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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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sie richtig gemein sein, aber das war nur ein glitzerndes Feuerwerk aus Worten und Ironie, das nie ein tieferes Ziel verfolgte. Cecilie verletzte niemals jemanden mit Absicht. Und warum sollte sie, die auf allen Gebieten so reich begabt war, sich der schwarzen Künste bedienen? Nein, solche Tendenzen hatte Silje bei ihr nie bemerkt.
    Dann blieben nur noch die drei kleinen Buben, und allein schon der Gedanke daran, daß es einer von ihnen sein könnte, war einfach absurd. Hatte nicht Tengel selbst gerade erst ein lebenswichtiges Gespräch mit Tarjei geführt? Das hätte er niemals getan, wenn er den Jungen verdächtigt hätte. Der kleine Trond mit den schnellen Füßen war zwölf, und immer war er bereitwillig Siljes Bote, wenn es galt, etwas zu erledigen. Anschließend kriegte er für seine Dienste eine kleine Leckerei. Noch hatte er sich nicht von den Kinderspielen losgesagt, und es sah nicht so aus, als würde er es in den nächsten paar Jahren tun.
    Noch schwieriger war es, sich Brand als ein gelbäugiges, boshaftes Wesen vorzustellen. Brand war ein Junge, der sich aufopfernd um alle Tiere sorgte - manchmal kam er mit einer halbtoten Hummel an, damit Silje ihr das Leben rettete. E kam auch vor, daß er stundenlang hinter ihr stand und zusah während sie malte. Das konnte manchmal ziemlich irritieren sein, wenn sie ehrlich war, aber sie hatte nicht das Herz, ihn davonzujagen. Sie beide teilten die Liebe zu Tieren, er und Silje, deshalb stand der Junge ihrem Herzen besonders nahe.
    Nein, Tengel konnte verdächtigen, wen er wollte, sie war sich jedenfalls sicher, daß keines ihrer Enkelkinder die gefürchteten, verhaßten Züge besaß.
    Fast zwanzig Jahre hatten sie jetzt befreit von dem gefürchteten Vermächtnis gelebt, das sie bis dahin ständig in einer schreckerfüllten Anspannung gefangen gehalten hatte. Aber Silje wußte ein Geheimnis, von dem Tengel glaubte, daß niemand es wissen könne. Sie wußte: Je älter er wurde, desto schwerer fiel es ihm, die bösen Mächte in Schach zu halten, die ihn sein ganzes Leben hindurch gequält hatten. So lange er jung war und stark, war er immer durch und durch gut gewesen, ein einzigartiger Mensch. Aber erst jetzt begriff sie, wieviel Kraft ihn das gekostet hatte. Sie hatte manchmal sein-Gesichtsausdruck gesehen, wenn er erschöpft war – und das war ein Ausdruck, der sie erschreckte und den sie am liebsten nicht gesehen hätte. Tengel würde niemals irgend jemandem schaden, deshalb zehrte sein Kampf von Jahr zu Jahr mehr an seinem Körper. Und sie hatte den Verdacht, daß er deswegen so erschöpft aussah. Sie drehte sich im Bett um.
    »Was macht dein Bein heute abend?« fragte er.
    »Nicht so schlimm. Nur das Knie schmerzt wie üblich.« Tengel legte seine warme Hand darauf. Seine Augen waren schwarz vor Sorge, aber das bemerkte Silje nicht. »Du hast immer noch deine Kräfte, wie ich merke«, murmelte sie lächelnd. »Ach, wie schön das wärmt!«

3. KAPITEL
    Wenige Tage später begab sich etwas Unerwartetes und sehr Lustiges.
    Es kam eine elegante Kutsche von Grästensholm, eine der allerneuesten, bei denen der Wagenkasten mit Lederriemen eingehängt war, so daß alles federte. Die Jungen umschwärmten dieses unglaublich moderne Gefährt und diskutierten eifrig darüber, wie das wohl funktionieren mochte. Ein Mann Mitte Zwanzig stieg aus dem Wagen, unterstützt von seinem Begleiter, und wurde auf der Treppe von Charlotte und Liv empfangen.
    Man bat ihn herein, und er stellte sich in waschechtem Dänisch vor.
    »Ich weiß nicht, ob mein Name Euch etwas sagt. Ich bin Graf Albrekt von Strahlenhelm.«
    »Von Strahlenhelm?« sagte Charlotte entzückt. »Aus Kopenhagen? In Eurem Hause hat doch mein Sohn Dag gewohnt!«
    »Das ist richtig. Ist es möglich, daß ich ihm meinen Gruß entbiete?«
    »Gewiß … Oh, Liv, lauf schnell und hole Dag! Ich glaube, er ist in seinem Büro. Nein, was für eine Freude! Ich werde sogleich eine Mahlzeit für Euch richten lassen - und ein Diener wird Euch Euer Zimmer zeigen, damit Ihr Euch frischmachen könnt.«
    »Vielen Dank, es war wirklich eine recht staubige Fahrt.« Der junge Graf hatte sich gerade ein wenig erfrischt, da kam Dag.
    »Erinnert Ihr Euch an mich?« sagte der Gast, nachdem sie einander begrüßt hatten. »Ich war der kleine Junge, der damals verschwunden ist und den Eure Schwester auf eine so merkwürdige Weise wiedergefunden hat.«
    »Aber natürlich!« sagte Dag. »Ach, wie ist das schön, Euch wiederzusehen! Wie ist das

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