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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Oder würde der Schmerz auf der Stelle zuschlagen? » Ich habe keine Wahl. «
    Â» Was soll das heißen? Erklär es mir. «
    Das war ein Befehl. Vorsichtig, um den Schmerz nicht auszulösen, berichtete Tahan ihm von dem Fluch– und von seiner Hoffnung auf Freiheit, wenn sie Rajalan erreichten.
    Â» Warum schicken die Götter einen Mann aus Ganashk her, um für Terajalas zu kämpfen? «
    Der Befehl zu reden war stark, aber der Mönch hatte ihm seinen Namen und sein Geburtsrecht gestohlen, daher konnte er Noan nicht alles offenbaren. Der Fluch brannte ihm auf der Zunge.
    Â» Um dem Königreich zu dienen. Eine andere Antwort habe ich nicht für Euch. «
    Der Tag schritt langsam vorbei. Die Gefangenen bekamen weder zu essen noch zu trinken. Sie hatten nicht einmal einen Eimer. Niemand kümmerte sich um sie. Der Wachsoldat, der um die Hütte herumschlurfte, hatte seine Mütze tief über die Ohren gezogen. Dann fiel die Dunkelheit herab wie ein Schwertstreich. Es wurde noch kälter. Im Lager glommen Feuer auf, Rauchschwaden zogen zwischen den Zelten und Hütten hindurch. Ein Reitertrupp kam ganz in der Nähe vorbei, sie hörten die Rufe und das Gelächter der Männer, und Tahan meinte, einige Male die Anrede » Siljalinion « zu vernehmen. Er schloss die Augen und spürte die Hitze des Fluchs hinter der Stirn. Ein Brand, bereit, entfesselt zu werden. In seiner Vorstellung sprengte er die Stricke mit seiner Wut, ließ die Bretter und Pfähle bersten und stieg aus dem Feuer, eine lodernde Gestalt mit Rache im Blick.
    Â» Ist dir auch so kalt? « , fragte Noan. » Ich glaube, sie müssen uns gar nicht hängen. Bis es so weit ist, sind wir erfroren. «
    Die Kälte stieg vom Boden auf und betäubte seine Gliedmaßen, doch Tahan hatte längst aufgehört zu zittern. Ein dumpfer Schmerz breitete sich in ihm aus, griff mit eisigen Fingern nach ihm, wühlte sich durch die wollenen Beinkleider bis in seine Knochen. Es fühlte sich an, als würden tausend Glassplitter durch seine Haut wachsen.
    Wenn er tief in sich hineinhorchte, war es wie ein Ruf. Jemand rief ihn, nicht mit seinem Namen– es war etwas Tieferes, etwas, das an seinem Innersten zupfte wie ein Harfenspieler an den Saiten einer Simbarine. Ein Ton, der in ihm brannte. Ein Brennen, das in ihm tönte. Irgendwo in seinem halb vergessenen Traum loderten die Flammen und wanderten über tausend feine Äste, blühten auf in Duft und Farbe. Es schneite nicht, nein, sondern unzählige Blütenblätter regneten über die Straßen, auf die Kutschen und in die schwarzen Haare der Menschen, die dort gingen. Es waren Menschen von einem anderen Schlag, klein und schlank und mit der Anmut von Tänzern. Sie alle trugen Zöpfe oder kurzgeschnittene Haare, und auf jedem Nacken brannte wie eine Flamme eine Blume.
    Â» Wach auf! Tahan, schlaf jetzt nicht ein! «
    Â» Sie waren alle frei « , murmelte er benommen. » Und dennoch trugen sie alle dasselbe Zeichen. «
    Â» Du redest wirr. Tahan! Wir haben keine Zeit zum Schlafen. Die Nacht ist da, und bald werden sie uns holen. Wir müssen handeln! Wir müssen irgendetwas tun! «
    Er schüttelte die Bilder aus der Vergangenheit ab und rappelte sich auf. Für einen Moment, in dem Traum und Wirklichkeit verschwammen, glaubte er, draußen im Schnee die offenen Kutschen zu sehen und darin reich gekleidete Männer und Frauen mit schwarzem Haar. Dann klärte sich sein Blick, und durch eine schmale Ritze zwischen den Bohlen erkannte er einen der Reiter, dessen Gesicht von flackerndem Licht beleuchtet war. Nicht der Baum breitete seine brennenden Äste über ihn, nur die Fackelträger zu seinen Seiten sorgten für Licht.
    Â» Widian! « , schrie er. » Widian! «
    Der Reiter wandte sich um. Sein goldenes Haar schwang wie ein Schleier zurück, als er sich suchend umblickte. Seine Begleiter redeten auf ihn ein. Vermutlich überzeugten sie ihn davon, dass er unmöglich die Stimme seines Bruders gehört haben konnte, denn er ritt weiter. Wenn der Fluch Tahans Zunge nicht gelähmt hätte, hätte er noch viel mehr geschrien, er hätte seinen Namen herausposaunt, so laut er nur konnte. So jedoch sackte er in sich zusammen und schlug die Hände vors Gesicht. Sofort kam der Traum zu ihm zurück. Es war ein Traum und doch nicht. Er konnte die Kälte fühlen und die Stimmen der

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