Ich bin kein Spion, Herr. «
    Â» Das hoffe ich für dich. Du kannst jetzt gehen. «
    Tahan biss die Zähne zusammen, während er sich erhob. Er senkte den Kopf, um die Wut in seinen Augen zu verbergen. Den Hieb in den Rücken ignorierte er, obwohl es ein Leichtes gewesen wäre, den Mann zu töten. Der Ärger über die demütigende Behandlung war beinahe größer als seine Angst vor dem Schmerz. Doch wenn er hier in Ohnmacht fiel, machte er sich erst recht zum Gespött. Er musste die Wut horten, jedes Quäntchen Zorn in seinem Innern ansammeln. Die Stunde würde kommen, in der aus jeder Herzensaufwallung eine Flamme entstehen würde, die alles niederbrannte. Bald schon. Sehr bald.
    Â» Der macht es nicht lange « , hörte Tahan den Hauptmann murmeln, als er zwischen den Zelten zu seinen neuen Kameraden marschierte.
    Er war entschlossen, ihn eines Besseren zu belehren.
    Warte nur. Ich werde dir zeigen, wer ich bin.
    Die Wachtürme lagen auf einer Linie, die sich durchs ganze Tal hindurchzog; tiefe Wälder begrenzten den Fluss auf der terjalischen Seite. Am jenseitigen Ufer erhoben sich von zahlreichen Höhlen durchlöcherte Hänge. So war Tahan tatsächlich im Jakont-Tal gelandet, dem Ort von Meriwans Heldentaten. Es war ganz anders, als ihn die Erzählungen hatten glauben machen. In den Liedern am Kaminfeuer hatte der Schlachtenlärm alles beherrscht, die stampfenden Hufe der Pferde, die Schreie der Männer. In Wirklichkeit war der Wald unnatürlich still. Die Stämme ragten bis in den Himmel, so mächtige Baumriesen, dass vier Männer sie kaum hätten umfassen können, und über ihnen breiteten die gewaltigen Kronen sich als undurchdringliches Dach aus, durch das kaum ein Sonnenstrahl drang. Am Boden wucherte dorniges Gestrüpp, das sich an Hosen und Mänteln festklammerte und blutige Wunden in die Haut riss, die sich rasch entzündeten.
    Â» Vorgestern ist ein Mann an einem Kratzer gestorben « , erzählte einer der Soldaten.
    Da hob Niefon die Hand, und die Männer hielten neben ihm und lauschten. Tahan wusste genau, warum sie ihn auf diese Erkundungsgänge mitnahmen, obwohl er immer noch im Verdacht stand, ein Spion zu sein. Über die Hälfte der Kundschafter kam nie zurück. Es war, als hätten die Helstener den Wald bereits erobert, obwohl er auf dieser Seite des Flusses lag.
    Â» Horcht « , wisperte Niefon.
    Tahan spitzte die Ohren. Dies war der vierte oder fünfte Gang,

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