Die Saeulen der Macht
zu kämpfen. Sie waren taub und blind. Kam denn keiner jemals auf die Idee, die brennende Heldengestalt so lange zu verfolgen, bis das Leuchten erlosch? Tahan wünschte sich nichts mehr als das, und manchmal lagen ihm bittere Wort über ihre Einfältigkeit auf der Zunge, doch der Fluch schlief nie. Nicht einmal eine Andeutung schlüpfte ihm über die Lippen.
Der Geruch von Blut stumpfte die Ãbrigen ab. Für Tahan dagegen war es, als würde seine Nase immer empfindlicher werden. Er roch das Blut auf den Waffen und Kleidungsstücken, das sich trotz wiederholten Waschens nicht völlig entfernen lieÃ. Ihm wurde übel, wenn sie nach der Schlacht die Leichen ihrer Kameraden aufschichteten und verbrannten, die gefallenen Feinde jedoch in eine rasch ausgehobene Grube warfen, wo sie ohne Ehre und Erlösung vermodern mussten. Ein Würgereiz überkam ihn, wenn einer der Männer ihm ein Kaninchen oder einen Fasan vor die FüÃe schleuderte, damit er das Tier ausnahm und häutete oder rupfte. Alles stank nach Tod, Knochen splitterten zwischen seinen Zähnen, das Blut stank zum Himmel.
Es geschah nicht jedes Mal, dass er sich in Singendes Schwert verwandelte. Die Erscheinung des Helden war nicht planbar. Er tauchte auf, wenn die Truppe in Bedrängnis geriet, doch auch das nicht zuverlässig. Allzu oft geschah es, dass Tahan mit eigener Kraft um sich hacken musste, mit diesem Beidhänder, der für einen Mann von gröÃerer Statur geschmiedet worden war, vielleicht für einen Söldner aus Me Lasson, wie sie bei den Helstenern dienten, einen Mann, der lieber eine Axt schwang statt eines leichten, eleganten Floretts. Wenn der Fluch ihn im Stich lieÃ, musste er sein Leben mit aller Kraft verteidigen, grimmig und entschlossen und ohne Rücksicht auf die Wunden, die er den Feinden zufügte. Wenn das Schwert nicht brannte, tötete es nicht leicht und geschickt, sondern verstümmelte und zerhackte. Dann sehnte Tahan sich nach dem Feuer und dem Lied, das sich ihm verweigerte, nach dem Rausch, der das Entsetzen abmilderte. Aber er besaà keine Befehlsgewaltâ weder über die anderen Soldaten noch über seinen eigenen Fluch.
Irgendwann mochte er nicht mehr. Als der Sommer in den Herbst überging, verzehrte Prinz Tahan sich nach dem Schloss und seinen Annehmlichkeiten. Nach dem Duft der Mädchen und seidener Bettwäsche, nach den Sklaven mit ihren Fächern und Waschtöpfen, sogar nach Lish, der ihn am späten Vormittag sanft weckte. Er wünschte sich, wie früher mit seinen Freunden zusammenzusitzen, nach Tanz und Unbeschwertheit und nach den schwingenden Saiten einer Laute oder gar einer Simbarine. Alles hätte er dafür gegeben, mit Widian auf die Jagd zu gehen, er war sogar bereit, sich mit Hartet herumzuärgern und Gurija in allem nachzugeben. Verdammt, am meisten vermisste er den Krüppel, wie er in der Ecke saÃ, wenn sie feierten, wie er mit der verkümmerten Hand den Bierkrug hob, und später, wenn die Mädchen ausgetanzt hatten und kichernd davonstolperten, auf die Tanzfläche schlich, um mit seinen stockdünnen, verdrehten Beinen die groteske Parodie eines Tanzes aufzuführen.
Es war Zeit für Singendes Schwert, nach Hause zu gehen.
Deserteure wurden am nächsten Baum gehängt, daher konnte Tahan sich nicht einfach auf sein Pferd setzen und davonreiten, sondern musste seine Entlassung erwirken.
» Heimaturlaub? « , fragte Niefon verblüfft. » Du fragst mich im Ernst nach Urlaub, Ausländer? Wir befinden uns im Krieg. Wir brauchen jeden Mann. «
» Ich komme zurück, Sinor « , beteuerte Tahan. » Nur einen Mondlauf oder zwei. Mehr benötige ich nicht. «
Wie lange würde er brauchen, um die Ruinenstadt zu erreichen und den Baum, an dem er den Mönch treffen würde? Es würde ein langer Ritt werden, aber Ganashko war schnell und zäh und ermüdete nicht so rasch wie ein gewöhnliches Pferd.
» Hast du noch nicht genug zu tun, dass du hier meine Zeit verschwendest, Ausländer? Geh an die Arbeit. Wir können erst nach Hause, wenn der Krieg vorbei ist. «
Zähneknirschend gehorchte der Prinz. Natürlich versuchte er auch, zu Siljalinion Petan vorgelassen zu werden, der ihn vor einem Jahr eingestellt hatte, doch dort lief es noch schlimmer.
» Willst du mit deinen Erkenntnissen zum Feind überlaufen? Was denkst du dir eigentlich? «
Dass Tahan nur
Weitere Kostenlose Bücher