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Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht

Titel: Die Saga vom Eisvolk 04 - Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Tengel war manchmal ganz sprachlos, was für einen scharfen Verstand Tarjei hatte. Er hatte geglaubt, er selbst sei tüchtig, aber Tarjei ging weiter, als er es jemals getan hatte. Er analysierte die Kräuter, versuchte herauszufinden, woran es lag, daß sie so wirkten, wie sie es taten. Einmal hatte er einen Selbstversuch gemacht mit einer Mischung verschiedener Medikamente - mit dem Ergebnis, daß der entsetzte Tengel all seine Kräfte aufbieten mußte, um ihn ins Leben zurückzuholen. Der Junge wachte auf und rief ganz hingerissen:
    »Das weiß ich jetzt! Diese Kräuter können wir nicht verwenden, die passen nicht zusammen.«
    »Mußtest du so drastisch zu Werke gehen, um das herauszufinden?« hatte Tengel gesagt, zornig vor lauter Angst. Aber sie verstanden sich großartig. Silje mußte lächeln, als sie an ihre ernsten, grübelnden Gesichter dachte, wenn Tarjei etwas erklärt haben wollte und Tengel, der sich selbst nie Gedanken über das Warum gemacht hatte, angestrengt nach einer Antwort suchte.
    Es war Sunniva, die mit dem Honigkuchen herein kam.
    Sie lachte gutgelaunt. »Das Küchenmädchen wollte, daß ich ein paar Bottiche spüle, aber ich wollte lieber mit Euch sprechen, Großmutter, also habe ich Yrja damit beauftragt.« »Das hättest du nicht tun sollen. Yrja hatte einen Auftrag von mir erhalten.«
    Sunnivas Augen wurden groß und unglücklich. »Wollt Ihr nicht mit mir sprechen, Großmutter? Möchtet Ihr lieber, daß Yrja kommt?«
    »Nein, natürlich nicht, mein Kind. Ich habe nur gemeint… Ach, vergiß es. Worüber wolltest du mit mir reden?« Sunniva hatte den Spiegel auf dem Tisch entdeckt und betrachtete sich darin, offensichtlich sehr zufrieden mit dem, was sie sah. Dann legte sie den Spiegel aus der Hand und seufzte tief und mit einem Lächeln. »Ich bin ja so glücklich, Großmutter!«
    »Das ist schön«, sagte Silje zurückhaltend, denn diese Gespräch gefiel ihr nicht recht. »Ist Tarald in der Küche?« »Nein, er mußte heim nach Grästensholm.«
    Bevor Sunniva ihr etwas anvertrauen konnte, das sie nicht hören wollte, beeilte Silje sich zu sagen:
    »Kleine Sunniva… Ich finde, du solltest nicht so oft mit Tarald allein sein.«
    Das Mädchen sah sie mit verständnislosen Augen an. »Aber warum nicht?« »Ihr seid zu nah verwandt.«
    »Verwandte zweiten Grades, ist das zu nah? Aber die dürfen doch heiraten, das weiß ich. Sogar Cousin und Cousine dürfen das!«
    »Ja, aber mit dem Eisvolk hat es eine ganz besondere Bewandtnis.«
    »Ach, die alten Geschichten! Das ist doch nur Gerede!« »Nein, Sunniva, das ist nicht nur Gerede. Findest du, daß Großvater Tengel aussieht wie gewöhnliche Leute?« »Nein, ich bin mir klar darüber, daß er ein wenig sonderbar aussieht, aber er ist der gütigste Mensch, den es auf der Welt gibt.«
    Flüsternd und mehr zu sich selbst fügte sie hinzu: »Gleich nach Tarald.«
    Plötzlich begann sie zu weinen. Sie schlug die Hände vor das Gesicht. »Cecilie darf nach Dänemark fahren, weil ihr alle sie so gern habt. Tarjei und Großvater halten fest zusammen. Tante Charlotte vergöttert Tarald, und das tun seine Eltern auch. Ihr, Großmutter, wollt Euch am liebsten von Yrja helfen lassen. Es gibt niemanden, der mich mag, ich bin nur ein Unglücksfall, um den man sich kümmern muß. Ich weiß sehr wohl, daß Ihr mich nicht hierhaben wolltet, als ich ein Kind war, Großmutter, und mich an Dag und Liv weitergegeben habt. Wollt Ihr mir jetzt den einzigen Menschen nehmen, dem ich etwas bedeute?«
    Silje war bestürzt. Wie konnte das Mädchen glauben, daß niemand sie haben wollte?
    »Aber Sunniva, Kind«, sagte sie und legte ihre schmale Hand auf den Arm des Mädchens. »Ich habe dich in die Obhut von Liv und Dag gegeben, weil ich nicht mehr so geduldig war, wie man sein muß, wenn man ein Kind erzieht. Soll ich dir etwas gestehen? Als meine vier Kinder klein waren - deine Mutter und Dag und Liv und Are - da war ich vermutlich die schlechteste Hausfrau in ganz Norwegen. Ich habe sie geliebt, so wie ich jetzt dich und alle meine anderen Enkelkinder liebe. Aber du meine Güte, wie ungeduldig und aufbrausend ich oftmals war! Dag kann ein Lied davon singen, wie Scheuerlappen und Eimer durch die Gegend flogen, wenn ich wütend war. Er kann erzählen, wie ich manchmal in den Wald davongelaufen bin, wenn sie zu sehr zankten, oder wie ich den Brei anbrennen ließ, den sie essen sollten. Oder über die Kleidung, die so schlecht genäht war, daß die Nachbarn darüber

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