Die Säulen des Feuers
Los. Obwohl Ischade sie in Satin kleidete und Haught ihr gestohlene, zauberhafte Schönheit schenkte. Es war ihr Los, daß ein Trunkenbold von Bruder plötzlich auftauchte und Geld von ihr wollte; und das zu allem anderen, was Ischade morgen bemerken würde. Männer waren eben selbstsüchtige Narren, und Frauen waren so dumm, sie zu sehr und zu lange zu lieben.
»Da«, keuchte sie, als sie schnaufend die Treppe wieder hochgerannt war. »Da …« Sie setzte sich zu ihm aufs Bett, legte eine Hand auf seine Schulter und gab ihm das Gold. Er wischte sich die Augen und entriß ihr das Geld so heftig, daß er ihr die Hand zerkratzte, dann schleppte er sich sogleich aus ihrem vornehmen Schlafgemach.
Er würde nicht zu Ischade gehen, sondern in die nächste Lasterhöhle und es dem Wirt für Krrf geben und was er sonst noch bekommen konnte, solange das Gold reichte. Vielleicht dachte er sogar daran, ein paar Bissen hinunterzuwürgen. Jedenfalls würden sie ihn wieder auf die Straße setzen, sobald sein Säckel leer war.
Und wenn Ischade herausfand, wo er war, wenn sie sich bei ihren wichtigeren Geschäften zufällig an ihn erinnerte …
Moria ließ sich auf das jetzt verschmutzte Bett fallen und schlang fröstelnd die Arme um sich, denn die weiche Daunendecke half nicht gegen die Kälte in ihrem Innern.
Sie blickte auf das Frisiertischchen. Das Messer aus Silber und Elfenbein war verschwunden. Er hatte es mitgehen lassen.
Die sternenhelle Fassade von Tasfalens Herrenhaus war aus Sandstein und besaß eine riesige, bronzene Flügeltür, wie man sie manchmal bei Tempeln fand, und verriegelte Fenster mit festem Ziergitter.
»Bleib du hier«, sagte Haught zu Stilcho. Stilcho blickte ihn besorgt mit dem einen Auge an, wickelte sich fester in seinen schwarzen Umhang und verschwand in der kunstvoll geschnittenen Hecke, mit der Lord Tasfalens Gärtner die Straßenseite verschönerte.
Haught ging ohne Zögern zur Eingangstür, langte nach dem Klingelring und zog zweimal. Dann wartete er mit verschränkten Armen. Sein Gesicht war eine Maske milden Wohlwollens, die er sorgsam einstudiert hatte. In irgendeinem hallenden Raum im Haus bellte ein Hund und wurde zur Ruhe gemahnt. Dann tat sich eine Weile gar nichts, und Haught klingelte erneut, um klarzumachen, daß kein betrunkener Spaßmacher am Werk war.
Im Innern wurde wahrscheinlich Rat beim Butler geholt, ja vielleicht gar beim Hausherrn, denn in Freistatt wagte man nicht so einfach des Nachts eine Tür zu öffnen.
Schließlich erklangen Schritte, und in der Tür wurde vorsichtig ein vergittertes Fensterchen zwischen zwei erhabenen Götterköpfen aufgetan. »Wer ist da?«
»Ein Bote.« Haught bediente sich seines gepflegtesten Tons. »Meine Gebieterin schickt Eurem Herrn eine Einladung.«
Schweigen setzte auf der anderen Seite der Tür ein. In der Botschaft schwang Doppeldeutigkeit, die den Nachtwächter eines hohen Edelmanns zweimal überlegen ließ, ehe er sich erkundigte, um was für eine Einladung und um welche Dame es sich handelte. Das Fensterchen schloß sich, und der Nachtwachmann schlurfte, weiteren Rat suchend, davon.
»Was machen sie?« fragte Stilcho, der keine Erfahrung mit Besuchen in der Oberstadt hatte und weder im Leben noch im Tod mit Edelleuten zu tun gehabt hatte. »Haught, wenn sie …«
»Psst!« zischte Haught, denn wieder näherten sich Schritte im Innern.
Erneut wurde das Fensterchen geöffnet. »Das ist eine seltsame Stunde für Einladungen.«
»Meine Gebieterin zieht sie anderen Stunden vor.«
»Könnt Ihr Euch ausweisen?«
»Das Wort meiner Gebieterin genügt. Sie bittet Euren Herrn zum Bankett morgen abend um acht Uhr im früheren Peles-Haus. Richtet Lord Tasfalen aus, daß meine Lady sich ihm dort bekannt machen wird. Und er wird sie sehen wollen, wenn Ihr ihm dies gebt.« Er hielt eine schwarze Feder vor das Fensterchen, eine Flügelfeder der größeren Vögel Freistatts. »Bittet ihn, sie zu tragen. Sagt ihm, meine Gebieterin wird sehr erfreut sein.«
»Ihr Name?«
»Sie ist eine Lady, die er erkennen wird. Ich werde sie nicht kompromittieren. Doch nehmt das für die Übermittlung meiner Botschaft.« Er hob eine Goldmünze zum Fensterchen. »Ihr seht, meine Lady ist großzügig.«
Nach einer staunenden Pause: »Ich werde es meinem Lord am Morgen ausrichten.«
»Gut. Ihr braucht das Gold natürlich nicht zu erwähnen. Eine gute Nacht noch, Wächter.«
»Auch Euch eine gute Nacht und guten Schlaf, junger Herr.«
Junger Herr! Das
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