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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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im Hereinkommen. »Und das Tageslicht nimmt ab. Wir lassen es für heute gut sein.«
    Dann blieb er stehen. Sie war beiseitegetreten, damit er etwas sah. Sie zitterte vor seinem Urteil.
    Er starrte auf ihr Bild.
    »Jesus Christus«, murmelte er. »Was hast du da angestellt, Mädchen?«
    Schließlich sah sie, was sie angestellt hatte, sah es mit seinen Augen.
    Der Teufel stand so hinter der Frau, wie es Benedikt ihr skizziert hatte. Silje aber war weitergegangen, sie hatte seine klauenartigen Hände um die Brüste der Frau gelegt, und sie lehnte ihren Kopf gleichsam an seine Schulter. Er hatte eine lange Zunge, mit der er ihr den Hals leckte, und sein Gesicht...
    »Oh«, rief Silje aus und schlug die Hände vor den Mund. »Oh, das habe ich nicht gemerkt!«
    Wer je den Mann im Wolfspelzmantel gesehen hatte, musste unmissverständlich erkennen, wer Silje Modell gestanden hatte.
    »Wir müssen das wegmachen«, sagte Benedikt erschrocken.
    Sie machte eine Bewegung, als wolle sie sich gleich ans Werk machen, dann aber legte er seine Hand auf ihre.
    »Nein, tu es nicht! Es ist viel zu gut, um es zu zerstören. Ein gelernter Meister bist du gewiss nicht, aber es hat Charakter. Wir können nur hoffen, dass die Knechte des Königs diesen Raum nicht betreten. Kleines Mädchen«, sagte er schockiert. »Ich habe bestimmt nicht erwartet, dass eine so tugendhafte Jungfer dergleichen hervorzubringen imstande ist. Guck dir einmal die begehrlichen Hände des Teufels an! Guck dir seine Haltung an! So, als könntest du dir vorstellen, was sich hinter dem Rücken der Frau abspielt.«
    Silje war selbst schockiert. »Ich verstehe nicht, ich wusste nicht einmal, dass ich das so gemalt habe. Das muss von selbst dahin gekommen sein.«
    »Entweder bist du verzaubert worden, oder aber in dir steckt eine echte Künstlerseele. Du musst wie in Trance gearbeitet haben, beinah. Doch, ich glaube, so wird es gewesen sein. Ein Künstler weiß oft nicht, was er tut, wenn die Inspiration wirklich von ihm Besitz ergreift. Aber ich dachte, du hättest dein Herz an den jungen Heming verloren.«
    Da hatte er es ausgesprochen.
    »Das habe ich auch«, sagte sie, erregt und verzweifelt. »Das habe ich! Ich weiß nicht, wie das Gesicht auf die Wand gekommen ist.«
    Da lachte Benedikt, zuerst leise, aber dann immer lauter. »Aber ein besseres Modell hättest du gar nicht haben können. Gott, was für ein Erlebnis! Was für ein Erlebnis! Lass das aber niemanden wissen! Gut, dass es hier drinnen so dunkel ist.«
    Dann gingen sie nach Hause. Die Luft war jetzt wärmer, und das bisschen Schnee, das gefallen war, war geschmolzen. Der Himmel war schwer und grau. Sie wussten aber, dass die Wärme ein flüchtiger Gast war. Der Winter griff immer weiter um sich, saugte sich mit kalten Klauen fest, und mit jedem Tag ging die Sonne später auf.
    Es war ein böser Herbst gewesen.
     
    Silje war seit zehn Tagen auf Benedikts Hof, als Sol krank wurde. Feuerrot und weinend lag das kleine Mädchen im Bett ihres Schlafzimmers. Silje saß den ganzen Tag bei ihm, wechselte ihm die Kleider und war bemüht, es einigermaßen warm zu halten.
    Der Bader, einer von Benedikts Saufkumpanen, sagte es geradeheraus. »Da gibt es keinen Zweifel, nein. Haltet bloß den Säugling von ihr fern! Wir anderen werden schon zurechtkommen – das sind wir ja bisher auch. Ist das Mädchen getauft? Vielleicht ist es das Beste, den Pastor zu rufen?«
    »Der Pastor ist tot«, sagte eine der Frauen. »Und wir haben bisher noch keinen neuen. Ach, wir hatten einen guten Pastor. Er hat die Kranken besucht – und dann hat er sich selbst angesteckt. Aber das Mädchen ist so groß, dass es getauft sein muss.«
    Sie versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Sie alle hatten die kleine Sol so lieb gewonnen.
    Als der Bader gegangen war, saß Silje wieder bei ihr. Sie fühlte, wie die Verzweiflung sie zu überwältigen drohte. Erstaunt stellte sie fest, dass sie so sehr an diesem kleinen Wesen hing, als wäre es ihre eigene Tochter.
    »Hilf uns«, flüsterte sie. »Hilf uns, hilf uns, lass sie nicht sterben – sie ist so voller Leben. Um Himmels willen, nimm sie mir nicht fort, lass sie leben!«
    Aber das Fieber des Mädchens wollte nicht sinken. Im Gegenteil. Silje wartete nur auf das nächste erschreckende Zeichen.
    Sol schaute sie aus blanken Augen an.
    »Bitte, werde wieder gesund!«, bat Silje sie. »Ich kann nicht mit ansehen, dass es dir so schlecht geht. Ich brauche dich, verstehst du!«
    Sols Augen weiteten

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