Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund

Titel: Die Saga vom Eisvolk 03 - Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
Vom Netzwerk:
warten.«
    Du große Güte, dachte Sol lächelnd, sind unsere Zärtlichkeiten schon soweit gediehen, daß sie jetzt Reichsangelegenheiten sind!
    »Ich wollte dich nicht Bettelmädchen nennen«, fuhr Jacob fort. »Ich war nur müde und habe genörgelt, und dann sagt man eben Sachen, die man nicht so meint, das weißt du doch, nicht wahr?« Meta nickte und holte tief Luft.
    »Hast du gesehen, Meta«, rief Sol lachend aus, »wie schön das Pferd mit den Blumen am Ohr ist? Du kannst mir glauben, daß es sich schön findet!«
    Meta lachte unsicher und unglücklich.
    »Das ist übrigens ein sehr schöner Blumenstrauß, Meta, mit Farben, die schön zusammenpassen. Veilchen, Heckenrosen und Steinbrech.«
    Ihr kam der Gedanke, daß Meta diese Fertigkeit bestimmt schon vor langer Zeit erlernt hatte, um etwas zu haben, das sie am Wegesrand verkaufen konnte.
    Der Weg war nun so breit, daß sie nebeneinander reiten konnten.
    Sol sandte Jacob einen Blick zu, bevor sie weitersprach: »Und nun, verstehst du, Meta, nun habe ich entdeckt, daß ich mich nicht von dir trennen will. Wir haben dich so sehr vermißt. Ich habe vor, dich mit nach Hause nach Norwegen zu nehmen, zu meiner lieben Mutter. Was sagst du dazu?« »Oh, Euer Gnaden!« jubelte Meta und umklammerte Sols Taille so fest, daß Sol fast keine Luft mehr bekam. »Weißt du denn, wo Norwegen ist?«
    »Nja«, antwortete Meta vage. »Hinter dem Wald da hinten, vielleicht?«
    »So könnte man es auch sagen. Hinter dem Meer, Meta! Wir werden Tag und Nacht unterwegs sein.«
    »Oh, aber das ist gefährlich«
    »Wirklich? Welche Trolle kommen dich denn jetzt holen?« »Die große Seeschlange, Euer Gnaden. Die wirft das Boot um.«
    »Nicht, wenn ich dabei bin«, beruhigte Sol sie. »Aber… das ist klar, wenn du lieber in Skäne bleiben willst…« Meta schluckte so schwer, daß Sol es spüren und hören konnte. »Nein, Baronesse. Ich komme mit.«
    Kurz darauf stellte sie fest, daß Meta sich wieder etwas beruhigt hatte. »Danke, Euer Gnaden«, hörte sie gerade noch.
    Es war, wie Sol es vorausgesehen hatte. Jörgen fiel es schwer, sich vom Bauernhof loszureißen - oder besser gesagt, von der Tochter des Hofes. Er aber war wieder gesund und kräftig, so daß Jacob Skille herzlos mit ihm verfuhr.
    »Du mußt nach Hause zu Ottilie, weißt du«, murmelte er. »Welche Ottilie? Ach ja, diese feige Zimperliese. Na ja, ich muß wohl mitkommen, fürchte ich. Aber ich komme wieder.«
    Sie gaben ihm kurz Zeit, um Abschied von dem Bauernmädchen zu nehmen, und dann ritten sie weiter gen Osten.
    In Helsingborg machte Jacob ein Schiff ausfindig, das die Mädchen mit nach Norwegen nehmen konnte. Sol verhandelte mit dem Schiffskapitän über ihre und Metas Überfahrt, und dann begaben sie sich zu einer einfachen Herberge, die Jacob kannte, um dort die letzte Nacht zu verbringen.
    »Das nenne ich perfekte Berechnung«, sagte er stolz. »Noch eine Nacht, und ihr wärt zu spät zum Schiff gekommen.«
    Doch er sah Sol mit ernsten und traurigen Augen an. Sie selbst war sonderbar rastlos. Sie dachte an ihre phantastische Begegnung mit der Satansgestalt und spürte, daß sie eine Weile allein sein mußte. Mit einem Mal fühlte sie, wie die Unterhaltung mit den Freunden sie wütend machte, sie gehörte gleichsam nicht dazu. Sie war weitaus mehr mit einem Geheimnis beschäftigt, das sie mit niemanden teilen konnte. Für Sol jetzt leichter, für kurze Zeit zu entschlüpfen. Meta verließ sich darauf, daß Sol sie mit nach Norwegen nehmen wollte.
    Sie schlief so fest, daß Sol es wagte, sich hinauszuschleichen. Der Mond leuchtete über der großen Festungsanlage, dem Wahrzeichen von Helsingborg. Der Mond war nun etwas kleiner als am vergangenen Donnerstag, aber dennoch schien er klar über der Sancta-Maria-Kirche und über der ganzen Stadt. Sol wußte, was sie wollte. Sie mußte ihre eigene Welt aufsuchen.
    Jacob hatte von den Ruinen des alten Verlies erzählt, wo nachts unzählige Geister umgingen. Doch er wußte nicht genau, wo es lag.
    Mittlerweile war es Sol beim Abendessen in dem kleinen Wirtshaus gelungen, die genaue Lage zu erfahren, und sie lenkte ihre Schritte jetzt geradewegs auf den äußersten Vorposten der Festung zu, vorbei an der Sancta-MariaKirche und dem Marktplatz. Sie achtete nicht darauf, ob ihr jemand folgte. Doch da war jemand, der ihr folgte. Sol jagte geschwind durch die Stadt zu den uralten Ruinen, dort blieb sie stehen.
    Bald würden sie verschwunden sein, dachte sie bei sich.

Weitere Kostenlose Bücher