Die Säulen der Schöpfung - 13
Anspannung, unter der sie hier gestanden hatte, hatte sie mehr erschöpft als die Gefahren im Sumpf.
Endlich endeten die Stufen. Das Licht, das durch den mächtigen Schlund der prachtvollen Eingangshalle hereinfiel, machte es schwierig, etwas zu erkennen, trotzdem war ihnen der Anblick der aus dem Felsplateau herausführenden Öffnung höchst willkommen. Hand in Hand hielten sie zusammen auf das Licht zu.
Überall herrschte gewaltiges Gedränge, Menschen machten an den Verkaufsständen halt, beobachteten Passanten oder bestaunten die gewaltigen Ausmaße, während wieder andere an ihnen vorbei hinauf zu den Stufen strömten. Die nahe bei den Seitenwänden postierten Soldaten beobachteten die Leute, die hineingingen, weshalb sie und Sebastian sich mehr in der Mitte hielten. Die Soldaten schienen sich mehr für die Neuankömmlinge zu interessieren als für die, die den Palast verließen.
Draußen vor dem Felsenturm begrüßte sie kaltes Tageslicht. Wie zuvor herrschte auch auf dem Marktplatz unterhalb des Plateaus hektische Betriebsamkeit. Die behelfsmäßig angelegten Straßen, die an Zelten und Ständen vorbeiführten, waren voller Menschen, die etwas suchten und gelegentlich stehen blieben, um einen Kauf zu tätigen.
Sie hatte ihm berichtet, daß sowohl die Pferde als auch Betty nicht mehr aufzufinden waren, deshalb brachte Sebastian sie statt dessen zu einer nahen Einfriedung, in der eine Reihe von Pferden aller Rassen standen. Der Mann, der die Pferde beaufsichtigte, hockte auf einem Lattenverschlag, der einen Teil der mit Seilen abgetrennten Umfriedung bildete, und rieb sich vor Kälte die Arme; Sättel lagen aufgereiht in einer Linie längs des behelfsmäßigen Zauns.
»Wir würden gern ein paar Pferde kaufen«, wandte sich Sebastian im Näherkommen an ihn, den Zustand der Tiere in Augenschein nehmend.
Der Mann sah auf, die Augen gegen die Sonne zusammenkneifend. »Schön für Euch.«
»Verkauft Ihr nun welche, oder verkauft ihr keine?«
»Keine«, lautete seine Antwort. Er drehte sich herum und spie aus, dann wischte er sich mit dem Handrücken übers Kinn. »Die Pferde hier haben alle einen Besitzer. Ich werde dafür bezahlt, daß ich auf sie aufpasse, nicht fürs Verkaufen. Wenn ich anfange, die Viecher zu verhökern, zieht man mir wahrscheinlich bei lebendigem Leib das Fell über die Ohren.«
»Wißt Ihr denn, wer hier Pferde verkauft?«
»Tut mir leid, kann ich nicht sagen. Seht Euch einfach um.«
Sie bedankten sich bei ihm, dann gingen sie die notdürftig angelegte Straße hinunter und hielten entsprechend Ausschau. Jennsen machte es nichts aus, zu Fuß zu gehen – mit ihrer Mutter war sie meistens so gereist –, aber sie hatte auch Verständnis für Sebastians dringendes Bedürfnis, ein Pferd aufzutreiben. Sie waren eben erst mit knapper Not entkommen, und solange der Zauberer Nathan Rahl sie aufzuhalten versuchte, mußten sie den Palast des Volkes so schnell und so weit wie möglich hinter sich lassen.
Dann kamen sie zu einer weiteren Koppel.
»Seid Ihr befugt, Pferde zu verkaufen?«, wandte Sebastian sich an den Mann, der die Tiere bewachte.
Der Mann lehnte, die Arme vor der Brust verschränkt, an einem Pfosten. »Nein. Die hier sind unverkäuflich.«
Sebastian nickte. »Trotzdem danke.«
Unvermittelt hielt der Mann Sebastian an seinem Umhang fest, ehe die beiden sich entfernen konnten. Er beugte sich vor. »Ihr wollt die Gegend hier verlassen?«
Achselzuckend antwortete Sebastian, »Wir gehen wieder in den Süden zurück und dachten, es wäre keine schlechte Idee, ein Pferd mitzunehmen, wo wir schon auf Besuch im Palast sind.«
Der Mann lehnte sich ein Stück zur Seite und sah sich nach beiden Seiten um. »Kommt nach Einbruch der Dunkelheit wieder her. So lange habt Ihr doch vor, noch hier zu bleiben? Vielleicht kann ich Euch weiterhelfen.«
Sebastian nickte. »Ich habe noch etwas Geschäftliches zu erledigen, das mich den ganzen Tag in Anspruch nehmen wird. Ich bin zurück, sobald es dunkel ist.«
Er nahm Jennsen beim Arm und schob sie durch das dichte Gedränge auf der Straße. Sie mußten zwei Schwestern ausweichen, die sich ganz begeistert über die Halsketten unterhielten, die sie eben erstanden hatten, während ihr hinter ihnen gehender Vater sich mit einer Unmenge von Einkäufen abschleppte. Die Mutter, ein Ziegenpaar im Schlepptau, hielt ein Auge auf ihre Mädchen. Jennsen spürte einen Stich, fühlte sie sich doch an Betty erinnert.
»Seid Ihr verrückt?«, flüsterte sie
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