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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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sie zu. »Früher konnte ich Spaße machen und in fast allem das Komische erkennen. Aber es ist erst ein paar Wochen her, dass ich alle meine Angehörigen verloren habe. Das Lachen bleibt mir in der Kehle stecken, und mein Sinn für Humor ist gestorben.«
    »Natürlich, meine kleine Freundin«, sagte er reumütig. »Das habe ich nicht bedacht. Ich dachte, ich sei der Einzige, der trauert, Egoist, wie ich bin. Die Freude kehrt bestimmt wieder zurück, du wirst schon sehen. Aber... aber du solltest dich vor diesem Burschen etwas in Acht nehmen.«
    »Das weiß ich«, antwortete sie. »Aber ich glaube nicht, dass er so verdorben ist, wie viele von ihm behaupten. Vielleicht ist er nur unglücklich. Mir scheint er fein und weich und verständnisvoll zu sein.«
    »Ja«, seufzte Benedikt. »Genau davor sollst du dich ja in Acht nehmen.«
     
    Dann war die Arbeit in der Kirche beendet, und Silje wandte sich wieder ihren Aufgaben auf dem Hof zu.
    Sie hatte einmal zufällig bei einem Gespräch zwischen Erwachsenen etwas gehört, von dem sie damals nur sehr wenig begriffen hatte. Aber jetzt erkannte sie langsam den Sinn. Ein Gast des Hauses hatte davon gesprochen, dass der Mensch drei besondere Kräfte in sich trage – die schaffende, die bewahrende und die zerstörende. Er hatte gesagt, dass es Personen gebe, die die reine Inkarnation einer dieser Kräfte seien, und Berufe, die sich nur einer dieser Kräfte bedienten.
    Der Beruf der Hausfrau musste wohl einer der ausgeprägtesten bewahrenden Berufe sein, die es gab. Silje besaß so gut wie nichts von dieser vortrefflichen Eigenschaft. Freilich tat sie das, was man ihr auftrug, pflichtbewusst und ordentlich. Aber bei dieser Arbeit empfand sie nichts. Sie hatte den Rausch des Künstlers für sein geschaffenes Werk erlebt und wusste, dass dort ihre Welt war. Dort und sonst nirgends.
    Eine große Künstlerin war sie nicht, aber die Seele war da – die Künstler schon seit Jahrtausenden geplagt und inspiriert hatte. Gerade weil ihr die Arbeit auf dem Hof nicht gefiel, forderte sie sich umso mehr Pflichterfüllung ab.
    Sie fand es schrecklich, wenn ein herrlich gedeckter Tisch durcheinandergebracht oder ein schön garniertes Mittagsgericht aufgegessen wurde, und der Anblick von schmutzigen Tellern und Töpfen auf der frisch gescheuerten Küchenbank war ihr einfach zuwider. Ach, und all das musste wieder und wieder getan werden...
    Die sich ewig wiederholende Arbeit im Haus, im Viehstall und in der Scheune machte ihr mehr zu schaffen, als sie vor sich selbst zugeben mochte. Ein kreativer Mensch macht eine Sache meistens nur einmal und dann nie wieder. Durch die Wiederholung verschwindet etwas von der Glut, der Triebkraft, und da half es nach ihrer Erfahrung auch nichts, dass man mitunter eine schöne Jacke stricken oder einen Kuchen backen durfte. Diese Beschäftigungen waren, genau genommen, all die kreativen Möglichkeiten, die einer Hausfrau blieben.
    Silje wusste, dass sie sich zu den täglichen Arbeiten zwingen musste. Wenn sie es mit dem Saubermachen erst ruhiger angehen ließe, würde bald ganz Schluss damit sein – es wird ja doch alles wieder schmutzig. Ihre früheren Tagträume würden wieder zurückkommen, und das sollte nicht auf dem Hof dieser freundlichen Menschen geschehen. Sie dachte an all die Male, die sie zu Hause als faul bezeichnet worden war. So betrachteten sicherlich die meisten Menschen die Kreativen und die Träumer.
    Benedikt konnte ihr Dilemma gut verstehen.
    »Du hast Künstlerblut in dir, Silje, auch wenn ich bezweifle, dass gerade die Malerei das Richtige für dich ist. Ich glaube, deine Stärke liegt ganz woanders. Du hast deinen Weg nur noch nicht gefunden. Sieh mal, du bist ein Mädchen, und da wirst du immer Schwierigkeiten haben, deinen Weg als Künstlerin überhaupt zu finden.«
    Dagegen protestierte sie einfach mit Schweigen. Sie fand, es wäre ein größeres Unglück, ein Junge zu sein. Die Träume eines jungen Mädchens, solche wie die von Heming, waren so wunderschön, die wollte sie nicht missen.
    »Du musst reich heiraten«, fuhr Benedikt fort. »Leg dir eine Menge Bedienstete zu, dann kannst du so viele Kunstwerke schaffen, wie du willst! Heimlich oder öffentlich. Ein reicher Mann ist die einzige Möglichkeit.«
    Aber im gleichen Moment, in dem er das gesagt hatte, machte sein eigener Ratschlag ihn unermesslich betrübt.
    Silje lächelte und sagte, dass sie mit einer reichen Heirat nun wirklich nicht rechnete. Sie versicherte ihm aber

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