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Die Säulen des Feuers

Titel: Die Säulen des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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glaubt. Haught kann die Wahrheit nicht erkennen. Er sieht nur das, was Ihr für die Wahrheit haltet.« Er riß einen Streifen von Strats blutdurchweichtem Hemd ab und schob ihn unter seinen Ärmel. »Wehrt Euch nicht gegen sie; liegt ganz ruhig.«
    Strat blinzelte und stöhnte. Stilcho hoffte, daß er verstanden hatte. Für mehr war keine Zeit. Die Tür öffnete sich bereits. Er hoffte, er würde nicht zusehen müssen.
    »Ich befahl, auf den Tisch«, sagte Haught mit seiner sanften, boshaften Stimme.
    Stilcho zuckte die Schultern und dachte vorsichtig ans Totsein. Aber Haught hatte jetzt keine Energie für jemanden wie ihn, nicht mit Roxane – Stilchos leeres Auge sah Roxane, nicht Tasfalen – hinter sich und Strat hilflos zu seinen Füßen.
    »Finde Tempus' Geheimnisse für mich heraus«, befahl eine Männerstimme im bedrohlichen Ton. »Wenn sie den Sohn vor mir verstecken, will ich den Vater.«
    Die Hexe brachte die Kugel zum Vorschein, von wo immer sie sie verborgen gehalten hatte. Stilcho umklammerte seinen Ärmel über dem blutigen Streifen und wich zur Tür zurück. Sie bemerkten nicht, daß er ging – vielleicht taten sie es doch. Sie lachten, ein Lachen, das immer schriller wurde, bis es zu dem irren Wimmern der Kugel paßte und mit ihm verschmolz. Aber sie riefen ihn nicht zurück, als er sich nach oben stahl.
    Moria zu finden war nicht schwer. Sie war nicht weiter als zu ihrer Schlafgemachtür gekommen, als das Grauen sie übermannte. Stilcho fand sie mit den Armen um ihre Knöchel geschlungen, und ihr rankanisches Goldhaar wallte über ihre Knie auf den Boden.
    »Moria!«
    Sie hob den Kopf und blickte ihn an – mit leeren Augen zunächst, dann mit weit aufgerissenen. Sie sog den Atem ein und hielt ihn, bereit zu schreien, falls er näher kam.
    »Moria, reiß dich zusammen!« flüsterte er eindringlich.
    Ihr Schrei war nicht mehr als eine Reihe wimmernder Laute, und sie kroch vor ihm zurück. Sie erstarrte, von ihren Augen abgesehen, als sie die Wandvertäfelung erreichte. Stilcho, dem absolute Panik nicht fremd war, empfand Mitleid, aber jetzt war nicht die Zeit, solchen Gefühlen nachzugeben. Er faßte sie am Handgelenk, zog sie auf die Füße und schlug ihr ins Gesicht, als ihr Wimmern lauter zu werden drohte.
    »Um der Götter willen, beherrsch dich – wenn du das alles überleben willst.« Er schüttelte sie heftig, und sie verstummte angespannt in seinen Armen. »Wo ist ein Fenster zur Straße hinaus?« Er war nie gern in das Haus in der Oberstadt gekommen, und die Male, die man ihn geschickt hatte, wollte er vergessen.
    Moria entriß sich seinem Griff. Ihr zerfetztes Mieder rutschte von den Schultern. Sie schien es nicht zu bemerken, aber Stilcho, der den Tod noch riechen konnte und die Hölle unten in der Küche zurückgelassen hatte, wußte ohne Zweifel, daß er so lebendig war wie je.
    »Moria, hilf mir.« Er faßte sie wieder am Arm. Haught hatte mit seiner Magie bei ihr nicht gespart: so tränenverschmiert und in Fetzen sie auch war, sie hatte nichts an ihrer Schönheit eingebüßt. O ihr Götter, wie er weiterleben wollte!
    »Du bist … du bist …« Sie streckte eine Hand aus und berührte seine gesunde Gesichtshälfte.
    »Ein Fenster!« drängte er, sogar als sie sich an ihn lehnte und das Gesicht an sein Hemd drückte, das bessere Tage gesehen hatte. »Moria, ein Fenster – wenn wir ihm helfen und uns retten wollen.«
    Sie deutete auf das Fenster neben ihrem Bett und sank auf den Boden zurück, während er sich leise mit dem Öffnen plagte.
    Einen Augenblick zuckte Stilcho panikerfüllt zusammen, als die salzverrosteten Angeln nachgaben, nicht vor dem Lärm – Strat schrie gerade –, sondern vor den Schutzzaubern, die er wie Seide an der Mauer schimmern sah. Er vergaß zu atmen, bis sein Herz hämmerte und sein Blick verschwamm, aber offenbar waren die Schutzzauber für stärkere Kräfte und wurden nicht von Eisen-und-Glas-Fenstern berührt.
    Das Pferd stand noch draußen: Strats Brauner, den Ischade mit größter Sorgfalt wiederbelebt hatte. Es tänzelte fort von den Feuern jenseits der Schutzzauber und vor vereinzelten Wagemutigen, die die Straße entlangrannten, aber es hatte nicht vor, seine Wacht aufzugeben – nicht einmal, als Stilcho nach ihm griff, wie er gelernt hatte, nach allen von Ischades Schöpfungen zu greifen. Augen, die rot und rachsüchtig und gar nicht wie die eines Pferdes waren, blickten ihn einen Moment an, dann wandten sie sich ab.
    Stilcho trat lächelnd vom

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