Die Saga vom Eisvolk 05 - Todsünde
bleibe?«
Wieder schüttelte sie den Kopf, lag aber eine Weile unbeweglich da, bevor sie ihm zu gehen bedeutete. Alexander küßte sie auf die Stirn und schlich sich aus dem Zimmer.
Er hat sicher nicht verstanden, warum ich wollte, daß er geht, dachte sie. Er begreift nicht, wie schwer es ist, ihm diese kleinen, zärtlichen, spontaneren Liebkosungen nicht geben zu dürfen, alle diese Zeichen von tiefer, vertrauter Verbundenheit, ja, Liebe.
Dennoch war sie ihm dankbar. Gab er ihr doch alles, was er zu geben vermochte.
Nur zwei Abende später überraschte sie ihn, indem sie in der Tür stand, mit einem großem Kerzenleuchter in der Hand.
»Darf ich hereinkommen?« fragte sie mit belegter Stimme. »Cecilie! Willkommen!«
Als sie unter die Decke gekrochen war, flüsterte sie: »Nun glaubst du bestimmt, daß ich ein schrecklich großes Bedürfnis nach Männern habe.«
Er berührte ihre Wange mit der Nasenspitze. »Schon gestern abend mußte ich mich im Zaum halten, um nicht schon wieder in dein Zimmer zu kommen. Heute abend war ich schon fast entschlossen dazu. Danke, daß du gekommen bist! Das freut mich mehr als ich sagen kann.« »Ich brauche nicht irgend einen Mann, das weißt du«, flüsterte sie dicht bei seinem Ohr. »Kein anderer Mann dürfte mich so zu berühren wie du.«
Er strich ihr das Haar von der Schläfe, sanft und umsichtig. »Dann hast du dich also gesehnt?« sagte er ganz, ganz leise, »nach meiner Nähe.«
»Mein Körper ist schwer vor Sehnsucht«, wisperte sie kaum hörbar.
Dann sagte sie nichts mehr. Nur Cecilies bebendes Atmen war zu hören, als Alexander etwas Neues ausprobierte, mit der Zunge an ihrem Hals, ihrer Brust und Bauch spielte.
Sie stöhnte auf. Ihre Arme waren offen, wartete auf seine Hand, ihre Hände streichelten seinen Rücken, spielten mit der verheilten Wunde, während er wieder zu ihrem Gesicht empor glitt, und sie spürte seinen Mund auf ihrer Wange. Nie hatte er sie richtig geküßt, nicht seit dem erzwungenen Brautkuß. Auch jetzt tat er es nicht, und das war auch nicht zu erwarten. Küsse waren der Liebe vorbehalten…
Mit einem Mal keuchte sie auf, wie im Schock. Alles Blut jagte in heißem, süßlichem Schmerz in ihren Unterleib. Alexander war in ihr!
»Alexander?« formten ihre Lippen seinen Namen, sie schaute mit weitaufgerissenen, fragenden Augen zu ihm hoch.
»Schsch!« flüsterte er entsetzt, bewegungslos zitternd. »Sag nichts!«
Sie erkannte, wie hauchdünn und zerbrechlich diese Situation war. Ein Wort, eine unvorsichtige Bewegung konnte die Stimmung zerreißen, sie zertrümmern wie Eis, das erst eine Nacht alt ist.
Cecilie erkannte, sah in seinen Augen, daß er außer sich vor Angst war, gelähmt durch das, was gerade geschah. Lange konnte er sein atemloses Zittern nicht unter Kontrolle bringen.
Dann begann er sich sanft zu bewegen, noch immer am ganzen Körper zitternd. Sie wagte nicht die geringste Bewegung. Ihr Herz schlug schwer.
Oh, Gott, nun kommt er! Sie mußte sich zurückhalten, sie mußte!
Aber Alexander hatte es in ihrem Gesicht gelesen, es gespürt. Er umarmte ihre Schultern, forderte sie auf, nachzugeben, und dann war alles ein schwindelerregender Wahnsinnsrausch, sie wußte nichts mehr, hörte sich stöhnen, sah Alexanders verzerrte Gesichtszüge, spürte ihn mitgehen, dann dachte sie nichts mehr.
In Sekundenbruchteilen lagen sie keuchend still. Dann erhob sich Alexander und raffte den Schlafrock an sich. »Verzeih mir«, murmelte er mit nicht wiederzuerkennender Stimme und verließ rasch das Zimmer. Cecilie lag noch reglos, wie betäubt da.
Wenn er jetzt hinausgegangen ist, um sich zu übergeben, dann verzeih ich ihm das nie, dachte sie.
Aber das tat er nicht. Vielleicht wußte er nicht, daß man durch die geschlossene Tür alles gut hören konnte, aber Alexander stand draußen in ihrem Vorzimmer - und er weinte. Mit tiefem, schweren und erschreckenden Schluchzen.
Cecilie kauerte sich vor Mitgefühl zusammen. So gern wäre sie zu ihm gegangen und hätte ihn spüren lassen, daß er nicht allein war. Aber er hatte sich entschieden, das Zimmer zu verlassen, er mußte eine Weile für sich sein.
Leise schlich sie in ihr eigenes Schlafzimmer und lauschte mit bebendem Herzen auf Alexander. Aber alles war jetzt still, sie wußte nicht, wo er war.
Am nächsten Morgen begegnete ihr Wilhelmsen in der Tür.
»Seine Gnaden wollte die Markgräfin nicht wecken. Er läßt Euch ausrichten, daß er für eine Zeitlang fort reisen mußte.« Die
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