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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Aufruhr.
    Aber eine kleine Gruppe aktiver Aufrührer hatte es immer gegeben. Und der wichtigste Mann, der mutigste und am meisten bewunderte, das war Dyre Alvssohn.
    Silje war ihm nie begegnet. Sie wusste nicht, wie alt er war und auch nichts über seinen Hintergrund. Jetzt wusste sie wenigstens, wie er aussah.
    Na, sie würde ihn jedenfalls nicht verraten! Kein Wunder, dass ihr niemand seinen Namen nennen wollte, als sie danach gefragt hatte.
    Und Heming... Ihr wurde warm ums Herz. Ja, dass er Aufrührer war, das hatte sie ja schon immer geahnt. Und Benedikt stand selbstverständlich auch auf der Seite der Rebellen.
    Also gab es doch eine Möglichkeit, Heming wiederzusehen. Oh, sie hatte den Schalk in seinem Blick deutlich vor Augen. Die vorwitzige Nase, der Mund, der immer zu einem Lächeln bereit war – und das blonde Haar, das im Mondschein schimmerte...
    Siljes junges, unerfahrenes Herz war voller neuer Gefühle. Dass sie im Rausch des Verliebtseins sich allein an Äußerlichkeiten orientierte, war nur natürlich – eine hingebungsvolle Verehrung, wie sie der ersten Jugend zukommt. Eine Verehrung, die vor allen Fehlern konsequent die Augen verschließt und sich Tugenden, Interessen und Gefühle des Auserkorenen zurechtlegt.
    Es wurde kein langer Tag für Silje. Der Hof begab sich bald zur Ruhe, und die Frauen baten, sich noch eine Nacht der Kinder annehmen zu dürfen. Das gestattete Silje selbstverständlich, so freundlich, wie sie waren.
    Sie hatte nicht geglaubt, dass sie so schnell wieder einschlafen würde. Aber da irrte sie sich.
    Träume kamen und gingen.
    Sie wimmerte leise im Schlaf. Es zuckte fast unmerklich in ihren Armen und Beinen – als versuchte sie, vor etwas zu fliehen.
    Sie lag zu Hause unterhalb des Hofes auf der Erde. Weit fort in der Ferne dämmerte das »Abendland«.
    Die Berggipfel. Viele Zacken, zerklüftet. Dahinter versteckte Täler. Ein goldroter Himmel.
    Irgendetwas stieg von den Bergen auf. Schwarze Gestalten mit weiten Flügeln. Ihre Dämonen. Im Schlaf versuchte Silje unbewusst, sich zu schützen.
    Es waren nicht so viele. Sechs bis acht Stück vielleicht. Aber sie waren gefährlich. Sie glitten durch die Luft, auf der Suche nach ihr. Die Dämonen hatten sie mit den Augen bereits ausfindig gemacht, auch wenn sie versuchten, das zu verbergen.
    Plötzlich stellte sie fest, dass sie nackt war.
    Aber das machte nichts. Das hatte nichts zu bedeuten – es konnte sie ja niemand sehen. Nur die Geister des Abgrundes, und das war ein behagliches Gefühl.
    Sie streckte sich mit wollüstigen Gliedern im Gras aus.
    Jetzt waren die Dämonen ganz nahe. Silje bekam Herzklopfen. Und nun konnte sie sie deutlicher erkennen. Sie waren nackt, und es waren Männer. Ihre dämonischen Gesichter besaßen eine suggestive Anziehungskraft. Die Hände hatten lange Klauen, die Körper waren ein Zwischending aus Mensch und Tier – ja, in vielerlei Hinsicht waren sie so großzügig ausgestattet wie Tiere.
    Sie sahen sie, und sie begehrten sie.
    Sie kamen jedoch nie zu ihr hinunter. In gebührendem Abstand umkreisten sie Silje – als halte etwas sie zurück, als warteten sie auf etwas.
    Sie sah das Gesicht eines von ihnen. Es war schön und scharf geschnitten – der grotesken Entstellung zum Trotz. Das Gesicht eines jungen Mannes, von goldenen Locken umkränzt. Und er trug ein Geweih wie ein Hirsch.
    Sie kannte ihn, und sie bebte vor Freude, ihn wiederzusehen.
    Aber auch er wagte nicht hinunterzublicken. Sein Unterleib hatte die Gestalt eines Hirsches, die Arme waren zu weit gespannten Flügeln geworden.
    Auf die eine oder andere Weise wünschte sie, dass er nicht nackt wäre; das berührte sie unangenehm. Sein hübsches Gesicht war es, das sie verehrte. Mehr begehrte sie nicht.
    Dann zogen die Erscheinungen sich ehrerbietig ein Stück zurück.
    Hoch über dem Land der Schatten schwebte ein neues Wesen, größer, gefährlicher als die anderen. Es hielt dort an, stand still am brennenden Himmel. Aber auch bei großer Entfernung konnte Silje im Traum erkennen, wer es war. Sie erkannte sein Gesicht. Lockend, abstoßend mit einem Raubtiergrinsen, anziehend, anziehend... schwarze Spiralen aus Haar, das sich in der Stirn kräuselte, Augen, die sie funkelnd anleuchteten.
    Sie konnte jedoch seinen Körper nicht sehen, wie sehr sie es auch versuchte. Sie wollte ihn sehen, er aber blieb im Schatten. Sie konnte seine Konturen nur schemenhaft erkennen, und die erinnerten sie an einen Faun oder Satyr...
    Ihr Körper war

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