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Die Saeulen der Macht

Die Saeulen der Macht

Titel: Die Saeulen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Winter
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Seine Beine gaben unter ihm nach, dennoch fiel er nicht hin. Wurzeln sprossen aus seinen Füßen, verankerten sich im Erdreich, suchten nach Halt, nach Wasser– und fanden Feuer. Sie sogen die Glut in sich hinein, Hitze wanderte durch seine Adern, die Flammen züngelten aus den Zweigen heraus. Tausend Blüten brachen auf, rot wie Feuer, und er konnte immer noch nicht schreien.
    Im nächsten Moment war es vorbei.
    Das Licht flammte, knisterte wie eine verlöschende Kerze und ging aus, während die vertrauten Kopfschmerzen und die damit einhergehende Übelkeit einsetzten. Tahan sackte in sich zusammen und betastete angstvoll seine unversehrte glatte Haut. Verdammt, er vertrug kein Banoa mehr. Nicht immer hatte es ihm gute Träume beschert, aber so etwas wie eben hatte er noch nie erlebt; er hatte wirklich geglaubt, dass es tatsächlich geschah, dass ein Baum durch ihn hindurchwuchs, noch dazu ein brennender.
    Sie töteten den König, und der Baum starb mit ihm, kamen ihm Noans Worte ins Gedächtnis. Es gab vier Säulen der Macht: den Baum, den Turm und die Quelle, die vierte war der König selbst. Das waren vier, Mea. Innerhalb dieser vier war die erste Stufe des Hakalion verborgen: die zwei, der König und der Baum.
    Woher wusste er das? Woher kamen diese Gedanken? Banoa schenkte ihm immer Klarheit, einen Streifen Licht inmitten aller Verwirrung, doch das hier war anders.
    Â» Zwei « , flüsterte das dunkle Gesicht in seinem Inneren. » Skalt. Wir sind Skalt, du und ich, wir sind die Macht über die Welt, die Macht über den Himmel und die Erde, über die Wolken und den Schnee, die Sonne und die Träume und den Atem. « Wie immer, vorhersehbar, hartnäckig, nagend, fügte es hinzu: » Ergib dich. «
    Tahan wischte sich über die schweißnasse Stirn. Wenn er nur auch diese Gedanken so leicht hätte abstreifen können. Er sollte in Zukunft dankend verzichten, wenn ihm jemand Banoa anbot. Noch einmal ein Baum zu werden, selbst in seiner Vorstellung, davor grauste es ihm.
    Â» Du bist kein Baum « , sagte er zu dem Dunklen. » Du bist mein Fluch, nichts weiter. Du bist mein anderes Ich, der Held, der ich sein soll. Du bist Singendes Schwert. «
    Da hörte er die Stimme lachen, ein heiseres Gewitterlachen, das die Blätter an den Bäumen erschütterte.
    Gleichzeitig strich ein leichter Wind durch den Wald, und Tahan fühlte erneut einen Schauer über den Rücken laufen.
    Wir sind die Macht über den Himmel und die Erde … Wir sind Skalt, du und ich …
    Hoffentlich gehörte das noch zu den Nachwirkungen des Banoa, eine Sinnestäuschung. Die Kopfschmerzen wurden stärker, und er bedauerte, dass der Unbekannte keine Biduja-Blätter liegengelassen hatte.
    Der Prinz sank an einem Baumstamm nieder, bis das Schlimmste vorbei war, und fragte sich, was er hier eigentlich tat.
    Die Spur war nicht leicht zu verfolgen, aber es gab nicht viele Möglichkeiten, wohin Noan und Jalimey gegangen sein könnten. Ein tiefer Graben, der sich durch den Wald zog, lenkte Tahans Schritte nach Süden, zur Straße hin.
    Kurz bevor er dort anlangte, stieß er auf einen Kampfplatz. Die Sträucher im Umkreis waren geknickt, der Boden war aufgewühlt. Leider war der Schnee getaut und hatte genauere Hinweise weggewaschen, doch hier war eindeutig etwas Schlimmes geschehen. Wenigstens entdeckte er keine Blutspuren, und Tote waren auch nicht zurückgeblieben.
    Mit einem unguten Gefühl in der Brust setzte Tahan seinen Weg fort. Die Straße, eine breite Schneise durch den Wald, festgestampft von unzähligen Soldaten, Wagen und Pferden, bot ihm keinen Schutz. Wann immer sie an den zahlreichen Kerben vorbeiführte, die hier die Erde zerschnitten, war er dazu gezwungen, für alle sichtbar zu reisen, ohne sich rasch im Schutz der Bäume verstecken zu können. Doch je länger er über alles nachdachte, umso weniger war ihm danach, sich zu verbergen.
    Es hatte einen Kampf gegeben, aber offenbar war niemand getötet worden, weder die Angreifer noch die beiden Reisenden. Das konnte bedeuten, dass Noan recht schnell entwaffnet worden war– entweder hatte er eine große Übermacht gegen sich gehabt oder einen wesentlich stärkeren Gegner. Es gab nicht viele Möglichkeiten, was mit Ausländern in Helsten geschehen konnte– Tod oder Sklaverei. Tahan zögerte nicht, sich ostwärts zu wenden, in Richtung der

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