Die Säulen des Feuers
streckte die freie Hand aus und deutete, und schier unerträgliche Kälte durchzog Kama.
Molin stellte sich vor Kama. »Jihan, Kama meinte das nicht beleidigend. Sie befindet sich selbst in einer Zwangslage. Mit unserer Hilfe, Gischttochter, werdet Ihr Euren erwählten Magier heiraten können, noch vor …« Er streckte den Hals, um durchs Fenster zu spähen, doch keine Sonne war zu sehen, da waren nur die gespenstische Feuersäule und Sturmbringers Blitze. «… vor Sonnenuntergang, wenn das Euer Wunsch ist, und ich die meine. Wenn Ihr mir helft, ist Euch meine Dankbarkeit und die meines Schutzgottes für immer gewiß.«
»Ihr heiratet eine Magierin?« Jihan zog die Brauen zusammen, aber ihr deutender Finger mit seiner tödlichen Kälte schwankte, und sie legte die Hand schließlich an ihre Hüfte.
»Keine Magierin, sondern Kama. Von Rosanda kann ich mich rechtlich ohne weiteres trennen, schließlich hat sie mich verlassen. Aber ich brauche Eure Hilfe für Tempus' Zustimmung – er ist Euer Vormund ebenso wie der Kamas.«
»Vormund?« riefen beide Frauen empört und überlegten gleichzeitig listig Alternativen.
»Jemand«, unterbrach Molin den entrüsteten Widerspruch der beiden, »muß das Siegel auf die Heiratsurkunde setzen!« Er dachte, daß er so eine Möglichkeit gefunden hatte, Tempus von Jihan zu befreien, und allein deshalb schuldete der Geheimnisvolle ihm jeglichen Gefallen, um den er ihn bat.
Und für Kamas Hand, Kamas Freiheit und Kamas Ehre war er gern bereit, seine Schulden als beglichen anzuerkennen. Doch für Kamas willige Liebe brauchte er mehr. Während er so hinter ihr stand, die Arme in der schicklichen Haltung des beschützenden Gatten um sie gelegt, flüsterte er: »Vertrau mir auch hier, erkläre dich mit einer formellen Verheiratung einverstanden. Ich bin Priester von Mutter Bey, Vashanka und Sturmbringer. Es wird einen Monat dauern, die erforderlichen Rituale zu entwirren. Noch länger – wenn du möchtest.«
Sie entspannte sich ein wenig und stieß den Atem vorsichtig aus.
Wieder dankte Molin Fackelhalter dem Sturmgott inbrünstig, der Regen in Hülle und Fülle auf diese elende Diebeswelt herabgeschickt hatte, um die Feuer des Chaos zu löschen, ja und sogar, um Jihans Kräfte zurückzubringen.
Über Kamas Kopf hinweg blickte er aus dem Fenster. Ihm schien, daß selbst die dämonische Feuersäule unter dem gesegneten Regen schrumpfte.
Tempus versuchte immer noch, Theron zu beruhigen, der hierher, zum untersten Ende des Reiches gekommen war, weil in der Hauptstadt Ranke dieser schwarze, bedrohliche Regen fiel, weil Abarsis ihnen erschienen war und weil Omen dazu führen konnten, die Herrschaft eines Regenten zu stärken oder aber zu beenden. Er erklärte ihm, daß die Pest gar nicht echt gewesen war (eine gute Möglichkeit, Brachis in Schranken zu halten), an dem Unwetter nichts unnatürlich war, und die Ausschreitungen und Plünderungen Folge des Entsetzens über die Feuersäule waren, die sehr viel mit Nikodemus zu tun hatte, aber absolut nichts mit der Ankunft Therons. Und er versicherte ihm: »Niemand wird es anders auslegen, mein Freund, außer wir geben uns irgendeine Blöße.«
In der Eingangshalle stießen sie auf Molin Fackelhalter.
»Mein Lord und Kaiser.« Molin verbeugte sich. Tempus mußte sich zurückhalten, Theron nicht zu sagen, daß Freistatts Baumeister/Priester ein getarnter Nisibisi war, ein Amtsanmaßer und Schänder, und obendrein ein Großmaul, das sich in Dinge einmischte, die ihn nichts angingen.
Theron, der sich nicht so recht an Molin erinnerte, aber seine prächtige Robe erkannte, sagte scharf: »Priester, was ist mit Euren Akoluthen los, daß dieser Ort von Unwetter, Hexen und Dämonen heimgesucht wird? Wenn Ihr nicht fähig seid, Ordnung in Eurem kleinen Nest wiederherzustellen, werde ich Euch von jemand ablösen lassen, der es kann! Ich gebe Euch bis Neujahr Zeit, hier Ordnung zu schaffen – keine Widerrede!« Therons Löwengesicht hatte sich gerötet. Wenigstens hatte er jemanden gefunden, dem er zumindest einen Teil der Schuld an dem geben konnte, was hier los war.
Nur Tempus fiel die Verschmitztheit in den Mundwinkeln des Löwen von Ranke auf, der jetzt knurrte: »Tut Euch mit Brachis zusammen, das geht auch ihn an. Entweder wird Freistatt zu einem erfreulichen Anblick für die Götter und mich, ihren irdischen Stellvertreter, oder Ihr könnt Euch zum Jahresende beide neue Stellungen suchen.«
Molin Fackelhalter war zu klug,
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