Die Säulen des Feuers
auf und schlug nach den magischen Flammen um sich. Stilcho sah, wie das sterbliche Abbild des Pferdes verschwand und das andere eine schwarze Leere wurde.
»Moria, die Hintertreppe, die Dienstbotentreppe zur Küche, wo ist sie? Es bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Kerzenschein flackerte über die dunkelgewandete Ischade. Sie hatte sich rückwärts auf ihr Seidennest fallen lassen. Ihr Haar schmiegte sich zerzaust um ihr Gesicht und die Schultern. Einen Arm hatte sie um den Kopf geschlungen, der andere lag schlaff quer über der Taille, beide wiesen dunkle Schnittwunden vom Glas des Priesters auf. Ischades Magie war die des Todes, nicht der Heilung.
Sie war sich ihres erschöpften Körpers zwar bewußt, beachtete ihn jedoch nicht. Wenn ihre Bemühungen erfolgreich waren, würde sie genügend Zeit haben, sich zu erholen. Sie beschäftigte sich weiter mit den Fäden, die alles, was ihr je gehört hatte, zum Brennpunkt ihrer Macht werden ließen. Sie erzeugte an jedem fehlerhaften Ende Schwingungen und verstärkte sie, bis Schutzteilchen absplitterten, und bemühte sich das Beben nicht zu spüren, das Straton war.
Üblicherweise ging sie nicht mit solch vollkommener Präzision vor – aber das war die einzige Weise, die ihr blieb. Sie balancierte ihre Kräfte durch jeden Brennpunkt im Peres-Haus, der sie aufzunehmen vermochte. Sie hoffte, ihre Macht aufzubauen, bis sie von allen Richtungen ziehen und die Schutzkugel sprengen konnte, die Roxane erschaffen hatte. Sie hatte den Faden gelöst, der sie mit dem Braunen verbunden hatte. Sie hatte das Pferd nie als ihr Eigen betrachtet, sondern als Geschenk, als eine außergewöhnliche Gabe für ihren Liebsten. So wurde sie auch nicht auf den Augenblick aufmerksam, als der Braune Strats Blut gerochen hatte, doch der Moment, da es die Schutzzauber durchdrang, brannte sich in ihr Bewußtsein.
Als erste Reaktion verwünschte sie, was immer es sein mochte, das ihre sorgfältigen Vorbereitungen durcheinanderbrachte. Die Verwünschung kreiste um die Schutzzauber, bis Ischade erkannte, daß sie einen Verbündeten im Haus hatte. Sie untersuchte die kleine Schar Lebender und Toter im Haus, zu denen sie Verbindung hatte, und stellte fest, daß das Band zu einem durchtrennt war, Stilcho, dessen Haught sich bemächtigt und dem das Schicksal Leben und Freiheit wiedergegeben hatte.
Lächelnd bewegte sie ihr nicht wahrnehmbares Bewußtsein an der Schutzzauber verzehrenden Leere vorbei. »Haught«, flüsterte sie. »Erinnere dich an deinen Vater. Erinnere dich an den Hexenwall. Erinnere dich an die Sklaverei. Erinnere dich daran, wie sich die Kugel in deinen Händen anfühlte, ehe Roxane sie dir stahl. Sie mag dich nicht, Haught. Sie mag dein gutaussehendes Nisigesicht nicht, nicht mit ihren rankanischen Zügen. Mag dein Können nicht, während sie in einem Körper gefangen ist, dem es fehlt. Denk immer daran Haught, jedesmal, wenn du in dieses Gesicht blickst.«
Das ehrgeizige Bewußtsein des Exsklaven, Extänzers, Exlehrlings erschauderte, als Ischade es berührte. Törichtes Kind – er hatte nicht gedacht, daß sie ihn noch einmal suchen würde, und hatte nicht die einfachsten Vorkehrungen getroffen, es zu verhindern. Sie versiegelte ihren hypnotischen Eingriff mit einer leichten Berührung des Ringes an seinem Finger: den Ring, der er gegen sie hatte einsetzen wollen.
Dann zog sich Ischade hinter die kleinen Statuen zurück, den Krimskrams und die scharfen Messer, die im ganzen Haus verstreut waren. Ihre Gedanken würden an einer Bewußtheit nagen, die bereits auf Verrat getrimmt war, so wie der Geist des Braunen die Feuer der Schutzzauber verzehrte. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit.
»Ihr müßt essen! Magie hat ihre Grenzen.«
Randal öffnete den Mund, um ihr beizupflichten, und schon wurde ihm ein großer Holzlöffel voll von Jihans übelschmeckendem Gemisch hineingestopft. Seine Augen quollen hervor, seine Ohren röteten sich, und er wollte nichts, als das gräßliche Zeug auszuspucken. Aber die Gischttochter beobachtete ihn, so wagte er es nicht und würgte es hinunter. Seine verbunden Hände steckten hilflos in ovalen Eimern voll Salzlösung, die sich Jihan ausgedacht hatte. Seine eigenen magischen Fähigkeiten reichten nicht aus, den Löffel selbst zum Mund zu führen – selbst wenn er es gewollt hätte.
Er war in der Magiergilde gewesen, doch die Behandlung dort hatte ihm noch weniger zugesagt. »Sieh zu, daß du die Kugel loswirst!« »Sieh zu, daß du den Dämon
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