Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund
Unglück über diejenigen brachte, die ihn von Haus und Hof verjagt hatten. Alles, was er tat, war böse. Und für die Dienste, die er dem Satan erwies, hatte er als Entgelt persönlichen Wohlstand erhalten und die Fähigkeit, in einer Art Geisterwelt zu leben, sagte Benedikt in einer diffusen Erklärung.
Silje kam es so vor, als ob der Schatten auf dem Weg der des bösen Tengel wäre, der dort oben auf einem Berggipfel saß und mit einem teuflischen Grinsen um die Mundwinkel auf sie herniederschaute.
Sie schüttelte die Fantasiebilder ab, entdeckte, dass sich ihre Schritte verlangsamt hatten – dass sie aber unermüdlich und hoffnungslos den Weg nach Norden fortsetzte, mit pfeifendem Atem und weichen Knien. Was sollte sie Dag denn antworten, wenn er sie eines Tages fragte? Sie musste die Kleider wiederbekommen! Zumindest den wunderbaren gelben gehäkelten Schal.
Der Wald umschloss sie.
Wie konnte Heming sie nur so hinters Licht führen? Und sie auch noch küssen! »Ich komme bald wieder.« Na, das werden wir ja sehen! Oh nein, er würde nicht mehr auftauchen. Und wenn er es tat, dann... dann würde sie ihn hinauswerfen!
Tränen der Verbitterung und der Demütigung rannen ihr über die Wangen und gefroren an dem kalten Wintertag fast zu Eis. Sie trocknete sie, aber es kamen ständig neue.
Die Dämmerung schlich sich heran und veränderte fast unsichtbar das Tageslicht. Silje ging unverdrossen ihren sinnlosen Weg weiter.
Mit einem Mal hörte sie vor sich Pferdehufe.
Sie sah auf und wischte sich erneut die Tränen ab, um besser sehen zu können. Hatte er es vielleicht schon bereut? Eine wilde Hoffnung flammte in ihr auf.
Doch es war nicht Heming.
Es war sein Herr und Meister, den er nicht zu kennen vorgab, über den er das Kreuzzeichen schlug und den alle fürchteten. Es war der Mann, der Silje auch schon früher zu Hilfe gekommen war. Er, der er nie ihre Gedanken verlassen hatte, selbst nicht, als sie darum gebeten hatte, ihn vergessen zu können. Zweimal war sie ihm begegnet, nur zwei kurze Male. Und dennoch verfolgte er sie, sogar bis in ihre geheimsten Träume hinein.
Er hielt das Pferd an.
Silje ging ganz zu ihm und legte die Hand auf den Sattel. »Er hat sie mir weggenommen«, weinte sie. »Er hat sie mir weggenommen!«
Der Mann erstarrte. »Was hat er dir weggenommen?«
»Dags einzigen Besitz. Sein mütterliches Erbe. Den schönen Schal und die anderen Kleider, in die er eingewickelt war. Auf die Ihr mich aufzupassen gebeten habt. Er hat mich aus dem Zimmer gelockt und sie dann gestohlen. Was soll ich nur tun? Sie gehören doch Dag.«
Erschöpft legte sie ihren Kopf an sein Bein, spürte durch die dunkle Winterkleidung seine Wärme. Er wirkte erleichtert, als sie Dags Kleider erwähnte. Was hatte er eigentlich gedacht? Er blickte auf ihren zarten Nacken hinunter, sah die Schultern, die von dem unaufhörlichen Weinen bebten, und für einen Augenblick hielt er seine Hand über ihren Kopf, zog sie dann aber wieder fort.
Sie hörte, wie er lachte, und hob den Kopf. In dem Moment beugte er sich über die Satteltasche.
»Ich habe sie hier, Silje. Ich bin Heming unterwegs begegnet und habe ihn gezwungen, sie wieder herauszugeben.«
Er holte die Kleider heraus, alle drei. Siljes Gesicht sprach Bände. Von Tränen überströmt, doch innerlich erhellt von der Sonne der Dankbarkeit.
»Ihr habt sie! Da sind sie ja!«
Doch dann erlosch das Lächeln, und sie bekam Angst. Hatte
er
vielleicht jetzt vor, sie zu behalten?
Er schüttelte den Kopf. »Sie gehören dir«, sagte er.
»Du verwaltest sie für Dag. Schließ sie jetzt aber besser weg! Komm aufs Pferd, dann reiten wir nach Hause zum Hof.«
Er half ihr aufs Pferd, setzte sie aber so vor sich zurecht, dass ihre beiden Beine auf einer Seite hingen, so wie eine Dame eben sitzen sollte.
»Aber wie gehst du denn mitten im Winter raus?«, fragte er mit seiner tiefen Stimme. »Barhäuptig und ohne Mantel. Es ist nur gut, dass es noch nicht kälter ist. Sieh mal, so, mein Mantel reicht für uns beide. Und dann nimmst du Dags Schal um den Kopf.«
Sie protestierte, merklich darüber erregt, ihm so nahe zu sein. »Aber das kann ich doch nicht machen, der ist viel zu schön.«
»Nicht für dich, kleine Menschenfreundin. Ich wüsste nicht, wessen er würdiger sein könnte.«
Er legte ihr den dünnen Schal um den Kopf und knotete ihn unter dem Kinn fest. Sie war erstaunt darüber, wie sehr er wärmte. Ihre Ohren taten wirklich schon vor Kälte weh. Dann legte
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