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Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 01 - Der Zauberbund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Rücken mit einem gewebten Band zusammengebunden. Wie lieb von ihm! Das hatte ihn Arbeit und Geld gekostet.
    Weder sie noch Benedikt ahnten, dass sie nun etwas hatte, was ihr einmal unendlich viel bedeuten würde. Ja, was er ihr geschenkt hatte, sollte einmal dazu beitragen, das Rätsel des Eisvolkes zu lösen. Jetzt aber waren es lediglich ein paar gebundene Papierbogen aus selbst hergestelltem Pergament.
    Silje blickte den kleinen Jungen mit den reinen und hellen Gesichtszügen an. Seine Haare waren etwas gewachsen, sodass unter der Pelzmütze blondes Haar hervor lugte. Sie fragte sich, was ihre Mutter wohl gesagt hätte, wenn sie sie jetzt hätte sehen können, unterwegs ins Land des Schreckens und der Kälte – ins »Schattenland«.
    Sie dachte oft an Dags Mutter. C. M. ... Was empfand diese Frau jetzt? Erleichterung?
    Nein. Siljes großes Einfühlungsvermögen sagte ihr, dass sie etwas anderes fühlen musste.
    Und da war noch ein kleines Detail, das sie in ihrem Glauben bestärkte. Ein kleiner Krug, gefüllt mit Milch, der neben das kleine Kind gestellt worden war. Ein kläglicher Beweis der Verzweiflung der unglücklichen Mutter.

10. Kapitel
    Charlotte von Meiden saß gedankenversunken am Fenster und schaute hinaus auf den übel zugerichteten Nidarosdom. Nach dem Brand im Jahr 1531 hatte sich niemand gefunden, der die Kraft gehabt hätte, die großen Renovierungen in Angriff zu nehmen, verheert wie das Land nach der Reformation, den Hungersnöten und den unzähligen Seuchen war. Der Dom war jetzt nur zum Teil in Gebrauch, der Rest lag in Trümmern.
    Einen kleinen Teil des Nidelvs konnte sie auch sehen – des Flusses, der sich so herrlich um die Stadt schlängelte und sie mit ihrem einzigen Zufahrtsweg durch das befestigte Tor im Westen nahezu uneinnehmbar machte.
    »Sag mir, Mutter«, begann sie gedankenvoll. »Wie steht es um das Nonnenkloster in Bakke? Existiert es noch?«
    Verwirrt schaute die Mutter von ihrer Handarbeit auf. »Der Orden der Benediktinerinnen? Nein, den wird es wohl nicht mehr geben. Sind denn nicht alle Klöster mit der Reformation verschwunden? Ich weiß es wirklich nicht. «
    »Und die Zisterzienser in Rein? Da gab es doch auch Nonnen, oder?«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es sie noch gibt. Warum denn? Was ist das für eine seltsame Frage?«
    »Ich habe vor, in einen Orden einzutreten.«
    »Du? Bist du vollkommen verrückt geworden? Du bist doch nicht einmal katholisch!«
    »Ist das von Bedeutung? Ich kann doch konvertieren. «
    »Nein, weißt du was, Charlotte? Das kommt gar nicht in Frage – was würden die Leute sagen? Und dein Vater? Nein, nun sind wir am Sonnabend zum Neujahrsball beim Lehnsherrn eingeladen. Da wirst du dann schon sehen, dass du wieder froh und munter wirst und solche Grillen vergisst. Angeblich kommen einige elegante Edelmänner aus Dänemark. Hier gibt es ja nicht so viele, unter denen man eine Wahl treffen könnte. «
    Charlotte erhob sich mit einer ungeduldigen Bewegung und verließ das Zimmer. Die Mutter blickte ihr besorgt nach.
    Waren es religiöse Grübeleien, die sie in letzter Zeit so geplagt hatten? Aber ein Kloster! Das ging einfach nicht an! Wenn man sie doch nur verheiraten könnte...
    Wie hatte sie nur ein Kind von so wenig anziehendem Äußeren zustande gebracht? Die lange Nase, die für einige der dänischen Adelsfamilien so typisch war – nicht zuletzt für die königliche -, »zierte« in reichem Maße auch Charlottes Gesicht. Armes Mädchen, es war ein Problemfall.
    In ihrem Zimmer warf sich Charlotte auf ihr Bett.
    Sie wusste, dass sie alles andere als schön war. Als junges Mädchen war sie in Dänemark einem jungen Grafensohn versprochen gewesen – nach der ersten feierlichen Begegnung auf einem Ball jedoch hatte er sich unter fadenscheinigen Entschuldigungen zurückgezogen, und nach einer Weile wurde von den Eltern die getroffene Absprache aufgehoben. Damals war die Schande unerträglich gewesen, doch mit der Zeit hatte Charlotte gelernt, sie zu verdrängen.
    Als der andere charmante Däne ihr im vorigen Jahr zu dieser Zeit seine Aufwartungen machte, war sie so ausgehungert nach männlicher Bewunderung gewesen, dass sie für ihn ein leichtes Opfer wurde. Stets hatte sie ihre Schüchternheit hinter einem strahlenden Lächeln und unbekümmerter Konversation versteckt. Niemand sollte wissen, wie hässlich und unbeholfen sie sich eigentlich vorkam.
    Der junge Mann war ein erfahrener Verführer. Rasch hatte er sie ihrer Tugend

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