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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Wärmequelle für diejenigen, die in der Grube übernachteten. Und das waren die kleinen Jungen.
    Die drei anderen Jungs waren auch dort. Sie blickten Mattias abwartend an, während er die große Rückenschürze auszog, die mit einer Kapuze über dem Kopf anfing und bis ganz hinunter zu den Kniekehlen reichte. »Jesses«, sagte einer von ihnen, ein ziemlich unsympathischer Junge von vielleicht elf Jahren. »Nehmen sie jetzt schon Säuglinge, oder was?«
    »Wie heißt du?« fragte der größte von ihnen, der schon im Stimmbruch war. Aber seine Stimme klang freundlicher als die des anderen, fand Mattias.
    »Mattias von Meiden«, antwortete er, und seine Stimme zitterte ein wenig. »Ich bin acht Jahre alt. Wie heißt ihr?« Der Unsympathische hieß Sören, der Große hieß Kaleb. Ein merkwürdiger Name, dachte Mattias, ohne zu ahnen, daß er ebenso biblisch war wie sein eigener. Und der dritte, der einen Verband um Hände und Füße trug, hieß Knut.
    »Knut ist dreizehn«, erklärte Kaleb. »Er ist am längsten von uns hier. Er hat die Gicht und kann nicht mehr gehen, und er sieht schlecht. Brustkrank ist er auch.« »Das tut mir leid«, sagte Mattias mitfühlend. »Kannst du denn nicht zu einem Arzt gehen?«
    Er war verblüfft über das bittere Gelächter, das seine einfache Frage hervorrief.
    »Letzte Woche waren wir noch vier«, sagte Kaleb mit der ruhigen, vertrauenerweckenden Stimme. »Aber deinen Vorgänger hat es böse erwischt.«
    »Früher oder später erwischt es alle«, sagte Sören kalt. »Sie schicken dich in einen Stollen, der ihnen unsicher erscheint, und dann, peng, schnappt die Falle zu.« »Du meinst… alles bricht zusammen?«
    »Ganz genau, ja! Hier gehen ziemlich viele kleine Jungs drauf.«
    »Aber sie dürfen doch nicht… «, begann Mattias entsetzt. »Nein, dürfen tun sie das nicht«, sagte Kaleb. »Aber keiner von denen, die was zu sagen haben, weiß von uns. Und wer es wagt, darüber zu sprechen, bezieht Prügel. Ein Unglück passiert so leicht in einer Grube. Jetzt iß die armseligen Essensreste, die sie uns zuwerfen, als ob wir Hunde wären!«
    »Und wann dürfen wir wieder nach oben?« fragte Mattias mit bebender Unterlippe.
    »Nach oben?« sagte Knut bitter. »Ich habe seit drei Jahren kein Tageslicht mehr gesehen! Und du siehst ja, wie ich jetzt aussehe!«
    »Aber… «Mattias kämpfte hart mit den Tränen. »Ich wollte doch nur arbeiten und Geld verdienen, damit ich nach Hause zu meiner Mutter kann. Sie sorgt sich bestimmt schon, wo ich bin. Meine arme, liebe Mutter!« »Den Lohn kannst du vergessen«, sagte Sören höhnisch. »Sei froh, wenn du am Leben bleibst! Und immerhin haben wir es hier unten warm und gemütlich. Hier kriegt dich jedenfalls kein Landeshauptmann.«
    »Landeshauptmann?« sagte Mattias mit großen Augen, »Aber der ist doch nett! Das ist ein Freund von Großvater.«
    »Was? Gut Freund mit dem Landeshauptmann? Das kann ja wohl niemand sein! Was bist du eigentlich für ein kleiner, scheinheiliger Schleicher, ha?«
    »Na, na!« sagte Kaleb scharf. »Hörst du nicht, daß dieser Junge einem anderen Stand angehört als wir? Geht jetzt schlafen, Jungs, morgen müssen wir hart ran.« Mattias bekam eine Matte, auf der er liegen konnte, und versuchte zu schlafen. Aber seine Fingernägel schmerzten, zersplittert wie sie waren, die Fingerspitzen waren wund und blutig, und er hatte ein Gefühl, als wäre sein Rücken durchgebrochen. Und die Knie brannten von aufgeschürften Wunden. Die Lumpen an seinem Körper waren sicher voller Läuse oder Flöhe, denn es juckte ihn überall. Weich waren sie auch nicht. Und seine Haare waren voller Steinstaub.
    Er konnte nichts dagegen tun, daß ihm ein paar jämmerliche Schluchzer entwichen. Vergeblich versuchte er, sie zu unterdrücken. Kaleb hörte es und kroch zu ihm herüber.
    »Nun weine doch nicht, Kleiner, es wird schon alles wieder gut. Wir werden es schon schaffen, daß du wieder zu deinen Eltern nach Hause kannst.«
    Mattias hob den Kopf. »Aber wie denn nur?« sagte er tränenerstickt.
    »Tja, mhm, genau weiß ich das auch nicht. Aber ich werde mir etwas ausdenken.« »Und du selbst?«
    »Ach, ich war dumm genug, in allzu jungen Jahren hinaus in die Welt ziehen zu wollen, um Geld zu verdienen. Wir waren vierzehn Kinder daheim, weißt du, und nur einer von uns konnte den kleinen Fetzen Land erben. Wir übrigen, wir wurden einer nach dem anderen mehr oder weniger rausgeschmissen. Ich bin gegangen, bevor sie mich vor die Tür setzen

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