Die Säulen des Feuers
losließen, daß sie in der Gasse und dem schmalen Durchgang angekommen waren, wo er seinen Braunen zurückgelassen hatte. Seine Eskorte zog sich zurück, und er hob die Hände und nahm die Augenbinde ab. Der Braune wieherte sanft. Ein Trio Vermummter entfernte sich eilig aus der Gasse, einer mehr, als ihn hierhergebracht hatte; der Dritte hatte gewiß inzwischen auf sein Pferd aufgepaßt.
Er ging hinüber zu seinem Braunen, tätschelte seinen Hals und bemerkte, daß seine Hände zitterten. Bestimmt nicht aus Angst vor Gewalt. Das schaffte nicht einmal Vis' persönlicher Groll auf ihn. Es war wegen ihm selbst. Wegen dem, was er getan hatte.
Er griff nach dem Zügel, schwang sich auf den Braunen und wollte aus der Gasse reiten, als der Braune sich aufbäumte und ihn fast aus dem Sattel warf. Ein Vermummter war um die Ecke vor ihm herbeigeschlichen.
»Das Pferd ist nicht schwer zu finden«, sagte Haught, als der Braune zurückwich und die Vorderbeine wieder aufsetzte.
Strat hielt den Zügel straff, ohne die andere Hand vom Schwert zu nehmen, das er nicht einen Moment losgelassen hatte.
»Verdammt …«
Haught hielt etwas zwischen zwei Fingern. »Beruhigt Euch. SIE hat mich geschickt. Damit.«
Strat tätschelte den Braunen, hatte jedoch nicht vor, sein Pferd neben einen Mann zu lenken, der ein Messer haben mochte. Er glitt hinunter, behielt den Zügel in der Hand, blickte dem Exsklaven in die Augen und griff nach dem Ding, das Haught ihm entgegenstreckte.
Ein Ring lag in seiner Hand. Ischades Ring.
»Sie will dich sehen, aber nicht in der Oberstadt. Haltet Euch fern! Kommt zum Haus am Fluß. Nach Mitternacht.«
Straton schloß die Hand um den Ring. Ein Schauder durchfuhr ihn, doch er hatte nicht vor, seine Gefühle zu zeigen. Mit reglosem Gesicht und kalter Stimme sagte er: »Ich werde dort sein.«
»Ich richte es IHR aus«, entgegnete Haught ungewohnt höflich und verschwand um die Ecke. Strat steckte den Ring an seinen kleinen Finger, und ein Schock durchfuhr ihn. Der Braune zog ihm den Zügel aus der Hand und stand verwundert mit hängendem Zügel, bis sein Herr wieder klar sehen konnte und sein Herz zu hämmern aufgehört hatte.
Das war Ischades Entschuldigung. Das war eine Einladung, wie sie eine Hexe oder eine Frau einem Mann nicht deutlicher zukommen lassen konnte. Sein Herz pochte wieder heftig, als er in den Sattel stieg und seine Faust um den Ring schloß, der ihm ein Glücksgefühl bescherte, wie er es mit Krrf nie erreichte.
Er kämpfte um einen klaren Kopf, wußte daß es zu Schwierigkeiten führen würde, wozu ihn der Sklave – nein SIE – aufgefordert hatte, und diesmal nicht mit Crit. Schwierigkeiten, die ihm alles nehmen mochten, was er geschafft hatte, sein Leben obendrein, und die Hexe wußte das. Aber Ischade wollte ihn, und dieses Geschenk sagte ihm, wie sehr sie ihn wollte. Er spürte es unentwegt, und die Welt verschwamm vor seinen Augen.
Was machst du? fragte er sie in absentia. »Weißt du, was du verlangst?«
Dann erwachte wieder der nagende Zweifel, der ihn zu Anfang ihrer Beziehung gequält hatte, der ihn nun wieder quälte. Schert es dich überhaupt?
Der Braune trabte los, die Gasse glitt mit verschwommenem, sternenhellem Kopfsteinpflaster und dem Schein einer Laterne vorüber. Dinge schoben sich in sein Blickfeld und verschwanden rasch.
Mit ungeheurer Anstrengung zog er den Ring wieder vom Finger und schob ihn die Tasche, wo er nur einen Hauch seiner euphorischen Wirkung auf ihn ausübte.
Schweiß strömte über den ganzen Körper. Er wischte sich über das Gesicht, strich das Haar zurück und versuchte zu denken, trotz des erotischen Schleiers, der die feuchten Ziegel und den herumliegenden Müll und die Gosse umgab. Die Hufe des Braunen klapperten mit seltsam gedämpftem Echo durch die sich zur Straße weitenden Gasse. Eine Lasterhöhle und eine Schenke hatten die Türen halb offen, und ein paar Männer im Krrfrausch saßen im Schmutz davor. Musik wimmerte, dringend gehörten die Saiten gestimmt, doch es störte niemanden, am wenigsten den Spieler. Die Straße schlängelte sich dahin, und der Braune folgte ihr, während die Schleier kamen und schwanden.
Tempus erwartete ihn zu dem Bankett im Peres-Haus. Tempus würde mit ihm reden wollen, würde Vernunft von ihm verlangen, würde ihn mit stechendem Blick durchbohren, bis er alles erzählt hatte. Eben das wußte Ischade.
Deshalb wollte sie ihn von dort fort haben.
Aber was geschah, wenn er gegen Crit gekämpft hatte
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